«Arena»-BoykottWeshalb die SVP gerade jetzt ihren Angriff auf die SRG lanciert
Die SVP boykottiert die SRF-Sendung «Arena». Damit wolle die Partei von den eigenen Schwächen ablenken, ist Politikwissenschaftler Michael Hermann überzeugt.
Die SRF-Politsendung «Arena» steht wieder einmal in der Kritik. Dieses Mal ist es die SVP, die sich enerviert und Moderator Sandro Brotz ins Pfefferland wünscht. Sie will nicht mehr mitmachen wegen Brotz’ «grober Entgleisung». Dieser habe sich gegenüber ihrem Fraktionschef Thomas Aeschi als Richter aufgespielt. Aeschi hatte in einer Nationalratsdebatte gesagt, dass «Nigerianer oder Iraker mit ukrainischen Pässen Ukrainerinnen vergewaltigen». Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus qualifizierte diese Aussage als rassistisch. Der «Arena»-Moderator konfrontierte Aeschi in der Sendung vom letzten Freitag mit dieser Aussage.
Teil einer Kampagne
Weshalb reagiert die SVP derart aufgebracht, dass sie eine Aussprache mit der SRG fordert und bis auf weiteres die Sendung boykottieren will? Für die SVP ist klar, dass die SRG «mit dieser eklatanten Grenzüberschreitung» ihren gesetzlichen Auftrag nicht erfülle und die Sendung nicht neutral moderiert werde, wie sie in einem offenen Brief an die SRG-Leitung schreibt. Etwas andere Beweggründe ortet Politikwissenschaftler Michael Hermann – der angedrohte Boykott sei offensichtlich ein Teil der Kampagne gegen die SRG: «Die Partei will dem öffentlich-rechtlichen Sender die Gebühren mit einer Volksinitiative von heute 335 Franken auf maximal 200 Franken kürzen und nützt diese Gelegenheit, um die Leute zu verunsichern.»
«Schliesslich will man der eigenen Partei auch Präsenz in Foren ermöglichen, die einem persönlich nicht entsprechen.»
Damit könne die Partei zudem gut von den für sie ungünstigen Themen Corona-Krise und Ukraine-Krieg ablenken, ist Hermann überzeugt. So sei die Basis etwa in der Frage der Sanktionen gegen Russland gespalten, und Stimmung gegen die ukrainischen Flüchtlinge zu machen, erscheine derzeit auch nicht opportun.
Mitte-Präsident Gerhard Pfister würde keine Wette wagen, ob ein längerer Boykott einer Partei im Hinblick auf die nationalen Wahlen nützt oder schadet. Aber auch er hat ein ambivalentes Verhältnis zu dieser Politsendung. Als Parteipräsident stecke man in einem Dilemma: «Schliesslich will man der eigenen Partei auch Präsenz in Foren ermöglichen, die einem persönlich nicht entsprechen.»
Eine Sendung unter Dauerbeschuss
Ein Blick in die fast 30-jährige Geschichte der «Arena» zeigt, dass die Sendung unter Dauerbeschuss steht und Boykotte schon fast an der Tagesordnung sind. Die FDP könne sich zusammen mit der CVP vorstellen, nicht mehr an der «Arena» teilzunehmen, liessen die Freisinnigen im Jahr 2000 verkünden. Sie wurden bei einer Diskussion über die Sozialwerke in die zweite Reihe verbannt, was der damalige FDP-Präsident Franz Steinegger mit den Worten quittierte: Man diene doch nicht als Staffage für ein Schattenboxen.
Für Politikwissenschaftler Hermann bedient die SVP mit einem Boykott der Sendung vor allem ihre eigene Basis: «Eine Breitenwirkung ist mit dieser Androhung kaum zu erreichen.» Für die Partei wäre die Aktion nur dann ein Erfolg, wenn die SRG zu Konzessionen bereit wäre. Sonst sei das Vorgehen der SVP eher kontraproduktiv, weil es zu durchsichtig sei.
Derzeit zeichnet sich aber nicht ab, dass die SRG auf die Forderungen der SVP eingehen würde. So will sie nichts davon wissen, den «Arena»-Moderator aus der Schusslinie zu nehmen. Sandro Brotz moderiere «selbstverständlich» weiterhin die Sendung, und das ohne spezielle Anweisung, betont SRF auf Anfrage. Für ihn würden wie für alle Mitarbeitenden die publizistischen Leitlinien von SRF gelten. Die Mitteilung der SVP habe man zur Kenntnis genommen und suche nun den direkten Kontakt zur Partei. Die SVP sei weiterhin in der «Arena» willkommen.
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Und was macht Brotz? Auferlegt er sich wie vor einem Jahr eine kurze Twitter-Abstinenz? Damals zog er sich einen gewaltigen Shitstorm zu, als er Demonstranten gegen die Corona-Massnahmen als Flat-Earther bezeichnete (das sind Leute, die überzeugt sind, dass die Erde flach ist). Gestern twitterte Brotz, dass die Vorbereitungen für die sechste «Arena»-Sendung zum Krieg in der Ukraine vom kommenden Freitag im Gang seien – und «ja, ich moderiere die Sendung».
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