ZoomWenn es oben still wird
Der Schweizer Marco Volken hat sich auf die Tourenski gemacht und Alpenpässe im Winterschlaf fotografiert. Dabei zeigt er, wie aus Verkehrswegen Landschaften werden.
Da und dort sind noch die Überreste des Sommers sichtbar: Zaunpfähle, Strassenschilder oder Metallstangen, die aus dem Schnee hervorlugen, eine einsame Kapelle am Strassenrand oder ein verlassenes Hotel, dichtgemacht und menschenleer.
«Wintersperre» nennt der freischaffende Schweizer Fotograf Marco Volken seinen Bildband. Er zeigt Schweizer Alpenpässe im Winter, wenn sie ihre Funktion als Übergänge und Verbindungsrouten eingestellt haben – und wieder zu Landschaften werden, unberührt von Freizeitverkehr, Landwirtschaft oder Tourismus.
Volken (Jahrgang 1965), der vor allem in den Bergen fotografiert, hat für sein Projekt neun Schweizer Gebirgspässe überschritten – allein, auf Tourenski oder Schneeschuhen. Dabei nahm er jenen Weg, den der Verkehr im Sommer auch nimmt: der Strasse entlang, auch wenn diese wegen Schnee oder Nebel kaum mehr sichtbar war. So wurde Volken zum Expeditionsreisenden, zum Polarforscher unweit der eigenen Haustür. Er habe, schreibt er im Vorwort, «Landschaften in der Schwebe» angetroffen, «Passübergänge im Zustand ihrer faktischen Nichtexistenz». Der Gotthard, die Grimsel, der San Bernardino, der Nufenen oder der Klausen: alle eingemottet für ein paar Monate.
Volkens Bilder verführen dazu, der Stille nachzuspüren, die über diesen abgeschiedenen Gegenden liegt. Wo sommers die Motorräder dröhnen, stapft höchstens noch die eine oder andere Gämse durch den Schnee. Wird hier also eine Rückkehr zum Naturzustand dokumentiert? Nein. Die Wintersperre der Pässe ist, so schreibt der Kulturwissenschaftler Martin Scharfe im Nachwort, ein ziemlich junges Phänomen. In früheren Zeiten kamen die Menschen nicht umhin, die Pässe auch in der kalten Jahreszeit zu begehen. Erst die modernen Bahn- und Autotunnel sorgten dafür, dass oben winters jeweils Ruhe einkehrt.
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