Ein Club mit hohen IdealenWeshalb der FC St. Pauli seine Trikots lieber selbst produziert
Der Hamburger Club war schon immer anders. Sein neuster Coup birgt aber ein grosses Risiko.
Der FC St. Pauli hat es schwer. Schwerer als viele andere Fussballclubs. Und das seit Jahrzehnten. Die Hamburger müssen stets einen Spagat hinbekommen, um in der kapitalistischen Fussballlandschaft wettbewerbsfähig zu bleiben, ohne die eigenen Ideale zu verraten.
Denn der FC St. Pauli ist anders. Das war er schon immer. Der Hamburger Kiezclub zeigt – im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen – politisch eine klare Kante. Er setzt sich gegen Sexismus, Rassismus und Homophobie ein. St. Pauli liess im Stadion schon Obdachlose und Flüchtlinge übernachten, ebenso befindet sich im Millerntor ein Kindergarten. 2001 das Spiel gegen den damaligen Weltpokalsieger Bayern München: weltbekannt. Der resultierende Sieg und die gedruckten Shirts «Weltpokalsiegerbesieger»: noch bekannter.
«Nicht immer nur meckern»
Und jetzt? Jetzt verfestigt sich der Eindruck des «anderen» Clubs noch mehr. Weil der FC St. Pauli nämlich keinen geeigneten Ausrüster finden konnte, machen die Hamburger ihre Trikots künftig selbst. Mit dem aktuellen Trikothersteller Under Armour wurde der im Sommer auslaufende Vertrag nicht verlängert. Die US-Firma, die in den Vereinigten Staaten das Militär beliefert, ist vielen Fans ein Dorn im Auge. Für sie passt Under Armour nicht zu den pazifistischen Grundwerten des Vereins.
Und so schauten sich die Kiez-Fussballer nach Alternativen um. Aber kein Hersteller konnte die Kriterien bezüglich Nachhaltigkeit, Transparenz und Fair Trade erfüllen. Also kam es zum Entscheid, die Trikots selber zu produzieren.
«Diese Eigenständigkeit und die Suche nach neuen Wegen haben den FC St. Pauli schon immer ausgezeichnet. Mit der eigenen Teamsport-Kollektion verfolgen wir also weiter konsequent unseren Weg der Unabhängigkeit», erklärt Pauli-Präsident Oke Göttlich gegenüber deutschen Medien. Die hauseigene Marke werde den Namen DI!Y tragen. «Der Name leitet sich aus dem Begriff DIY Do it yourself: Mach es selber ab», so Göttlich. Und: «Genau darum geht es uns. Nicht immer nur meckern, sondern selber besser machen.»
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Der Club will liberale Kräfte in der Türkei unterstützen
Was zum Verein passt und wunderbar klingt, hat jedoch auch eine Schattenseite. Für die Hamburger, für den FC St. Pauli. So fehlen den Kiez-Kickern nach der Beendigung der Zusammenarbeit mit Under Armour eine Menge Einnahmen. Jährlich rund eine Million Euro. Kurz: Der eingeschlagene Weg birgt ein grosses Risiko für den Club. Wenn nämlich zu wenige Fans das Shirt kaufen, fehlt den Hamburgern viel Geld. Sehr viel Geld.
An dieses Horrorszenario denken, das wollen die Verantwortlichen nicht. Und müssen sie wohl auch nicht. Die Trikots gehen nämlich weg wie warme Weggli. Seit Dienstag kann man das Shirt für die kommende Saison vorbestellen. Am ersten Tag gingen 1000 Bestellungen ein, bis Weihnachten sollen es mehrere 10’000 sein. «Wir sind hochzufrieden», meint Bernd von Geldern, der Pauli-Vertriebsleiter. Geliefert wird das Trikot dann im Mai 2021. Optisch sieht das 70-Euro-Shirt ähnlich aus wie das der letzten Jahre: braun, versehen mit Details wie etwa der Kragen-Aufschrift: «Kein Fussball den Faschisten».
«Es wird die nachhaltigste Teamsport-Kollektion der Welt werden», spuckt von Geldern grosse Töne. Und: «Wir möchten zeigen, dass sich Qualität, Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen auch für Performance-Kleidung überhaupt nicht ausschliessen müssen.» Um all das zu gewährleisten, arbeitet der Verein mit verschiedenen Zertifizierern zusammen. Auch checkte er die Arbeitsbedingungen in der türkischen Näherei, wo die Trikots hergestellt werden. Für die Türkei entschied sich der FC St. Pauli trotz der politischen Lage. Von Geldern erklärt: «Wir müssen auch die liberalen Kräfte in der Türkei unterstützen.»
Der Ansatz, die Idee ist gut. Ob das alles auch so funktioniert, wie sich das die Kiez-Kicker vorstellen, das ist noch nicht absehbar. Zumal die Hamburger derzeit noch andere Probleme haben. Der Club ist in der 2. Bundesliga 17., steht nach 9 Spielen auf einem Abstiegsrang. Gut möglich also, dass Pauli mit den selbst produzierten Trikots künftig in der 3. Liga auflaufen wird.
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