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Temporäre Pavillons am WEF
Wie ich mich gratis durch Davos ass

Emirates Haus am WEF am ersten Tag in Davos. 15.01.24
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Kein Badge, keine Spesenfreigabe – kein Problem. In Davos braucht es in den Tagen des Weltwirtschaftsforums nicht zwingend eine Einladung.

Denn ausserhalb der abgeriegelten roten Zone rund ums Kongresshaus entsteht jedes Jahr in den Worten von WEF-Geschäftsführer Alois Zwinggi ein «Paralleluniversum». Es ist nicht nett gemeint.

Die Trittbrettfahrer nerven die Organisation. Gründer Klaus Schwab schrieb einst von «Nebenveranstaltungen, die so viel wie möglich zu vermeiden sind».

Impressionen vom WEF am ersten Tag in Davos. 15.01.24

Die Firmen und Ländervertretungen haben sich entlang der Promenade längst festgesetzt, ihre PR-Slogans leuchten in die Strasse hinaus. «Hope». «Opportunities». «Invest». Meine Hoffnung hingegen ist schlichter. Ich habe Hunger und hoffe auf Essen. Meine Möglichkeiten sind aber begrenzt, ebenso mein Wille zu investieren.

Eine WEF-Kennerin meinte, die Promenade sei während des WEF wie die Olma. Nur internationaler.

Lachs und warme Screens

Im Laden von C3.ai leuchtet die Zukunft besonders grell. Einen Steinwurf vom Checkpoint des Kongresszentrums entfernt, hat sich das amerikanische IT-Unternehmen in einer Kunstgalerie eingemietet. Statt Ölbilder hängen Bildschirme an den Wänden, die vom «enormous potential» der künstlichen Intelligenz schwärmen.

C3.ai am WEF am ersten Tag in Davos. 15.01.24

Ich interessiere mich aber vor allem für die Lachs-Canapés, die an der leuchtenden Wand neben Gipfeli und Gebäck aufgereiht sind. Laut der Managerin gibts die Appetizer den ganzen Tag über gratis. Eine Anmeldung ist nicht nötig. Dazu gibts Fair-Trade-Kaffee vom Barista.

Ich notiere: solid. Aber die Abwärme der vielen High-End-Bildschirme könnte dem Lachs schaden.

Wollmützen von Zurich gingen an ukrainische Kinder

Gegenüber der AI-Zukunft sind die Pavillons von Palantir und Zurich-Versicherung. Beide sind nur für Eingeladene offen. Bei letzterem wird mir in einem Schaufenster erklärt, dass es in diesem Jahr keine Geschenke für Passanten gibt. Die blauen Wollmützen der Versicherung wurden ukrainischen Kindern gespendet. Es gibt ein Foto davon, das eine Schulklasse ganz in Zurich-Blau zeigt.

Ich notiere: Meine Lust auf Konsum ist kurzzeitig getrübt. Im Innern des noblen Pavillons sind Menschen in Anzügen zu sehen. Sie dinieren. Es gibt Fleisch.

Impressionen vom WEF am ersten Tag in Davos. 15.01.24

Über eine Million Franken sollen die temporären Pavillons in unmittelbarer Nähe zum WEF-Zentrum kosten. Dazu kommen die bestehenden Davoser Läden, die jeweils komplett ausgeräumt und für mehrere Hunderttausend Franken umgebaut werden.

In Kolumbien entbrannte in diesen Tagen eine Debatte über die millionenteure Dependance in Davos. Der Präsident musste sich rechtfertigen.

Laut der Gemeinde ist die Anzahl der Temporärbauten und Umnutzungen während des WEF in den letzten Jahren auf hohem Niveau stabil. Jährlich würden zwischen 120 und 135 Projekte umgesetzt.

In Davos sorgen diese Bauten aber seit Jahren für Unmut. Denn während der für den Skitourismus wichtigen Wochen nach Weihnachten und Neujahr stören die Arbeiten entlang der Promenade. Lastwagen mit dem tonnenschweren Material stehen im Weg. Baustelle statt Winterzauber. Für die aktuelle Ausgabe wurden nun die Bauvorschriften verschärft. Die Gemeinde hofft auf Besserung.

Vielleicht sollte sich Davos das Motto des Pavillons der Vereinigten Arabischen Emirate zu Herzen nehmen. «Impossible is possible» steht über dem Eingang des weissen Gebäudes.

Emirates Haus am WEF am ersten Tag in Davos. 15.01.24

Die Araber bieten an der Bar Ghawa arabischen Kaffee an. Und Karak – mit Kardamom versetzten Tee. Beide Getränke sind sehr geschmackvoll. Genauso die Patisserie. Safran-Madeleines. Oder Aseeda, ein traditionelles arabisches Dessert aus Kürbis. Balaleet, ein süsses Eigericht.

Hind Al Mulla heisst die Köchin, die diese Köstlichkeiten zubereitet hat. Sie wird mir vorgestellt. Eine Woche vor dem WEF sei sie in einer Davoser Hotelküche gestanden, erzählt sie, und habe alles vorbereitet, eingekocht. Viele Grundprodukte hat sie aus ihrer Heimat mitgenommen. Dazu gehören auch Datteln. «15 Kilo hatte ich im Gepäck. Die besten.»

Impressionen vom WEF am ersten Tag in Davos. 15.01.24

Die junge Frau ist Chefin einer Gastrokette mit zehn Filialen. Am WEF sei sie zum ersten Mal. «Wonderful», sagt Mulla. Gerade wird im Emirates-House Lunch serviert. Jeden Tag um 13 Uhr gibts frisch zubereitete Häppchen. Heute: Bulgur mit Gemüse.

Ich greife zu und notiere: Die arabische Gastfreundlichkeit wärmt. Aber was sind diese Emirate eigentlich für ein Land? Und wie hat Hind Al Mulla diesen intensiven Safrangeschmack in die Madeleines gekriegt?

Ein Gadget-Gag von Meta

Beim nächsten Pavillon gibts ebenfalls Süsses. Meta, Mutterkonzern von Facebook und Instagram, serviert heisse Schokolade. Machen die Araber um 16 Uhr jeweils auch. Nur besser.

Der Inhalt ist bei Meta sowieso nicht entscheidend, es geht um eine technische Spielerei. Filmt man nach dem Scannen eines Codes den Pappbecher mit seinem Handy, wird dieser animiert. Eine Gruppe Amerikaner testet das Gadget, sie findens lustig.

Meta Haus am WEF am ersten Tag in Davos. 15.01.24

«Mohammed Bin Salman Foundation» prangt auf der Seite des nächsten Holzgebäudes. «Youth Majlis» ist ein Jugendprojekt des saudischen Machthabers. Drinnen erklären perfekt Englisch sprechende Frauen mit Kopftuch allen Neuankömmlingen die anstehenden Milliardenprojekte, die das Land, nein, die Welt verändern werden.

Youth Majlis am WEF am ersten Tag in Davos. 15.01.24

Letztes Jahr war das saudische «Hebher Pumpkin Jereesh», ein Kürbisgericht, der Hit bei WEF-Teilnehmern. Auch heuer punktet das Land, das im Wandel steht. Im Obergeschoss gibt es Sayadiyah Rice. Reis mit Meeresfrüchten, typisch für die Küstenorte am Roten Meer.

Ich notiere: Saudiarabien – ein Land mit schwieriger Geschichte. Ein etwas bitterer Nachgeschmack. Aber kulinarisch ein sicherer WEF-Wert.

Enttäuschende Inder

Tata serviert heisse Getränke direkt aus einem ans Trottoir gebauten Stand hinaus. Irgendwas mit Hirse, der Tee ist besser. Der indische Mischkonzern ist weltweit der zweitgrösste Hersteller von abgepacktem Tee.

Joyful Stand am WEF am ersten Tag in Davos. 15.01.24

Sonst enttäuschen die Inder. Im Indian House gabs jeweils stark gewürzten Chai und jeden Tag verschiedene Currys. In diesem Jahr fehlt das Indian House gänzlich, stattdessen leuchtet das Logo von Cognizant.

Der IT-Dienstleister aus den USA hat 2022 19,4 Milliarden Dollar Umsatz gemacht. Und: Cognizants wichtigster Standort ist im indischen Chennai. Vielleicht doch ein wärmendes Dal? «No», sagt eine Security trocken.

Einloggen für Pierogi

Dafür haben die Polen schräg gegenüber eine Snackbar. Wer sich über den grossen QR-Code neben der Eingangstür einloggt, darf auch in die oberen Stockwerke. Dort ist das Angebot noch grösser. Pierogi, die typischen Teigtaschen, werden serviert.

Three Seas Haus am WEF am ersten Tag in Davos. 15.01.24

Die polnische Bank mit ihrem «Three Seas»-Investitionsprojekt nennt das einstige Polish House «Opportunities Hub». Barmann Viktor bietet tatsächlich viele Möglichkeiten an. Ab 19 Uhr mixt er ein halbes Dutzend verschiedene Drinks mit dem «besten Wodka der Welt».

Alkohol gibts auch im Greek House nebenan. Leichten Weisswein. Bei meinem Besuch ist er jedoch gerade ausgegangen.

Momos bis Mitternacht

Uber, omnipräsent in der ewigen Autokolonne auf der Promenade, bietet in seinem Laden von 22 Uhr bis Mitternacht Momos an.

Ich bin beim Casino angelangt, dem inoffiziellen Endpunkt der Gastroachse zum WEF.

Ich notiere: Ich fühle mich überfressen, überzuckert – und schuldig.