Analyse zu BundesratskandidaturWegen einer Lappalie nimmt sie sich wohl aus dem Rennen
Michèle Blöchliger versuchte ihre doppelte Staatsbürgerschaft zu vertuschen, wohl um der Partei zu gefallen. Dabei ist die Haltung der SVP zur Doppelbürgerschaft grotesk.
Es hätte Michèle Blöchligers perfekter Auftritt sein können, als sie am Montag in Stans ihre Bundesratskandidatur lancierte. Die bisher über Nidwalden hinaus wenig bekannte Regierungsrätin zeigte sich als Frau mit Wirtschafts- und Regierungserfahrung, sprachgewandt, mit internationalem Hintergrund. Sie kommt aus dem Dreiländereck Basel, hat einige Jahre in Deutschland das Gymnasium besucht. Sie spricht fliessend Französisch und Italienisch, die Weltsprache Englisch sogar perfekt, da ihre Mutter aus Grossbritannien stammt. Und sie findet, dass Herkunft und Hautfarbe in der Berufswelt der Schweiz keine Rolle spielen dürfen.
Blöchliger hätte sich also als erfrischend weltoffene SVP-Kandidatin empfehlen können, die sich auch auf internationalem Parkett bewegen kann. Peinliche Medienauftritte wegen fehlender Englischkenntnisse wie jener von Ueli Maurer in den USA beim Sender CNN blieben der Schweiz mit ihr erspart. Doch Blöchliger hat ihrer Kandidatur mit einer halb wahren Aussage zur eigenen Staatsangehörigkeit geschadet. Vor den Medien sagte sie, sie habe keinen britischen Pass, und erweckte damit den Eindruck, sie habe nur die Schweizer Staatsbürgerschaft. Recherchen dieser Zeitung ergaben aber, dass sie zwar keinen gültigen britischen Pass mehr hat, aber nach wie vor Bürgerin des Vereinigten Königreichs ist.
SVP verdächtigt Doppelbürger der mangelnden Loyalität
Zwar ist der Fauxpas keine Staatsaffäre. Doch nach der versuchten Verschleierung der zweiten Staatsbürgerschaft werden ihr die Fraktionen im Bundeshaus mit Skepsis begegnen. Wenn sie sich bei Fragen zur eigenen Herkunft derart verheddert, glaubt man ihr vielleicht auch bei anderen Fragen in den Hearings nicht mehr alles. Eigentlich schade, hat sich Blöchliger wegen einer Lappalie vermutlich vorzeitig aus dem Rennen genommen, denn mit ihr würde die Bundesratswahl vom 7. Dezember nicht zur reinen Männersache.
Zum Verhängnis wurde ihr wohl die Haltung der SVP gegenüber Doppelbürgerschaften. Einerseits betont die Partei immer, wie international vernetzt die Schweiz vor allem wirtschaftlich sei. Andererseits verdächtigt sie Menschen mit mehreren Staatsbürgerschaften der mangelnden Loyalität gegenüber unserem Land: «Echte» Schweizerinnen und Schweizer können für die SVP nur eine Staatsangehörigkeit haben. Deshalb machte sich Blöchliger am Montag eilends zur «echten» Schweizerin.
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Dieses Bürgerrechtsverständnis ist grotesk in einem Land, in dem 40 Prozent der Bevölkerung Migrationshintergrund haben, darunter viele mit Schweizer Pass. Blöchliger hätte mit diesem Umstand trotzdem souverän umgehen können. Falls sie ihre britische Staatsbürgerschaft wegen ihrer Bundesratskandidatur tatsächlich annullieren will, hätte sie genau dies vor den Medien sagen können: Sie habe durch ihre Mutter die britische Staatsbürgerschaft erhalten, die für sie jedoch nie eine grosse Bedeutung gehabt habe, und deshalb werde sie nun darauf verzichten. Aber möglicherweise wollte Blöchliger gerade diese Aussage nicht machen, weil sie schlecht zum Bild der weltoffenen SVP-Kandidatin gepasst hätte.
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