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Alternativen zur Heiratsstrafe
Wer von der Individualbesteuerung profitieren würde

Abschaffung der Heiratsstrafe: Von der Individualbesteuerung profitieren würden Ehepaare mit gleichmässiger Einkommensaufteilung.
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Wer heiratet, wird heute unter Umständen steuerlich bestraft. Weil verheiratete Paare gemeinsam besteuert werden, müssen viele Ehepaare wegen der Progression mehr Steuern bezahlen als Konkubinatspaare. Die Abschaffung dieser sogenannten Heiratsstrafe beschäftigt das Parlament seit Jahren.

Die Mitte-Partei hat eine neue Volksinitiative dazu angekündigt. Sie will an der gemeinsamen Besteuerung festhalten, mit Vollsplitting: Die Einkommen sollen addiert und durch zwei geteilt werden.

Das Gegenteil will die von FDP- und SP-Kreisen lancierte Initiative zur Einführung der Individualbesteuerung: Sie fordert, dass Personen unabhängig von ihrem Zivilstand besteuert werden. Das soll gewährleisten, dass sich Erwerbsarbeit für beide lohnt – und dass der Staat kein Lebensmodell steuerlich bevorzugt.

Doch wer würde davon profitieren, und wer nicht? Der Bundesrat hat im Auftrag des Parlaments eine Auslegeordnung vorgenommen. Hier die wichtigsten Punkte.

Was steht zur Diskussion?

Der Bundesrat präsentiert drei Modelle:

  1. Reine Individualbesteuerung: Dabei wird das Einkommen jeder Person separat erfasst, unabhängig vom Zivilstand. Korrekturen sind nicht vorgesehen. Für Ehepaare mit unterschiedlich hohen Einkommen der Partner sind keine Entlastungsmassnahmen vorgesehen. Es wird auch nicht berücksichtigt, dass ein Mehrpersonenhaushalt niedrigere Wohnkosten hat.

  2. Modifizierte Individualbesteuerung: Hier sind Korrekturmassnahmen vorgesehen, um Paare mit ungleicher Einkommensaufteilung zu entlasten. So könnte zum Beispiel dem Partner oder der Partnerin mit dem höheren Einkommen ein zusätzlicher Abzug gewährt werden. Auch ein Haushaltsabzug für Alleinlebende wäre möglich.

  3. Individualbesteuerung nach Ecoplan: Dieses Modell sieht vor, Haushalte mit Kindern zu entlasten. Personen mit Kindern sollen nach einem Elterntarif gemäss heutigen Recht besteuert werden. Für Paare mit ungleicher Einkommensverteilung und Alleinstehende sind keine Massnahmen vorgesehen.

Wer würde mehr, wer weniger bezahlen?

Von der Individualbesteuerung profitieren würden Ehepaare mit gleichmässiger Einkommensaufteilung, stärker belastet jene mit ungleichmässiger Einkommensaufteilung. Bei der modifizierten Individualbesteuerung würde die Mehrbelastung für Letztere gemildert. Je nach Konstellation könnten jedoch Ehepaare mit Kindern stärker belastet werden als heute. Beim Ecoplan-Modell würden Paare mit Kindern gegenüber jenen ohne Kinder stark entlastet.

Alleinstehende ohne Kinder würden bei der reinen Individualbesteuerung leicht entlastet, bei den beiden anderen Modellen belastet. Ehepaare ohne Kinder und Rentnerpaare würden bei der reinen und der modifizierten Individualbesteuerung entlastet, beim Ecoplan-Modell belastet.

Was würde eine solche Reform kosten?

Der Bundesrat legt zwei Varianten dar, eine haushaltsneutrale und eine mit Mindereinnahmen von 1,5 Milliarden Franken im Jahr. So viel würde auch die Abschaffung der Heiratsstrafe auf dem Weg der gemeinsamen Besteuerung ungefähr kosten. Wesentliche Mehrbelastungen für bestimmte Lebensmodelle gäbe es nur bei der haushaltsneutralen Variante.

Was sagen die Befürworterinnen?

FDP-Nationalrätin Christa Markwalder, die im Komitee der Initiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung» sitzt, freut sich, dass diese Auslegeordnung nun endlich vorliegt. Über die verschiedenen Modelle könne man nun diskutieren, sagt sie. Natürlich wolle niemand eine Mehrbelastung für Familien mit Kindern.

Für Korrekturen seien die Initiantinnen deshalb offen, sofern die übergeordneten Ziele erfüllt würden. Das ist zum einen die Besteuerung von Individuen nach deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und zum anderen ein Anreiz für die Erwerbstätigkeit von Frauen. Es gehe nicht an, das Einverdienermodell steuerlich zu belohnen, sagt Markwalder.

Was sagen die Gegnerinnen?

Mitte-Nationalrätin Marianne Binder sieht den Bericht des Bundesrats als Bestätigung dafür, dass die Individualbesteuerung viel komplizierter wäre und zu neuen Ungerechtigkeiten führen würde. Sie plädiert aber auch aus gleichstellungspolitischen Überlegungen für eine gemeinsame Besteuerung von Ehepaaren. «Wir sind nicht mehr in den 1950er-Jahren», sagt Binder.

Heute trügen längst beide Partner im Laufe eines Arbeitslebens zum gemeinsamen Einkommen und zur Familienarbeit bei. Es brauche also keine Erwerbsanreize für Frauen. Und überhaupt sei das der falsche Ansatz: «Wir sollten Familienarbeit nicht gegen Erwerbsarbeit ausspielen. Wer wie viel zu welchem Zeitpunkt zum Familieneinkommen beiträgt, spielt keine Rolle», sagt Binder. Die gemeinsame Besteuerung mit Vollsplitting trage auch der Familienarbeit Rechnung, und das sei gerecht.

Wie geht es nun weiter?

Noch in diesem Jahr will das Finanzdepartement die Wirtschaftskommissionen von National- und Ständerat konsultieren. Auch die Kantone werden befragt. Im kommenden Jahr will der Bundesrat eine konkrete Vorlage in die Vernehmlassung schicken. Das letzte Wort dürfte das Stimmvolk haben.