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Interview zu Mail-Fail
«Meine  Geheimwaffe ist die Sende­verzögerung»

Fehler beim Versenden von E-Mails sind ärgerlich – doch es gibt Abhilfe. 
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BotTalk

Der Fall schlägt hohe Wellen: Das Mail mit einer schlechten Qualifizierung einer Mitarbeiterin ging aus Versehen an alle Angehörigen eines Bundesinstituts. Seither ist das Arbeitsklima vergiftet. Der Organisationspsychologe Christian Fichter ist Forschungsleiter an der Kalaidos-Fachhochschule und Autor eines E-Mail-Knigge. Er erklärt den richtigen Umgang mit solchen Mail-Fails.

Herr Fichter, welche Tricks gibt es, um solche Fails zu verhindern?

Meine persönliche Geheimwaffe ist die Sendeverzögerung. Man stellt das Mailprogramm so ein, dass es nach dem Klick auf Senden noch eine Minute wartet, bis das Mail rausgeht.

Eine volle Minute?

Das braucht man 99-mal nicht. Aber beim hundertsten Mal rettet es einem den Kragen. Das funktioniert, weil unser Gehirn nach dem Klick auf Senden noch unbewusst weiter daran rumstudiert, was wir gerade gemacht haben. Das hilft übrigens auch gegen das Vergessen von Attachments.

«Dann sucht man das Gespräch mit dem Absender und macht sich daran, die Sache aufzuarbeiten.»

Haben Sie eine weitere, vielleicht nicht so geheime Waffe?

Was ich bei so einem wichtigen Mail zusätzlich machen würde: das Mail als Entwurf speichern, mit leerem «an:»-Feld, und dann warten. Eine Stunde oder besser noch einen Tag. Meist sieht die Welt dann anders aus. Und wenn nicht, so kann ich mir meines Mails umso sicherer sein.

Sind solche Vorkommnisse Zufall, oder haben sie mit Organisationskultur zu tun?

Es fällt mir schwer, hier an einen Zufall zu glauben. Es werden jeden Tag Mails an falsche Adressaten verschickt, aber nicht jeden Tag wird so viel Schmutz an die Oberfläche gespült. Ich kann von aussen keine Diagnose stellen, aber es ist anzunehmen, dass hier mehr dahintersteckt als nur ein einmaliges Versehen.

«Direkt Betroffene sollten von einer vertrauenswürdigen Stelle begleitet werden»: Wirtschaftspsychologe Christian Fichter.

Und wenn es passiert ist: Wie begrenzt man den Schaden für die Betroffenen?

Direkt Betroffene sollten von einer vertrauenswürdigen Stelle begleitet werden, einer Ombudsperson oder einer psychologisch geschulten Person aus der Personalabteilung. Dann sucht man das Gespräch mit dem Absender und macht sich daran, die Sache aufzuarbeiten.

So viel Aufarbeitung für ein eigentlich kleines Malheur?

Es geht ja meist nicht nur um den aktuellen Lapsus, sondern solche Vorfälle haben eine längere Geschichte, die aufgearbeitet werden muss. Leider fehlt es kleineren Organisationen meist an einer solchen Stelle, sodass man entweder damit leben – oder sich trennen muss.

«Die Entschuldigung muss schnell erfolgen und aufrichtig sein.»

Braucht es also ein neues Mail an alle?

Es kommt drauf an. Ist es ein einmaliges Vorkommnis? Dann würde ich mich mit einem einzelnen, wohlformulierten und aufrichtigen Mail erklären. Mehr nicht, sonst würde das unnötig aufgekocht. Wenn es aber der Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen bringt, so würde ich das zum Anlass nehmen, die Unternehmenskultur sorgfältig zu analysieren und zu verbessern.

Wie bittet man korrekt um Entschuldigung?

Natürlich braucht es eine Entschuldigung, alles andere wäre ein Mangel an Respekt oder Charakter oder beides. Die Entschuldigung muss schnell erfolgen und aufrichtig sein. Viel entscheidender sind aber zwei andere Sachen.

Verraten Sies mir.

Erstens, ob der Entschuldigung auch Taten folgen oder ob einfach genauso weitergemacht wird. Und zweitens: ob die Entschuldigung von jemandem kommt, dem man die Entschuldigung auch abnimmt, weil man auf eine von Vertrauen geprägte Zusammenarbeit zurückblicken kann. Das lässt sich natürlich nicht im Nachhinein konstruieren.