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Eishockey-Star Nico Hischier
Vier Monate Militär statt Playoff-Jagd und Heim-WM

NHL-Star Nico Hischier hat trotz der Corona-Zwangspause seine Zuversicht und Ruhe nicht verloren.

Ein Satz mit sieben Worten reichte, um viele seiner Mitspieler bei den New Jersey Devils zu schockieren. «I am going to the army now», sagte Nico Hischier, und überraschte damit vorab seine amerikanischen Teamkollegen.

Vermutlich hätte es mit dieser Aussage sogar P.K. Subban die Sprache verschlagen, dem so schlagfertigen Devils-Verteidiger und Lebenspartner von Ski-Ikone Lindsey Vonn. «Ich glaube, er weiss es aber noch gar nicht», sagt Hischier und lacht.

Spitzensportler sind in den USA während ihrer Aktivzeit grundsätzlich so weit weg von einem Militäreinsatz wie Donald Trump von Angela Merkel. Dementsprechend konnte sich anfänglich kaum jemand vorstellen, dass ausgerechnet ein Schweizer während einer Pandemie vaterländische Aufgaben erfüllt. Hischier betrieb aber Aufklärungsarbeit: «Ich habe ihnen erklärt, dass bei uns der Militärdienst Pflicht ist, aber auch, dass es eine army for athletes ist und ich während dieser Zeit die Chance bekomme, zu trainieren.»

Als die NHL-Teams kurz nach dem Unterbruch den Spielern Mitte März das Okay zur Heimreise gaben, zögerte Hischier nicht lange, wenige Tage später sass er bereits im Flugzeug nach Europa. Im Wallis konnte er Energie tanken und zusammen mit seinem Bruder Luca, Stürmer beim HC Davos, ausgiebig trainieren. Joggen, Velofahren und Hanteltraining stand auf dem brüderlichen Trainingsplan, zwischendurch wurde auch einmal in der Garage Hockey gespielt, ganz wie in alten Zeiten. Überhaupt genoss Hischier die eineinhalb Monate im Wallis: «Es war eine sehr schöne Zeit. Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Zeit mit der Familie verbracht.» Mit Luca entdeckte er auch ein neues Hobby: «Wir begannen, Darts zu spielen. Es war ziemlich ausgeglichen, aber wir hatten gute Serien.»

«Jetzt ist die RS die perfekte Lösung»

Die «army for athletes», die Spitzensport-RS, begann am 14. April, zuerst wegen des Lockdown vier Wochen mit Online-Unterricht von zu Hause aus. In Magglingen rückte er am 11. Mai ein, seither stand das Training im Vordergrund. «Hier habe ich alles, was ich brauche. Ich kann mich sehr gut auf die nächste Saison vorbereiten», lobt Hischier die Verhältnisse im Schweizer Sport-Mekka, «ich hatte nie ein Problem damit, Militär zu machen, und jetzt ist die RS die perfekte Lösung.»

Generell hat Magglingen aktuell den Charakter eines Eishockey-Klassenlagers. Viele National-League-Cracks sind entweder in der RS oder im WK, auch Luca ist für drei Wochen da. Zweimal am Tag wird trainiert, dazu gibt es Theorie-Lektionen, beispielsweise über Mentaltraining oder Ernährungsberatung, und genügend Zeit für Regeneration. Zum Interview erscheint Nico Hischier in Kleidern mit der Aufschrift «Spitzensportförderung der Armee», erst am kommenden Dienstag wird in Wangen an der Aare das Militärtenü gefasst. Corona hat auch in diesem Bereich den Zeitplan durcheinandergebracht.

Bislang gefällt es dem 21-Jährigen «sehr gut». Aber eigentlich hatte Nico Hischier für das erste Halbjahr 2020 ganz andere Pläne: Zuerst wäre da die NHL-Meisterschaft gewesen, der Versuch, trotz missglücktem Saisonstart noch das Playoff zu erreichen. Anschliessend hätte er normalerweise die Nationalmannschaft als erster Center in die Heim-WM geführt.

«Es ist für alle nicht einfach, im Sport wie in allen anderen Bereichen. Wir sitzen alle im selben Boot.»

Nico Hischier

Nun wartet er darauf, ob und wie irgendwann 24 andere Teams die Saison noch zu Ende bringen – und den Traum von einer WM-Medaille in der Schweiz muss er um Jahre verschieben. Anstatt sich irgendwo in der Wärme von der langen Saison zu erholen, lässt er in Magglingen den Blick aus einem spartanischen Zimmer über den Bielersee schweifen. «Es kam in den letzten Monaten alles ganz unerwartet», sinniert er, «aber es ist für alle nicht einfach, im Sport wie in allen anderen Bereichen. Wir sitzen alle im selben Boot.»

Verschiedene Qualitäten haben Nico Hischier in dieser Zeit geholfen: Er ist ruhig, bodenständig, er hat gelernt, Unabänderliches zu akzeptieren. Deshalb richtete er den Blick schnell wieder nach vorne: «Ich bin positiv eingestellt, das muss man auch, sonst kommt man nicht vorwärts. Meine Einstellung war immer: Es ist für alle gleich, es betrifft jeden, von Jung bis Alt. Wir müssen alle zusammenstehen.»

Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft

Vier Jahre hat er nun schon in Übersee verbracht, die letzten drei in New Jersey. Der erste Schweizer Nummer-1-Draft-Pick hat schon über 200 NHL-Spiele absolviert, ist längst zum «franchise player» geworden, in den nächsten sieben Jahren ist sein Vertrag brutto mit 50,75 Millionen US-Dollar dotiert. Um ihn herum wird die Mannschaft aufgebaut, das sehr junge Team soll bald an glorreiche Zeiten anknüpfen und um den Stanley Cup kämpfen. Hischier ist zuversichtlich: «Wir haben ein sehr junges Team mit vielen guten Typen und guten Spielern. Ich habe volles Vertrauen in den Club, deshalb habe ich auch gesagt, ich will langfristig hier bleiben und mit dem Team zusammen wachsen.»

Die USA sind längst zu seiner zweiten Heimat geworden, dennoch ist er glücklich, dass er die schwierigen Monate in der Schweiz verbringen konnte: «Ich bin vor allem froh, dass ich bei der Familie sein konnte. New York wurde ja von der Pandemie stark getroffen, und ich wäre dort alleine gewesen, weil ja die meisten anderen Spieler auch nach Hause reisten.»

Bewegt haben ihn zuletzt auch die Proteste im Nachgang des brutalen Mordes an George Floyd durch einen Polizisten. Hischier solidarisiert sich mit der Protestbewegung, hat letzte Woche auf seinem Instagram-Profil wie viele andere Sportler den schwarzen Bildschirm und den Hashtag #blackouttuesday gestellt. Er macht aber eine klare Einschränkung: «Leider gibt es auch Leute, die diese Bewegung ausnützen und Dinge zerstören, und das darf es nicht sein.» Gefreut hat ihn aber, dass Sportler für einmal auch klar ihre Stimme in einem politischen Bereich geltend gemacht haben: «Ich finde es sehr wichtig, dass Sportler, Schauspieler und andere aufstehen und dem Land zeigen, dass auch sie dieser Meinung sind.»

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