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Corona-Zählweise im Unihockey
Wenn die Erfolgreichsten nicht mehr zuoberst in der Tabelle stehen

Ein Sieg, doch kein erster Platz: Die Frauen von Waldkirch-St. Gallen erleben in der Nationalliga B als Erste die Auswirkungen der neuen Tabelle.
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Erst wenige Runden ist die Unihockey-Meisterschaft alt. Genauer gesagt drei in der zweithöchsten Liga der Frauen. Und ein Blick auf die Tabelle offenbart dort Erstaunliches. Sofern sie für die Betrachterin oder den Betrachter überhaupt lesbar ist. gSp (gespielte Spiele), SoW (Spiele ohne Wertung) und PQ (Punktequotient) sind Bezeichnungen und Werte, die man so noch nie in einer Tabelle gesehen hat. Und auch nicht, dass die Erfolgreichsten anstatt auf dem ersten nur auf dem vierten Rang stehen.

Mit acht Punkten aus drei Spielen ist den Frauen des UHC Waldkirch-St. Gallen der Saisonstart mehr als gelungen. Auf einen 5:0-Sieg zum Meisterschaftsbeginn gegen Rümlang-Regensdorf folgte ein 4:3-Sieg gegen Uri vom Samstag. Und am Sonntag wurde in einem vorgezogenen Spiel der 4. Runde Visp 4:3 nach Verlängerung bezwungen.

In normalen Zeiten grüssten die St. Gallerinnen jetzt von der Tabellenspitze. Doch das Coronavirus lässt nach dem Abbruch der vergangenen Spielzeit auch in der neuen Saison keine Normalität zu. «Durch die Covid-19-Pandemie ist für die Saison 2020/21 mit einer höheren Zahl an Spielen zu rechnen, die nicht durchgeführt werden können. Aufgrund der Situation können Spiele durch behördliche oder ärztliche Verfügungen verschoben oder abgesagt werden. Es ist ebenfalls möglich, dass nationale, kantonale oder kommunale Regeln die Durchführung von Spielen verhindern», steht im Covid-19-Reglement der Verbandes. Es regelt die Wertung für alle Spiele, Ligen und Spielformen von Swiss Unihockey. Ein wesentlicher Punkt ist die Berechnung der Tabelle. So heisst es:

  1. Für die Berechnung der Tabelle wird in der Saison 2020/21 die gängige Berechnung «total erreichte Punkte» ersetzt durch den Quotienten «durchschnittliche Punkte pro Spiel».
  2. Die Formel für diesen Quotienten lautet wie folgt: «Anzahl erzielte Punkte geteilt durch Anzahl Spiele pro Team.»
  3. Für die Klassierung der Teams ist dieser Quotient ausschlaggebend und nicht die absolut erreichte Punktzahl. Bei gleichem Quotienten der erreichten Punkte zwischen zwei oder mehreren Teams gilt die absolute Tordifferenz.

Für die Ostschweizerinnen bedeutet das, dass sie auf einen Punktequotienten von 2,667 kommen. Und damit hinter Zäziwil (2 Siege – 3,0) sowie Giffers und Appenzell (ebenfalls 3,0) liegen. Die beiden haben aber erst ein Spiel ausgetragen und gewonnen – aufgrund eines Corona-Falls haben sie zudem ein Spiel ohne Wertung in der Statistik. Diese Kategorie wurde neu geschaffen – und beeinflusst nun unmittelbar den Tabellenstand. Waldkirch-St. Gallen bekommt dies als erstes Team zu spüren.

Die Schwächen der neuen Methode

Für deren Präsident Thomas Eberle ist klar: «Die Tabelle verliert an Aussagekraft. Sie wird weniger gut lesbar, Differenzen zwischen den verschiedenen Teams nicht greifbar.» Auch wenn jetzt noch niemand auf die Tabelle schaue, im Hinblick auf das Playoff müssten Fans und Spielerinnen direkt verstehen, was bei einem Sieg, einem Unentschieden oder einer Niederlage passiert. Der Quotient vermittle im Gegensatz zu Punkten, die fest in den Köpfen verankert seien, keine klare Perspektive.

Zudem: Käme es zu einem Abbruch der Saison, könnte mit dem neuen Reglement die Meisterschaft gewertet werden – es braucht dafür keine Mindestanzahl Spiele. Eberle findet den Quotienten nicht nur, aber gerade auch in diesem Fall nicht praktikabel: «Für mich ist immer auch die Frage, gegen wen ich gespielt und die Punkte geholt habe. Das bildet der Quotient nicht ab.»

Ist die Klassierung der Corona-Tabelle also gar nicht gerecht? «Unserer Meinung nach ist es derzeit eine gerechte Lösung. Es bleibt einfach zu hoffen, dass gegen Ende Saison keine taktischen Spielchen gemacht werden, indem man zum Beispiel in bestimmten Spielen nicht mehr antritt, um den Quotienten zu schonen», sagt Raphael Jakob, Präsident bei Gegner Unihockey Appenzell.

Beim Verband ist man sich bewusst, dass die Tabelle mit dem Quotienten sicher weniger aussagekräftig ist. Reto Balmer, Leiter Sport weist allerdings darauf hin, dass eine Tabelle mit unterschiedlicher Anzahl Spiele ebenfalls nur bedingt aussagekräftig sei. «Und wenn man bedenkt, dass am Ende der Saison wohl nicht alle Teams die gleiche Anzahl Spiele haben, können ja nicht die Punkte berücksichtigt werden. Da braucht es eben den Punktequotienten.»

Für Jakob gibt indessen die aktuelle Handhabung der Corona-Fälle in den unterschiedlichen Kantonen mehr zu reden als der Punktequotient: «Zum Teil werden ganze Teams in die Quarantäne geschickt, in anderen Kantonen nur die betroffene Spielerin. Dies kann meiner Meinung nach zu einer grösseren Wettbewerbsverzerrung führen.» Andere Sportarten kennen das Problem, konkret der Amateurfussball.

Sonderweg Unihockey

Mit der neuen Klassifizierung und Tabellenberechnung geht Swiss Unihockey einen eigenen Weg, er gilt für alle Ligen und Altersstufen. Der Schweizerische Handballverband hingegen trägt dem Umstand Rechnung, dass je nach Stufe/Kategorie unterschiedliche Modi und Saisonphasen vorhanden sind. In der NLA der Männer wurden bestimmte Szenarien im Voraus definiert, um diesen Mannschaften eine gewisse Planungssicherheit zu gewähren. Zentral bei diesen Regelungen ist, dass die Meisterschaft frühestens dann gewertet werden kann, wenn alle Mannschaften mindestens zweimal gegeneinander gespielt haben. Swiss Volley will erst am Donnerstag seine Lösung präsentieren.

Der Blick auf die Tabellen in der Unihockey-Meisterschaft mag noch irritieren, auch weil er neu und ungewohnt ist. Allerdings darf davon ausgegangen werden, dass Appenzell nicht der letzte Fall gewesen sein wird und entsprechend lohnt es sich nicht, die Rangierung bereits jetzt zu hoch zu gewichten. «Ich merke, wie ich weniger auf die Tabelle schaue», so Eberle. Und am Ende des Tages, Punkte hin, Quotient her, bleibt auch in Corona-Zeiten etwas gleich: Gewinnen muss sein Verein so oder so.