UBS-Umfrage bei Schweizer FirmenWelche Branchen die höchsten Lohnerhöhungen zahlen
Im kommenden Jahr dürfte das hiesige Lohnwachstum zwar stark ausfallen. Die Inflation gleicht jedoch nur eine Minderheit der Unternehmen vollständig aus.
Zuerst die gute Neuigkeit für Lohnempfängerinnen und Lohnempfänger: Arbeitgeber in allen Branchen rechnen im kommenden Jahr mit einer durchschnittlichen Lohnerhöhung von 2,2 Prozent. Das zeigt die aktuelle Lohnumfrage der UBS bei 290 Schweizer Unternehmen, welche am Dienstag veröffentlicht wurde.
Damit dürften die Nominallöhne im kommenden Jahr den höchsten Anstieg seit knapp 15 Jahren verzeichnen und die Lohnabschlüsse für 2022 von 1,1 Prozent deutlich übertreffen. Der Nominallohn ist das tatsächlich in Franken gezahlte Entgelt für geleistete Arbeit. Er lässt somit keine Aussagen über die Kaufkraft zu.
Die höchsten Lohnerhöhungen von 3 Prozent verzeichnen der Umfrage zufolge der Grosshandel, der Informationstechnologiesektor, die Telecombranche sowie der Bereich Uhren und Schmuck.
Über 3 Prozent Lohnanstieg dürften sich auch Angestellte im Tourismus und in der Gastronomie freuen, die von der starken Erholung nach der Pandemie profitieren. Die Schlusslichter der diesjährigen Lohnrunde bilden unter anderem die Metall- und Textilindustrie sowie die Medienbranche.
Die beiden grossen Arbeitnehmer-Dachverbände, Travail Suisse und der Schweizerische Gewerkschaftsbund, verlangen für 2023 eine Lohnerhöhung von mindestens 3 bis 5 Prozent. Sie begründen dies mit der Jahresteuerung und dem starken Prämienschub bei den Krankenkassen. Generell sei die wirtschaftliche Lage derzeit so gut, dass die Angestellten am Wachstum beteiligt werden sollten.
Und nun die schlechte Nachricht: Die von den UBS-Ökonomen erwartete Inflation von 2,1 Prozent im kommenden Jahr wird die Lohnerhöhungen praktisch auffressen. Sie gehen davon aus, dass die Reallöhne 2023 stagnieren.
Höchster Lohnverlust seit 80 Jahren
Der Reallohn berücksichtigt die Inflationsrate und ist somit ein Massstab für die Kaufkraft. Bereits im laufenden Jahr rechnen die Experten der Grossbank mit einer Inflationsrate von 2,9 Prozent, was im Schnitt zu einem Reallohnverlust von 1,8 Prozent führt – dem stärksten Rückgang seit dem Jahr 1942.
Der Forderung nach einem Lohnausgleich für die Inflationsüberraschung geben im Rahmen der diesjährigen Lohnrunde drei Viertel der Unternehmen nach, allerdings gleichen nur 20 Prozent die Inflation vollständig aus.
Die Unternehmen begründen die Zurückhaltung bei den Lohnabschlüssen damit, dass sie mit einem Rückgang der Inflation und einem Einbruch der Konjunktur rechnen.
Schweizer Wirtschaft ist robust
Eine schwere Rezession wegen der Energiekrise erwarten die UBS-Ökonomen nicht. Erstens können die Haushalte teilweise auf die in der Corona-Krise gebildeten Ersparnisse zurückgreifen, um den aktuellen Kaufkraftverlust aufzufangen. Zweitens gibt der robuste Schweizer Arbeitsmarkt der Wirtschaft Rückenwind.
Auch sehen die Experten geringe Chancen für eine Lohn-Preis-Spirale, die zu einem weiteren Inflationsanstieg führen würde. «Lohnerhöhungen von knapp über 2 Prozent, deutlich unter dem aktuellen Inflationsniveau, dürften die Arbeitnehmenden wohl kaum in Festlaune versetzen. Der verhaltene Lohnanstieg spricht jedoch gegen eine Lohn-Preis-Spirale und dürfte die Inflation kaum weiter befeuern», sagt Daniel Kalt, Chefökonom UBS Schweiz.
Neben der Inflation stellt auch der Mangel an Arbeitskräften die Firmen vor Herausforderungen. Gemäss der UBS-Umfrage haben vier von fünf Unternehmen Rekrutierungsschwierigkeiten. Zudem ist zu beobachten, dass der Personalmangel an Breite gewinnt.
Während im Jahr 2016 lediglich 17 Prozent der Befragten angaben, in mehr als einem von sechs Unternehmensbereichen Probleme bei der Stellenbesetzung zu haben, hat sich dieser Wert 2022 auf 50 Prozent erhöht. «Es fehlt zunehmend nicht nur an Fachkräften, sondern an Arbeitskräften generell», sagt UBS-Ökonom Florian Germanier.
Als Hauptgrund für die allgemeine Zuspitzung des Personalmangels sieht eine Mehrheit der befragten Unternehmen den demografischen Wandel. Bei persönlichen Gesprächen mit den Personalverantwortlichen ist gemäss den UBS-Experten herausgekommen, dass das Problem erkannt ist.
Viele Firmen reagieren demnach nicht nur mit flexibleren Arbeitszeitmodellen auf den Notstand. Sie wollen ebenfalls ältere Arbeitskräfte weiter beschäftigen, die vor der Pensionierung stehen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.