Unternehmen in ErklärungsnotWegen Pannenserie: Sommaruga verlangt Antworten von Swisscom
Der vierte Ausfall in nur fünf Monaten ruft den Bund als Eigentümer auf den Plan. Die Unternehmensspitze muss Rede und Antwort stehen. Grund für die Panne war ein Softwarefehler.
Mit dem neuerlichen Netzausfall bei der Swisscom wächst der Druck auf die Führungsspitze. Der Bund, der die Mehrheit an dem Konzern hält, will die Panne mit Verwaltungsratspräsident Hansueli Loosli und Firmenchef Urs Schaeppi im Rahmen der Eignergespräche thematisieren. Das teilte das zuständige Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation mit, dem Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga vorsteht.
Darüber hinaus ruft der Vorfall die zuständige Nationalratskommission für Verkehr und Fernmeldewesen auf den Plan, der die Unternehmensspitze Ende Juni ebenfalls Rede und Antwort stehen soll.
Widersprüchliches zu den Notrufnummern
Am Dienstagmittag war das Swisscom-Netz für mehrere Stunden ausgefallen. Betroffen waren sowohl das Mobil- als auch teilweise das Festnetz. Für Unruhe sorgte zudem, dass in einigen Kantonen die Notrufnummern ausfielen. Auf der Homepage «Alertswiss» des Bundesamts für Bevölkerungsschutz warnte der Kanton Obwalden etwa: «Aufgrund einer Panne der Swisscom sind über das Mobilnetz (Natel) teilweise keine Anrufe auf die Notrufnummer 112, 117, 118 und 144 möglich.»
In Solothurn hingegen funktionierten die Notrufe– trotz Störung bei der Swisscom. Die Swisscom selbst beteuert, Notrufe hätten funktioniert, auch vom Mobilfunknetz aus.
Swisscom-Aktie verlor an Wert
Grund für den Ausfall war ein unerwarteter Softwarefehler bei Netzwerkteilen, wie die Swisscom am Mittwoch mitteilte. Sie arbeite nun «unter Einbezug von internationalen Lieferanten» an der Analyse und Behebung des Fehlers. Namen der Lieferanten nannte der Konzern nicht.
Bereits zu Jahresbeginn war ein fehlerhaftes Netzwerkteil Grund für eine Panne. Ein Zusammenhang zwischen den beiden Vorfällen bestehe jedoch nicht, erklärt eine Sprecherin.
Die Swisscom ist gemäss dem Auftrag des Bundes verpflichtet, die gesetzliche Grundversorgung sicherzustellen. Dazu gehören auch Notrufdienste. Das Unternehmen habe in den vergangenen Monaten viel Vertrauen verspielt, sagte der Vizepräsident der nationalrätlichen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen, Jon Pult (SP), gegenüber Radio SRF. «Wir werden durchaus Druck machen.» Denn ein sicheres und stabiles Netz sei wichtig für die Schweiz.
Der Bund hält 51 Prozent an der börsennotierten Firma. Auch bei den Anlegern kam die Panne nicht gut an: Die Swisscom-Aktie verlor knapp ein Prozent an Wert und war damit etwas schwächer als der gesamte Schweizer Markt.
Gibt es personelle Konsequenzen?
Ob der neuste Ausfall personelle Konsequenzen haben könnte, blieb zunächst offen. Bereits nach der Pannenserie zum Jahresbeginn hatte Swisscom-Chef Schaeppi dies in einem Interview mit der SonntagsZeitung zumindest nicht ausgeschlossen. «Das entscheiden wir, wenn die Detailanalyse zu den Ereignissen vorliegt», hatte er damals auf eine entsprechende Frage gesagt. Am Mittwoch wollte sich die Swisscom dazu nicht äussern.
Die Konkurrenz bleibt indes nicht untätig. Sunrise bietet insbesondere Firmenkunden ein Sicherheitsnetz für Ausfälle bei anderen Anbietern. Sie können dann auf das Sunrise-Netz ausweichen, wie eine Sprecherin erklärt. Damit soll ein störungsfreier Betrieb möglich sein.
Swisscom rutscht bei Kundenzufriedenheit ab
Nicht nur der Bund als Eigentümer findet Missfallen an den Problemen. Auch die Handyabokunden sind mit Swisscom weniger zufrieden, wie eine Umfrage des Onlinevergleichsdienstes zeigt. Ihr zufolge belegt nun erstmals Konkurrentin Sunrise den ersten Platz. Die Swisscom liegt nur noch knapp vor dem Drittplatzierten Salt.
«Swisscom hat seit Jahren immer wieder Probleme – wesentlich mehr als andere Anbieter.»
Moneyland-Telecomexperte Ralf Beyeler sieht einen möglichen Zusammenhang mit den Netzausfällen. «Swisscom hat seit Jahren immer wieder Probleme – wesentlich mehr als andere Anbieter. Das Image spielt eine gewisse Rolle bei solchen Befragungen», sagt er. Swisscom selbst hat keine sinkende Zufriedenheit der Kunden festgestellt. «Unsere eigenen, regelmässigen Befragungen zur Kundenzufriedenheit zeigen, dass unsere Kunden – vor allem in den letzten Wochen – sehr zufrieden mit unserem Service sind», erklärt der Konzern.
Noch besser als die etablierten Anbieter schnitten in der Moneyland-Umfrage Billigmarken wie M-Budget ab. Beyeler erklärt das mit günstigeren Angeboten. Ganz generell hatten Kündigungsfristen und Roamingkosten einen negativen Einfluss auf die Zufriedenheit der Kunden.
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