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Unwetter in der Schweiz
Im Misox droht neuer Starkregen, Gewitter­warnung für den Norden

Wieder ziehen heftige Gewitter auf – die Aufnahme zeigt eine sehr blitzaktive Gewitterzelle, die sich am frühen Mittwochmorgen im Emmental entlud.
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Die Funktion «Copy and paste» muss im digitalen Zeitalter eigentlich nicht erklärt werden. Trotzdem kurz und knapp: Ein Inhalt wird kopiert und an anderer Stelle identisch wieder eingefügt.

Genau das geschieht in diesem Sommer mit dem Wetter über Mitteleuropa. Etwa alle sieben bis zehn Tage zieht ein Tiefdruckgebiet vom Atlantik her Richtung Kontinent. Es führt zuerst brühwarme und extrem gewitteranfällige Luft heran – und lässt es dann krachen.

Dieser sich ständig wiederholende Wetterablauf hat bisher vor allem im Alpenraum enorme Schäden angerichtet. Murgänge, Erdrutsche und Überschwemmungen trafen vor allem das Tessin und das Oberwallis.

«Die Hartnäckigkeit ist verblüffend»

In den kommenden Tagen steht nun die nächste Runde in diesem Unwetterreigen an. «Die Hartnäckigkeit, mit der sich die Wetterlage wiederholt, ist verblüffend», sagt Alexander Giordano von Meteo Schweiz. Eine abschliessende Erklärung dafür hat der Meteorologe nicht. Dass bestimmte Wetterlagen dazu neigten, sich über längere Zeiträume immer wieder zu regenerieren, sei durchaus bekannt. Auch ein Zusammenhang mit dem Klimawandel wird unter Fachleuten diskutiert, ist aber umstritten.

Wie auch immer: Am Ursprung des Ganzen steht – genauso wie schon am vergangenen Wochenende – wieder ein Tiefdruckgebiet mit Kern über den Britischen Inseln.

«Copy & paste»: Vergleich der Wetterlage über Europa vom Samstag, 6. Juli (links), und der Prognose für Freitag, 12. Juli. In beiden Fällen dominiert ein kräftiges Tiefdruckgebiet über den Britischen Inseln das Geschehen. Dieses lenkt feuchtwarme und sehr gewitteranfällige Luft und eine Kaltfront zum Alpenraum.

Im Vorfeld dieses Tiefdruckgebiets wird sehr warme, feuchte und energiereiche Luft zum Alpenraum geschoben. Dieser Prozess hat bereits am Mittwoch eingesetzt und sich im Verlauf des Donnerstags intensiviert. Wegen des zyklonalen (tiefdruckbestimmten) Charakters der Wetterlage ist die Atmosphäre sehr instabil. Das bedeutet insgesamt: Es herrschen schon wieder ideale Bedingungen für die Bildung von heftigen Gewittern.

Wie immer bei sommerlichen Gewitterlagen ist es schwierig, den Ablauf exakt vorherzusagen. Der Blick in die Wettermodelle erlaubt es aber, einen möglichen Ablauf zu skizzieren.

Donnerstag: Wind könnte Superzellen bringen

Am Donnerstag stand zunächst vor allem die Alpennordseite im Fokus. Bereits der Start in den Tag war ausgesprochen unangenehm. Die Luftmasse war feucht und tüppig.

Ein guter Wert zur Bestimmung der Feuchtigkeit in der Atmosphäre ist der sogenannte Taupunkt. Dabei handelt es sich um die Temperatur, auf die die Luft abgekühlt sein muss, damit der in der Luft enthaltene Wasserdampf kondensiert. Hohe Taupunktewerte (über 16 Grad) werden als schwül, tiefe Werte (unter 10 Grad) als angenehm empfunden. Am Donnerstag stieg der Taupunkt auf der Alpennordseite gegen 20 Grad. «Das sind fast tropische Bedingungen», sagt Alexander Giordano.

Diese «Suppe» wurde dann mit der weiteren Annäherung des Tiefdruckgebiets in (vertikale) Bewegung versetzt. Das Potenzial für Gewitterzellen war vorhanden. Der Grund: Im Tagesverlauf nimmt der Wind mit der Höhe zu und ändert auch seine Richtung. Dieser als Windscherung bekannte Effekt kann dazu führen, dass aus «normalen» Gewittern höher organisierte Unwetterformen werden.

Die Bildung von Gewitterlinien («Squall lines») oder Superzellen ist möglich. Superzellen sind besonders grosse und gefährliche Gewitterformen, die oft mit Hagel und kräftigen Sturmböen verbunden sind. Eine Superzelle sorgte im letzten Sommer in La Chaux-de-Fonds für schwerste Verwüstungen.

Freitag: Kaltfront und Starkregen im Süden

Im Verlauf des Freitags wird dann die Kaltfront aus Westen die Alpennordseite überqueren. Dies wird erneut mit Starkregen, Wind und eingelagerten Gewittern ablaufen. Die feuchtwarme Luftmasse wird nach und nach ausgeräumt und die Atmosphäre beruhigt sich allmählich.

In den Alpen und vor allem auf der Alpensüdseite hingegen dauert dieser Prozess länger an, vermutlich bis in den Samstag hinein. In der kräftigen Südwestströmung bilden sich wiederholt Gewitterlinien. Im Stau der Alpen intensivieren sich die Niederschläge zusätzlich.

Vor allem im Tessin, aber auch im Wallis und in Teilen Graubündens sind dann wieder enorme Regenmengen innert kurzer Zeit möglich. Die in den letzten Wochen bereits durch Unwetter verwüsteten Gebiete, vor allem das Misox und das Maggiatal, geraten wieder ins Visier heftiger Gewitter. Manche Wettermodelle zeigen für das Misox Szenarien, in denen 150 Liter Regen pro Quadratmeter herunterkommen – in nur drei Stunden.

Die Grafik zeigt die vorhergesagten Regenmengen des Modells ICON-D2 bis am Freitagabend. Auffällig sind die teils sehr hohen Mengen (über 200 Liter pro Quadratmeter) auf der Alpensüdseite und in Teilen Graubündens.

Natürlich bestehen wie immer im Vorfeld solcher Wetterlagen noch Unsicherheiten. Die Erfahrung zeige aber, dass derartige Luftmassenwechsel selten ohne markante Wettererscheinungen abliefen, betont Alexander Giordano. Wegen der mit Feuchtigkeit gesättigten Böden vertrage es vor allem auf der Alpensüdseite zudem weniger als üblich.

Meteo Schweiz hat entsprechende Warnmeldungen zur Unwetterlage herausgegeben. Für die Alpennordseite gilt Gewitter-Warnstufe 3, für das Tessin die höchstmögliche Warnstufe 4.