Wetterphänomen «Dzud» in der Mongolei4,7 Millionen Herdentiere sterben im Extremwinter
Die Mongolei erlebt die zweite Schnee- und Eiskatastrophe in Folge. In diesem Jahr trifft das Wetterphänomen «Dzud» die Tierherden besonders hart.
Dem extremen Winterwetter in der Mongolei fallen immer mehr Herdentiere zum Opfer. Mehr als 4,7 Millionen Tiere sind in diesem Winter bereits während der «Dzud» verendet. Das teilte die staatliche Notstandskommission des asiatischen Landes zwischen Russland und China am Dienstag mit. Noch vor gut einem Monat war die Zahl der ums Leben gekommenen Tiere mit rund 1,5 Millionen angegeben worden.
«Dzud» nennen die Mongolen die Schnee- und Eiskatastrophen, die das Land in den Wintermonaten immer wieder heimsuchen. Das Wetterphänomen sorgt dafür, dass das Vieh kein Futter mehr findet, weil die Böden gefroren oder die Weiden von Schneemassen bedeckt sind. Die Landwirte erleiden so schwere wirtschaftliche Schäden.
Oft sind die Verluste besonders hoch, wenn ein trockener Sommer vorausgegangen ist, in dem sich die Tiere kein ausreichendes Fettpolster für den Winter anfressen konnten. Das war letztes Jahr der Fall, zudem fehlt Heu für die Wintermonate und die Futterpreise sind stark angestiegen.
Schätzungen zufolge gibt es in der Mongolei rund 64 Millionen Herdentiere. Viehzucht ist ein integraler Bestandteil der mongolischen Wirtschaft, Kultur und Lebensweise
Rund 300’000 Menschen leben noch traditionell als Hirtennomaden. Sie ziehen mit ihren Rindern, Ziegen oder Pferden durchs Land. Diese dienen den Nomaden als Lebensgrundlage, sie essen die Tiere oder verkaufen diese auf dem Markt. Gemäss dem Roten Kreuz haben über 7000 dieser Familien zu viele Tiere verloren, um sich noch ernähren zu können.
Für die Mongolei ist es bereits der zweite «Dzud»-Winter in Folge. Auch die Vereinten Nationen haben bereits vor der Situation gewarnt. Nach Angaben der Notstandskommission liegen die Temperaturen in der Mongolei derzeit immer noch örtlich bei bis zu Minus zehn Grad.
Der diesjährige Winter gilt als einer der härtesten seit Jahrzehnten. Die Temperaturen fielen mitunter deutlich unter minus 30 Grad. Das Rote Kreuz sagt, dass die Mongolei sich zwar auf diese Verhältnisse eingestellt habe, aber das Ausmass des diesjährigen Winters habe alle überrascht. Es gab die heftigsten Schneefälle seit fast 50 Jahren, gleichzeitig gefror der Boden aufgrund der Kälte. Die Tiere hatten damit keine Chancen mehr, Futter zu finden.
Die Mongolei ist eines der Länder, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Waren die Extremereignisse früher selten, kommen sie seit der Jahrtausendwende häufiger vor. In den letzten zehn Jahren gab es sechs «Dzud»-Winter, was dazu führt, dass sich das Land und die Hirtennomaden kaum mehr erholen können.
Eine veränderte Nutztierhaltung verschlimmert die Situation im Winter noch weiter. Waren die Herden früher noch reguliert und in der Grösse begrenzt, um das Land zu schonen, ist das heute nicht mehr der Fall.
DPA/anf
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