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Geldblog: Börsenrisiken im Alter
Verluste aussitzen oder verkaufen?

Individuelle Anlagelösungen: Im hohen Alter kann es Sinn machen, etwas Geld auf dem Konto zu lassen.
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Sollen wir den Fond Select der ZKB mit einem hohen Obligationen-Anteil sofort verkaufen oder Augen zu und durch? Die Hälfte der freien Mittel unserer 85-jährigen Mutter stecken leider in diesem Anlageprodukt. Dies sind 240'000 Franken. Der Fond liegt aktuell mit 8000 Franken im Minus. Der Bankberater hat noch im November dazu gedrängt, die Investition in den Fonds massiv zu erhöhen, statt die Liquidität auf dem Konto liegen zu lassen, wie dies aus der Sicht von uns Nachkommen ratsam gewesen wäre. Denn eigentlich müssten die Mittel für allfällige Pflegekosten zur Verfügung stehen. Leserfrage von G.R.

Hinter der Anlagestrategie Select der ZKB steht der Swisscanto (CH) Portfolio Fund Responsible Select. Dieser verspricht regelmässige Erträge, aber nur bescheidene Kapitalgewinne, da er zwar eine breite Diversifikation in verschiedene Anlageklassen wie Aktien und Obligationen bietet, aber den Hauptfokus auf Obligationen legt. Gemäss Fondsprospekt werden mindestens 45 Prozent und höchstens 90 Prozent des Vermögens in Obligationen und mindestens 10 Prozent und höchstens 35 Prozent des Kapitals in Aktien investiert, wobei eine auf Nachhaltigkeitskriterien basierende Strategie umgesetzt wird.

Dank dem Aktienanteil konnten in den letzten Jahren mehrheitlich eine positive Wertentwicklung erzielt und eine Ausschüttung bezahlt werden. Mit Obligationen allein wäre dies nicht möglich gewesen, da Anleihen von erstklassigen Schuldnern in Schweizerfranken und auch im Euro keine oder nur mickrige Renditen bringen.

Seit Anfang Jahr sind die Börsen allerdings stark unter Druck – zuletzt wegen der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges, aber auch weil die Notenbanken der USA und von Europa angesichts der hohen Inflation eine Verschärfung der Geldpolitik in Aussicht gestellt haben und die Zinsen steigen. Angesichts der vielen Unsicherheiten aufgrund des Ukraine-Krieges sind die Aktienkurse zeitweise richtiggehend eingebrochen. In dieser Konstellation wirkt sich nun der Aktienanteil im Fonds belastend aus. Der hohe Obligationenanteil kompensiert dies allerdings nur sehr bedingt. Da die Zinsen nach oben tendieren, sind auch die Kurse von vielen langlaufenden Obligationen unter Druck gekommen.

Diese Kombination führt dazu, dass Ihre Mutter bei dem Fonds zuletzt Buchverluste eingefahren hat, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Fonds im Januar noch eine Ausschüttung getätigt hat. Eine rasche Erholung erwarte ich wie bei vielen Wertschriften auch bei diesem Fonds nicht, da die Unsicherheit bei den Investoren anhält und die Finanzmärkte wohl noch längere Zeit Turbulenzen ausgesetzt bleiben dürften.

Wir alle wissen nicht, wie sich die Finanzmärkte in den nächsten Monaten entwickeln werden.

Im Vergleich zu anderen Fonds schlägt sich der Swisscanto (CH) Portfolio Fund Responsible Select in der aktuell anspruchsvollen Marktphase bislang nicht schlecht, was Ihrer Mutter allerdings nur bedingt hilft. Auch bringt es ihr wenig, wenn ich Ihnen schreibe, dass sich der Fonds auf längere Sicht von mehreren Jahren durchaus wieder erholen könnte, da Ihre Mutter anders als etwa ein junger Mensch keinen langen Anlagehorizont hat.

Vor diesem Hintergrund halte ich es für problematisch, dass der Bankberater Ihrer Mutter erst noch im November eine deutliche Aufstockung der Fondsanteile empfohlen hat, zumal der Fonds nur eine geringe Ausschüttung bringt und mit einer Gesamtkostenquote Total Expense Ratio von 1,29 Prozent nicht als günstig bezeichnet werden kann. Klar hat es auch Nachteile, wenn man Geld einfach auf dem Konto liegenlässt und dieses gar keine Rendite bringt und man im schlimmsten Fall noch Negativzinsen riskiert oder aufgrund der Teuerung auf liquiden Mitteln faktisch Geld verliert. Deshalb rate ich üblicherweise dazu, keine grossen Beträge liquid auf dem Konto zu lassen und diese lieber zu investieren.

Im konkreten Fall Ihrer 85-jährigen Mutter sehe ich es aber anders: In diesem Alter ist der Anlagehorizont eher kurz und man sollte möglichst keine grossen Risiken mehr eingehen. Aufgrund der geringen Ausschüttung kann mit diesem Fonds auch die Teuerung nicht wirklich kompensiert werden, ihre Mutter trägt aber ein Anlagerisiko. Es wäre auch nicht richtig, wenn Ihre Mutter die gesamten 240'000 Franken einfach auf dem Konto liesse, denn dann würde sie Negativzinsen riskieren und hätte gar keinen Ertrag. Ich teile aber Ihre Einschätzung, dass die starke Aufstockung der Fondsanteile im November nicht sinnvoll war, zumal in der Fondsbeschreibung ausdrücklich steht, dass sich dieser nur für Investoren eignet, die «einen mittleren bis langen Anlagehorizont im Auge» haben.

Wir alle wissen nicht, wie sich die Finanzmärkte in den nächsten Monaten entwickeln werden. Da Ihre Mutter noch weitere Mittel hat, besteht kein Grund für eine Panikreaktion, aber ich würde im Sinne einer Schadenbegrenzung positive Markttage nutzen, um schrittweise einen Teil der Fondsposition und damit das Anlagerisiko für Ihre Mutter zu reduzieren und gleichzeitig vom Berater eine Aussprache verlangen.