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Der Fall Salma al-Shehab
Wegen einer «Spitzel-App» muss sie 34 Jahre ins Gefängnis

Das Urteil sei eine «Botschaft der Drohungen und Einschüchterung von Kronprinz Muhammad bin Salman», findet die Menschenrechtsorganisation GCHR.
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34 Jahre Haft, weil sie sich auf Twitter kritisch gegenüber neuen Verträgen der saudischen Regierung für öffentliche Verkehrsmittel äusserte. Verraten worden sein soll die Aktivistin Salma al-Shehab durch eine App der Regierung, «die es allen Bürgern und Einwohnern von Saudiarabien ermöglicht, in die Rolle eines Polizeibeamten zu schlüpfen». Das berichtet der «Guardian». 

Untersuchungen der englischen Zeitung des Twitter-Profils der Doktorandin sollen gezeigt haben, dass Shehab am 15. November 2020 von einem saudischen Konto angeschrieben wurde. Der Absender teilte ihr mit, dass er sie auf der App namens Kollona Amn (Wir sind alle die Sicherheit) gemeldet habe. Ob die saudischen Behörden gleich auf die Meldung reagiert hätten, sei unklar. Zwei Monate später wurde die 34-jährige Mutter, die eigentlich in Grossbritannien lebt, bei einem Heimatbesuch verhaftet. Ihr wird nun vorgeworfen, sie habe durch ihre Aktivitäten bei Twitter die «gesellschaftliche und staatliche Sicherheit destabilisiert», zitierte die Menschenrechtsorganisation GCHR am Mittwoch aus den Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft. Das Urteil wird von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert und als schwerste Strafe, die in dem Land je gegen eine Aktivistin verhängt wurde, bezeichnet.

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«Endlich!»

Auf ihrem Twitter-Profil hatte Shehab rund 2500 Follower. Sie unterstützte dort unter anderem Kampagnen, die das System männlicher Vormundschaft in Saudiarabien beenden möchten. Doch nicht der Kampf für mehr Frauenrechte wurde ihr zum Verhängnis, sondern eine Antwort auf einen Tweet eines verifizierten saudischen Kontos. Der Twitter-Account berichtet über die Entwicklung bei den Infrastrukturprojekten des Königreiches. Als das Profil am 8. Oktober 2019 über den Start eines neuen Busnetzes twitterte, antwortete Shehab: «Endlich!», wie der «Guardian» schreibt.

Auch im Schweizer Appstore erhältlich: Die saudiarabische Regierungs-App Kollona Amn.

Über ein Jahr später, am 15. November 2020, reagierte ein saudisches Konto mit dem Namen «Faisal OTB» und etwa 200 Followern auf ihren Tweet mit Beschimpfungen. Der Nutzer schrieb, er sei von Shehabs Twitter-Account fasziniert gewesen, weil er die saudische und die palästinensische Flagge gezeigt habe. Weiter sagte er, sie twittere «Müll» und er habe Screenshots von einigen Tweets von Shehab gemacht und sie auf Kollona Amn gemeldet. Zudem hoffe er, sie werde nach Palästina abgeschoben. In einer kurzen Antwort sagte die 34-Jährige, dass es nicht so schlimm wäre, nach Palästina zu gehen, dort könne sie die heilige Moschee in Jerusalem besuchen. Ausserdem soll er tun, was er wolle. 

«Eine neue Phase des digitalen Autoritarismus»

Eine Anwendung wie die saudische App Kollona Amn, die für die breite Öffentlichkeit zugänglich ist, stellt eine «neue Phase des digitalen Autoritarismus dar», wie Noura Aljizawi, Forscherin am Citizen Lab der Universität Toronto, dem «Guardian» erklärt. «Es ist sehr besorgniserregend, weil Menschen, die etwas posten, nicht vorhersehen können, welches Risiko sie eingehen oder wer sie melden wird und wer ihren Feed nach Beiträgen durchsuchen wird, die nicht mit der Regierungspropaganda übereinstimmen», erklärt Aljizawi. Die Menschen müssten teilweise ihre Loyalität gegenüber dem Staat unter Beweis stellen, «und dafür reicht es aus, einen Screenshot zu machen und das zu melden».

Auf Anfrage des «Guardian» ob die App Kollona Amn überprüft werde – angesichts der Verurteilung von Salma al-Shehab –, antworteten Apple und Google nicht sofort.