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Ländermarketing am WEF
So funktioniert die saudische Charme­offensive 

Marketing geht bei ihr übers Essen: Nourah Altubayyeb im Saudi-House.
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Kürbisstückchen mit Getreide, darüber zwei Streifchen Zwiebelsosse mit schwarzer Zitrone aus der Oase Al Ahsa, dazu Mangos vom Küstenort Jazan. Hebher Pumpkin Jereesh heisst das dampfende Gericht und ist der Hit im Saudi-House. Längst hat sich unter WEF-Teilnehmern herumgesprochen, dass es im zweistöckigen Holzbau der Araber das beste Essen an der Davoser Promenade gibt.

Alles gratis, alles frisch. Die Leute stehen Schlange. 

So sieht Jereesh aus – gezeigt wird es zuerst auf einem Tablet.

Hinter der lukullischen Marketingoffensive der Saudis steht Nourah Altubayyeb. Sie ist keine Köchin, sondern Managerin, leitete bis vor kurzen einen Thinktank, der sich auf Innovationen spezialisiert hat. Altubayyeb sorgte bereits im saudischen Expo-Pavillon der kürzlich in Dubai zu Ende gegangenen Weltausstellung für Konzept-Essen. Nun ist sie in Davos. Sie sagt: «Es macht mich glücklich, dass so viele Menschen zum ersten Mal mit unserer Kultur in Kontakt kommen.» 

Autokraten werben gerne an der Promenade

An der Davoser Promenade ist Saudiarabien in diesem Jahr so präsent wie kein anderes Land. Zusätzlich zum Saudi-House erzählt die Mohammed Bin Salman Foundation (Misk) in einem Ladenlokal fröhlich und multimedial von der Jugend im Land. 70 Prozent der Saudis sind unter 35 Jahre alt. 

Die beiden Lokale zeigen das freundliche Gesicht des Landes. Das war am WEF schon immer so. Russland feierte hier stets feuchtfröhlich, 2013 prägten die Farben des autokratisch regierten Öl-Staats Aserbaidschan ganz Davos. 

Meinungsfreiheit, Menschenrechte in Saudiarabien? Schwierig.

Saudiarabien, von Mohammed bin Salman eisern regiert, steht in der WEF-Ausgabe 2022 für Offenheit und gutes Essen. Natürlich ist hier der Mord am Journalisten Jamal Kashoggi kein Thema. Dass das Rechtssystem noch immer auf der erzkonservativen Scharia fusst ebenfalls nicht. Meinungsfreiheit, Menschenrechte in Saudiarabien? Schwierig. 

Dieses Dessert schmeckt nach Rosen: Rose Mamoul Crumble. 

Im Davoser Saudi-House soll es aber leicht bleiben. Und fröhlich. Dafür sorgen Nourah Altubayyeb und ihr Team, mehrheitlich Frauen. Alle reden perfekt Englisch, geben sich weltoffen. Tatsächlich hat Herrscher Mohammed Bin Salman ziemlich mutige Devisen angekündigt, gesammelt in der «Vision 2030». Dazu gehört die Abschaffung wesentlicher Teile der Geschlechtertrennung, die komplette Abschaffung des Verschleierungsgebots für Frauen. Auch soll es keine öffentlichen Auspeitschungen mehr geben. 

Vor allem aber sollen die Menschen nach Saudiarabien kommen. Das einst zugeknöpfte Land öffnet sich. Es will sich vom Öl emanzipieren und mit Tourismus Geld verdienen. Ziel sind 100 Millionen Touristen jedes Jahr. Ein Visum gibts seit letztem August online, in nur zehn Minuten, für 140 Dollar. 

«Wir wollen, dass die Menschen zu uns kommen, sich ein eigenes Bild von unserem jungen Land machen», sagt Nourah Altubayyeb. Bis zum Ende des World Economic Forum wird sie gegen 6000 Personen mit dem dampfenden Jereesh versorgt haben. Es ist Marketing – immerhin ziemlich geschmackvoll.