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Massenstreik in der Waadt
Tausende Schüler haben keinen Unterricht

Gegen 5000 Staatsangestellte sind am Dienstag in Lausanne für Lohnerhöhungen auf die Strasse gegangen. Es war die zweite Kundgebung innert weniger Tage.
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Der Konflikt zwischen der Waadtländer Regierung und dem Staatspersonal hat sich schon seit Wochen hochgeschaukelt. Jetzt mündet er in einen offenen Arbeitskampf. Hunderte Lehrerinnen und Lehrer haben am Dienstag im ganzen Kanton Waadt ihre Arbeit niedergelegt. Für Tausende Schülerinnen und Schüler der Primar- und Oberstufen und Gymnasien fiel der Schulunterricht aus. Im besten Fall gab es alternative Betreuungsangebote.

Am Nachmittag und am Abend strömten die Staatsangestellten zu Tausenden nach Lausanne. An Kundgebungen vor dem Kantonsparlament und dem Regierungssitz forderten sie, dass ihre Löhne der Teuerung angepasst werden. Die Waadtländer Regierung gesteht 1,4 Prozent mehr Lohn zu. Die Staatsangestellten fordern 3 Prozent, auch weil die Stadt Lausanne, die Nachbarkantone Genf, Neuenburg und Freiburg sowie die Städte Zürich und Basel grosszügiger seien.

Protest in eisiger Kälte

VPOD-Gewerkschaftssekretär David Gygax steht bereits morgens um 6 Uhr vor dem Lausanner Universitätsspital. In eisiger Kälte verteilt er Flyer, damit sich Pflegende, Ärztinnen und Physiotherapeuten an diesem Tag dem allgemeinen Protest anschliessen. Für Mittag haben Gygax und der VPOD einen Protest vor dem Universitätsspital organisiert. «J’y serai!» (Ich werde da sein!), versichern ihm viele Spitalangestellte, bevor sie durch die Schleuse im Gebäude verschwinden. 

«Die Mobilisierung wird grösser», sagt der Waadtländer VPOD-Gewerkschafter David Gygax.

Gygax ist zufrieden. Zuspruch hat er erwartet. Er sagt: «Die Mobilisierung wird grösser. Die Proteste weiten sich aus.» Bereits letzte Woche strömten 3000 Staatsangestellte auf die Strassen, und in zahlreichen Schulen fiel der Unterricht aus. Doch laut den Gewerkschaften hat sich diese Woche die Zahl der Streikenden verdoppelt. 
Diese Dynamik macht die Waadtländer Regierung merklich nervös. Im Gremium haben seit dem Sommer 2022 FDP und Mitte das Sagen. Am Montagabend, am Vorabend des Streiks, antwortete die Regierung auf Forderungen, die die Gewerkschaften vier Tage zuvor schriftlich gestellt hatten. 

Man habe im Dezember 182 Millionen Franken für Lohnerhöhungen bereitgestellt, heisst es in dem von Regierungspräsidentin Christelle Luisier (FDP) unterzeichneten Schreiben. Luisier signalisiert, mehr Geld gebe es nicht, aber man sei bereit, über andere Dossiers zu diskutieren: die Bekämpfung von Mobbing und Belästigung am Arbeitsplatz, Lohngleichheit, Nachtarbeit und Schutz von Whistleblowern.

Das Personal des Universitätsspitals Lausanne will nicht nur höhere Löhne, sondern auch mehr Anerkennung.

VPOD-Mann Gygax schüttelt vor dem Unispital den Kopf. Er wirft der Regierungspräsidentin «komplette Realitätsverzerrung» vor. Die 182 Millionen Franken enthielten Lohnerhöhungen, zu denen der Staat von Gesetzes wegen verpflichtet sei, sowie einen einmaligen Teuerungsausgleich für Kantonsangestellte mit den tiefsten Löhnen.

Auch Polizisten demonstrieren

Am Mittag findet vor dem Unispital eine erste Kundgebung statt. Rund 250 Arbeitnehmende stehen da: Physiotherapeutinnen, Pflegende, Ärztinnen, Logistiker. Es geht längst nicht nur ums Geld. Es geht auch um permanenten Druck, ausgedünnte Teams und mangelnde Wertschätzung. 

«Eine Regierung sollte sich Verhandlungen nicht verweigern.»

Pierre-Yves Maillard, Präsident Schweizerischer Gewerkschaftsbund und Ex-Regierungsrat

Am Abend folgt dann der grosse Aufmarsch vor dem Parlamentsgebäude, wo der Kantonsrat den ganzen Tag getagt hat. Gegen 5000 Personen sind da. Auch Kantonspolizisten protestieren gegen die Regierung, während Lausanner Stadtpolizisten für die Sicherheit der Kundgebung zuständig sind. Von Pierre-Yves Maillard, SP-Nationalrat und Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, wird eine Botschaft verlesen. Maillard kritisiert die Regierung. Als ehemaliger Waadtländer Regierungsrat müsse er sich zwar etwas zurückhalten, aber eine Regierung sollte sich Gesprächen und Verhandlungen nicht verweigern, wird Maillard zitiert.

Reden will die bürgerliche Regierungsspitze mit den Arbeitnehmern durchaus, aber nicht über einen Lohnausgleich und auch nicht sofort. Erst am 23. Februar um 9 Uhr hat die Regierung Zeit. Doch die Gewerkschaften führen eine andere Agenda. Sie bereiten schon den nächsten Streiktag vor. Er soll am 9. Februar stattfinden. Das Kräftemessen zwischen den Staatsangestellten, den Gewerkschaften und der Waadtländer Regierung ist in vollem Gang.