Biotech in SchlierenWie die Forscher auf den Alzheimer-Wirkstoff kamen
Vor über 20 Jahren starteten zwei Hirnforscher und ihre Teams an der Universität Zürich mit der Suche nach Antikörpern gegen krankhafte Ablagerungen im Gehirn. Die Geschichte von Aducanumab.
2000
Die Mediziner und Hirnforscher Roger Nitsch und Christoph Hock beteiligen sich zusammen mit ihren Teams an der Universität Zürich an der Suche nach Antikörpern gegen krankhafte Ablagerungen im Gehirn von Alzheimerpatienten. Ihr besonderer Ansatz: Sie suchen im Blut von alten, geistig regen Menschen nach speziellen Antikörpern, die sich gegen das schädliche Proteinbruchstück Beta-Amyloid richten.
2006
Gründung der Firma Neurimmune in Schlieren als Spin-off der Universität Zürich durch Roger Nitsch, Christoph Hock und dem Neurowissenschaftler Jan Grimm. In den Firmenlabors bauen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die natürlichen Antikörper gegen Beta-Amyloid nach.
2007
Neurimmune kündigt eine Zusammenarbeit mit dem US-Unternehmen Biogen an und erteilt ihm die alleinige weltweite Lizenz für Aducanumab.
2015
Start zweier Phase-3 Studien mit je 1600 Patienten. (Die Studien heissen EMERGE und ENGAGE.)
2016
Biogen und Neurimmune Forscher publizierten die Ergebnisse der ersten Studie (1b) mit dem Antikörper Aducanumab mit 164 Patienten, die milde Alzheimersymptome zeigten, im Fachjournal «Nature». Das Team testete vier verschiedene Dosen des Antikörpers Aducanumab. Das Ergebnis: In den Gehirnen der Patienten war mit Hilfe des bildgebenden Verfahrens Positron Emission Tomographie (PET) eine dosisabhängige Wirkung zu sehen: Je höher die Menge des Antikörpers Aducanumab war, um so stärker lösten sich bei den Patienten die Beta-Amyloid-Ablagerungen auf. Ob weniger Ablagerungen auch zu einer besseren Hirnleistung führen, konnte dieser Versuch nicht zeigen.
2017
Biogen tut sich mit der japanischen Firma Eisai für die Entwicklung und weltweite Vermarktung von Aducanumab zusammen.
2019
März: Nach einer Zwischenanalyse kündigen Biogen/Eisai an, dass beide Studien (EMERGE und ENGAGE), gestoppt werden müssen. Die Ergebnisse hatten keinen deutlichen Unterschied bei der Medikamentengruppe im Vergleich zur Plazebogruppe zeigen können. Die Gedächtnisleistungen der behandelten Patientinnen und Patienten verbesserten sich im Vergleich zur Kontrollgruppe kaum.
Oktober: Biogen/Eisai geben bekannt, dass weitere Daten (von Januar bis März erhoben) in die Studien eingeflossen waren und dabei zumindest in der Studie EMERGE doch eine signifikante Verbesserung bei der Patientengruppe mit einer hohen Dosierung zu sehen war.
2020
Juli: Biogen/Eisai reichen bei der FDA in den USA den Zulassungsantrag für Aducanumab ein. Die US-Arzneimittelbehörde sagt im August ein bevorzugtes Prüfverfahren zu.
November: Ein unabhängiges Expertengremium, das die FDA bei der Prüfung des Zulassungsantrags für Aducanumab berät, stimmt deutlich gegen eine Zulassung. Von den 11 Mitgliedern sind 8 dagegen, einer dafür und zwei enthalten sich. Die FDA ist nicht an den Rat der Experten gebunden.
2021
7. Juni: Die US-Arzneimittelbehörde FDA gibt grünes Licht für das neue Alzheimer-Medikament Aducanumab.
afo
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