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Neues US-Kabinett
Weiblich, progressiv – und jetzt kommen die Vorbehalte

Sie sorgt auf beiden Seiten des politischen Spektrums für Unmut: Neera Tanden, nominiert als Chefin  Verwaltung und Haushaltswesen.
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50 Prozent Frauen, 50 Prozent Minderheitenvertreter, 50 Prozent Anhänger eines aktiven Staats: Wenn Joe Biden mit der Auswahl von sechs führenden Wirtschaftsberaterinnen und -berater ein Zeichen setzen wollte, dann ist ihm das gelungen. Stimmt der Senat seinen Plänen zu, dann wird das Ökonomenteam des künftigen US-Präsidenten weiblicher, diverser und progressiver geprägt sein denn je.

Auch inhaltlich bahnt sich ein Kurswechsel an: Ein Kernpunkt der Wirtschaftspolitik dürfte künftig die Förderung von Kleinverdienern sein, insbesondere von Afroamerikanern – jenen Gruppen also, die durch die Corona-Pandemie besonders häufig ihren Job, ihre Wohnung und ihr weniges Erspartes verloren haben.

Doch der bekennende Zentrist Biden wäre nicht Biden, hätte er auf seiner Auswahlliste nicht auch ein Gegengewicht zu den eher linkslastigen Kandidaten eingebaut. Zwei der sechs Spitzenposten, die er jetzt vergibt, sollen Männer übernehmen, die in der Vergangenheit unter anderem für den weltgrössten Vermögensverwalter Blackrock arbeiteten – also im Epizentrum des amerikanischen Finanzkapitalismus waren. Hier dürften Kontroversen vor allem mit jungen, progressiven Mitgliedern der Demokratischen Partei programmiert sein.

Spezialisten aus der Regierung Obama

Konkret geht es um die Kandidaten Adewale «Wally» Adeyemo und Brian Deese. Der 39-jährige Adeyemo, der unter Ministerin Janet Yellen Vizechef des Finanzministeriums werden soll, arbeitete bereits unter dem früheren Präsidenten Barack Obama für die Regierung, unter anderem als stellvertretender Stabschef des demokratischen Finanzministers Jacob Lew. 2017 wechselte der in Nigeria geborene Anwalt als Wirtschaftsberater und Stabschef von Konzernchef Larry Fink zu Blackrock, bevor er 2019 zum Gründungspräsidenten der Obama-Stiftung berufen wurde.

Deese leitet bis heute bei Blackrock eine Abteilung, die nach finanziell lukrativen, zugleich aber ökologisch und sozial nachhaltigen Anlagemöglichkeiten sucht. Wie Adeyemo verfügt aber auch der 42-Jährige aus der Obama-Zeit schon über reichlich Regierungserfahrung. Er soll nun als Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats (NEC) Bidens wirtschaftspolitischer Chefberater werden und Larry Kudlow ablösen, der als Handlanger Trumps dessen Steuer- und Handelspolitik gegen allerlei Kritik verteidigte, obwohl er gelegentlich selbst Zweifel durchblicken liess.

Prinzip der «ethnischen Gerechtigkeit»

Chefin des Wirtschaftlichen Sachverständigenrats CEA wird nach übereinstimmenden Angaben Cecilia Rouse, bisher Dekanin an der Princeton-Universität. Sie gehörte unter Bill Clinton und Obama schon einmal zum wirtschaftspolitischen Beraterstab des Präsidenten und hat als Forscherin empirisch nachgewiesen, dass die US-Volkswirtschaft profitierte, wenn es gelänge, die enormen Bildungsunterschiede zwischen schwarzen und weissen Kindern und Erwachsenen zu beseitigen. Die Berufung der 56-Jährigen sei Beleg dafür, dass Biden das Prinzip der «ethnischen Gerechtigkeit» in allen Bereichen der Regierung verankern wolle, sagte Anna Gifty Opoku-Agyeman vom Aktionsbündnis Sadie Collective, das die Zahl afroamerikanischer Frauen in den Wirtschaftswissenschaften erhöhen will.

Neera Tanden, nominiert für das Amt für Verwaltung und Haushaltswesen, hatte immer wieder Ärger mit Demokraten wie Republikanern.

Rouse bei der CEA zur Seite stehen sollen unter anderem Heather Boushey und Jared Bernstein, deren Nominierungen vor allem dem linken Demokraten-Flügel gefallen dürften. Die 50-jährige Boushey leitet in Washington das Zentrum für geschlechtergerechtes Wachstum, das unter anderem für eine bezahlte Elternzeit und einen höheren Mindestlohn kämpft. Der 64-jährige Bernstein amtete bereits als Wirtschaftsberater des einstigen Vizepräsidenten Biden.

Das politisch wichtige Amt für Verwaltung und Haushaltswesen (OMB) soll Neera Tanden führen. Ob es die Tochter indischer Immigranten aber auf den Posten schafft, ist offen: Die 50-Jährige hatte sich in der Vergangenheit den Ärger linker Demokraten wie rechter Republikaner zugezogen – fraglich, ob es da im Senat für eine Mehrheit reicht.

Und noch einen Wechsel wird es im Weissen Haus geben: Der Chef der US-Telekommunikationsaufsicht FCC, Ajit Pai, wird seinen Posten räumen. Die FCC ist zwar unabhängig, es gehört aber zur Tradition, dass ihr Vorsitzender geht, wenn sich die Parteizugehörigkeit des Präsidenten ändert.