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Staatsangestellte streiken
«Was jetzt in der Waadt passiert, kann eine Signal­wirkung für die Deutsch­schweiz haben»

Ein Teil des Waadtländer Staatspersonals wird auch am Donnerstag streiken. Letzte Woche forderten rund 8000 Personen einen Teuerungsausgleich von 3 Prozent.
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Der Arbeits- und Lohnkampf der Waadtländer Staatsangestellten geht weiter. Am Donnerstag wird ein neuer Streiktag stattfinden, der nunmehr fünfte seit Dezember. Das kündigen die Gewerkschaft VPOD und zwei weitere, kleinere Syndikate an. Letzte Woche fiel der Schulunterricht an vielen Waadtländer Primar- und Sekundarschulen und den allermeisten Gymnasien aus. 2000 Lehrerinnen und Lehrer hatten an diesem Tag ihre Arbeit niedergelegt. Die Staatsangestellten fordern nach wie vor 3 Prozent mehr Lohn. Der Staatsrat bietet seinem Personal – und im Übrigen auch sich selbst – einen Teuerungsausgleich von 1,4 Prozent an. Daran hält die von FDP und Mitte dominierte Regierung nach wie vor fest.

VPOD-Regionalsekretär David Gygax sagt: «Der Widerstand der Staatsangestellten gegen die Blockadehaltung der Regierung wird grösser. Es gibt klare Anzeichen dafür, dass sich am kommenden Streik- und Aktionstag noch mehr Leute beteiligen als an jenem von letzter Woche.» 8000 Personen sollen sich am Ende im Demonstrationszug befunden haben, als dieser am Abend vor dem Departement von Finanzdirektorin Valérie Dittli (Mitte) haltmachte. Auch Polizisten zogen im Demonstrationszug mit. Für sie gilt arbeitsrechtlich zwar ein Streikverbot, bei Kundgebungen dürfen sie als Polizisten gekennzeichnet aber mitmachen.

Ein schwieriges Treffen

Gewerkschafter Gygax beobachtet, dass es in dieser Woche vor allem bei den halbstaatlichen Institutionen wie Spitälern und Sozialeinrichtungen, aber auch bei den Verwaltungsangestellten selbst eine grössere Mobilisierung gibt. Zu einer ähnlich grossen Kundgebung kam es in der Waadt letztmals vor 15 Jahren. Am 31. Januar 2008 protestierten 12’000 Staatsangestellte in den Strassen Lausannes gegen das neue Lohnraster des Kantons. 

Der Waadtländer VPOD-Gewerkschafter David Gygax sagt, der Widerstand des Staatspersonals gegen die  Blockadehaltung der Regierung werde grösser. 

Natürlich werden die Gewerkschaften von bürgerlichen Politikern für ihr Vorgehen kritisiert. Doch David Gygax sieht die Schuld vor allem bei der Kantonsregierung. Er sagt: «Die Lohnverhandlungen bestanden darin, dass uns eine Delegation des Staatsrats im Dezember zu einer Sitzung empfing, eine Powerpoint-Demonstration zeigte, wobei die Staatsräte bei der anschliessenden Diskussion vor allem damit auffielen, dass sie mit ihren Mobiltelefonen herumspielten. Nach einer Stunde sagte man uns: Das wars, au revoir!» Das sei unseriös und eine Geringschätzung gegenüber den Arbeitnehmenden, so Gygax.

Es geht nicht nur um Geld

Was in der Waadt gerade passiert, wird auch aus der VPOD-Zentrale in der Deutschschweiz unterstützt. Natascha Wey, Generalsekretärin beim VPOD Schweiz, sagt: «Die Proteste in der Waadt sind Ausdruck starker Unzufriedenheit, in der Deutschschweiz ist man häufig zurückhaltender.» Klar sei, dass man von Gewerkschaftsseite in diesem Jahr die Lohnverhandlungen als Teil der Teuerungskampagne schweizweit stärker begleite als in den letzten Jahren, und da werde man nicht lockerlassen.

Aber nicht überall gehe es nur um Geld, stellte die Gewerkschafterin klar. Bei Gesundheitsberufen, Sozialarbeitern und in der Kinderbetreuung wirke sich der Fachkräftemangel negativ auf die Arbeitsbedingungen aus. Leute würden aufwendig ausgebildet, doch wenn sie einmal im Berufsleben stünden, seien Freiheiten und Autonomie so klein und der Alltagsdruck so gross, dass viele wieder ausstiegen. «Spätestens beim Frauenstreik im Juni wird man das auch in der Deutschschweiz zu sehen bekommen», prophezeit Natascha Wey.

«Noch ist es in der Deutschschweiz relativ ruhig, aber das wird sich ändern.»

Viviane Hösli, Gewerkschaft VPOD Luzern

Viviane Hösli, Regionalsekretärin des VPOD in der Innerschweiz, schliesst nicht aus, dass es in einigen Monaten im Kanton Luzern ähnliche Kundgebungen geben könnte wie derzeit in der Waadt. Die grössten Spannungen sieht sie zurzeit beim Gesundheitspersonal, bei Angestellten in Kulturbetrieben und den Lehrerinnen und Lehrern. «Insbesondere die Lehrpersonen sind von ihrem Arbeitgeber enttäuscht», sagt Viviane Hösli. Deren Lohnerhöhung betrage 1,5 Prozent. Von diesen deckten aber nur 0,3 Prozent die Teuerung ab, den Rest bekämen die Lehrerinnen und Lehrer für den Stufenanstieg, der ihnen gemäss dem Personalgesetz zustehe. Wegen der Sparpolitik im Kanton Luzern sei genau dieser Stufenanstieg in den letzten Jahren immer wieder entfallen. Einen Teuerungsausgleich habe die Regierung für dieses Jahr schon gar nicht budgetiert. 

Im letzten November kam es in Luzern bereits zu einem Protest der Intensivpflege-Fachpersonen. Sie forderten die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat des Kantonsspitals auf, den Lohn des Personals auf den Intensivpflegestationen zu erhöhen. Rund 3000 Personen hätten daraufhin eine entsprechende Petition unterschrieben, sagt Viviane Hösli. Jetzt begännen die Gespräche mit den Spitalverantwortlichen darüber.  

Viviane Hösli sagt: «Was jetzt in der Waadt passiert, kann eine Signalwirkung für die Deutschschweiz haben. Noch ist es relativ ruhig, aber das wird sich ändern.»