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Geldblog: Digitale Vermögensverwaltung
Was, wenn sich ein Fonds über lange Zeit nur im Minus bewegt?

Auch bei Vermögensverwaltungen gilt: Das Risiko trägt man immer ganz alleine.
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Seit gut sechs Monaten habe ich bei der Migros Bank die Vermögensverwaltung Focus mit 50’000 Franken laufen. Bisher sah ich eigentlich nur Depotgebühren und unzählige Käufe und Verkäufe. Der Fonds ist bis jetzt im Minus. Ich ärgere mich darüber, besonders weil ich das Gefühl habe, dass nur die Bank von den Aktivitäten profitiert. Soll ich ihn abstossen oder muss ich mich über einen längeren Zeitraum gedulden? Leserfrage von B.U.

Die Vermögensverwaltung Focus ist eine standardisierte, digitale Vermögensverwaltungslösung der Migros Bank. Auch andere Anbieter bieten vergleichbare Produkte an. Dabei konnten Sie aufgrund Ihrer eigenen Prioritäten und Ihrer Risikofähigkeit aus verschiedenen Musterportfolios auswählen und Themen gewichten, die Ihnen wichtig sind. Alles läuft digital mit dem Smartphone: Gemäss Ihren Zielen und Vorzügen erhielten Sie einen Strategievorschlag und konnten auch Ihr Fokusthema festlegen. Die Umsetzung erfolgte über Fonds und das Portfolio wird dann laufend überwacht und falls nötig eine Rebalance vorgenommen.

Nun nach sechs Monaten sind Sie enttäuscht, weil sich Ihr Portfolio im Minus bewegt. Das kann ich gut verstehen: Ja klar, wenn man sein Geld zur Vermögensverwaltung übergibt, wünscht man sich eine Geldvermehrung, aber sicher nicht Verluste, zumal Sie für die Vermögensverwaltung eine Pauschalgebühr von 0,8 Prozent pro Jahr bezahlen, in der neben der Verwaltung auch das Depot und alle Transaktionskosten etc. inkludiert sind. Das Problem bei jeder Vermögensverwaltung ist, dass diese keine Wunder bringen kann – hier sollte man sich keine Illusionen machen – und man immer alleine das Anlagerisiko trägt. Auch die Gebühren zahlt man immer. Egal, ob es beim investierten Geld rauf oder runter geht. Eine Erfolgsgarantie haben Sie bei der Vermögensverwaltung nicht.

So sehr ich Ihren Frust nachvollziehen kann, halte ich einen Buchverlust angesichts der aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten wegen des Krieges in der Ukraine nach ein paar Monaten nicht für einen Grund, gleich die Flinte ins Korn zu werfen und alles zu verkaufen. Eine Anlage und Vermögensverwaltung sollten Sie nie auf kurze Sicht von wenigen Monaten tätigen und beurteilen. Wenn man sich für eine Fondsanlage in Wertschriften wie Aktien, Obligationen etc. entscheidet, sollte man immer einen mehrjährigen Anlagehorizont haben. Bei Portfolios mit einem höheren Aktienanteil von mehr als die Hälfte sollte man sogar einen Anlagehorizont von acht oder zehn Jahren haben.

Persönlich bin ich bei Fokusthemen eher skeptisch und würde stattdessen auf eine möglichst breite Diversifikation ohne Fokus achten.

Nun weiss ich nicht, welches von den verschiedenen Fokusthemen wie technologischer Fortschritt, Dividenden oder Energiewende Sie gewählt haben. Falls Sie beispielsweise das Fokusthema technologischer Fortschritt oder Energiewende gewählt hatten, ist es alles andere als verwunderlich, dass Sie auf Buchverlusten sitzen. Nicht, weil dies eine schlechte Idee war, sondern weil aktuell gerade Aktien aus dem Technologie- und Wachstumsbereich in den letzten Monaten besonders stark unter die Räder kamen. Der Grund dafür liegt neben dem Ukraine-Krieg auch in der Aussicht auf steigende Zinsen in den USA und Europa. Wenn die Zinsen steigen, geraten Wachstumsfirmen, die oft viel Fremdkapital brauchen und teilweise noch keine Gewinne schreiben, besonders unter Druck.

Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass man, wenn man von einer Strategie wirklich überzeugt ist, dieser treu bleiben sollte, auch wenn sich diese kurzfristig nicht so entwickelt, wie man es sich erhofft. Da ich aus Ihren Zeilen einiges an Verunsicherung lese, stellt sich für mich allerdings die Frage, ob Sie wirklich von Ihrer Strategie überzeugt sind. Falls dies nicht der Fall ist, können Sie bei der Vermögensverwaltung Focus Ihren Themenfokus über die App jederzeit anpassen und durch ein anderes ersetzen oder sogar auf ein solches verzichten. Persönlich bin ich bei Fokusthemen eher skeptisch und würde stattdessen auf der Grundlage Ihrer Risikofähigkeit auf eine möglichst breite Diversifikation ohne Fokus achten. Ein Fokus erhöht im positiven Fall die Gewinnchancen, erweist sich aber im negativen Fall unter Umständen als Klumpenrisiko.

Wichtig ist aus meiner Sicht auch, dass Sie sich nochmals genau bewusst werden, worauf Sie sich bei der Vermögensverwaltung einlassen: Dass Sie dafür einen Anlagehorizont von mehreren Jahren benötigen und immer mehr oder weniger starken Kursschwankungen ausgesetzt sein werden. Ich gehe sogar davon aus, dass die Turbulenzen in nächster Zeit sicher nicht abnehmen, sondern aufgrund des Ukraine-Krieges und der steigenden Zinsen und der hohen Inflation eher noch zunehmen werden. Ich würde überprüfen, ob die von Ihnen gewählte Strategie mit Ihren Risikovorstellungen übereinstimmt und dann die Anlage mit einem Anlagehorizont von mehreren Jahren den Spezialisten überlassen, die Sie genau dafür bezahlen. Falls Sie aber grundsätzlich grosse Mühe haben mit starken Kursschwankungen, sollten Sie die Finger von Wertschriftenanlagen lassen, da Sie in nächster Zeit sonst einige schlaflose Nächte erleben könnten.