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Finanzhilfen des Bundes
Was den Streit um die Kita-Gelder so kompliziert macht

Je nach Kanton unterscheidet sich die Situation der Krippen in der Corona-Krise stark.
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Für einmal stellte sich SVP-Nationalrätin Nadja Umbricht Pieren gegen ihre Fraktion. Die Bernerin ist Inhaberin einer Kindertagesstätte und sagt: «Ich habe an der Front erlebt, wie die Corona-Krise die Kitas im Mark traf.»

Das Parlament debattierte in den vergangenen zwei Tagen darüber, ob und in welchem Umfang der Bund die gebeutelte Betreuungsbranche unterstützen soll. Der Bundesrat stellte sich auf den Standpunkt, die Finanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung sei Sache von Kantonen und Gemeinden. Er lehnte Bundeshilfen für die Kinderkrippen daher ab – genauso wie die SVP.

Umbricht Pieren hingegen argumentiert, der Staat habe den Krippen in der Corona-Krise Auflagen gemacht, die bei einem Vollbetrieb gar nicht einzuhalten gewesen wären. «Ich musste Kleingruppen mit maximal fünf Kindern bilden – und brauchte dafür an einigen Tagen mehr Personal als in normalen Zeiten.» Die Mitarbeiterinnen in Kurzarbeit zu schicken, sei daher keine Option gewesen.

Die SVP-Frau sprach sich deshalb, wie die Mehrheit von National- und Ständerat, dafür aus, dass der Bund einen Beitrag an die Rettung der Kitas leistet und mindestens ein Drittel der Kantonsausgaben übernimmt.

Nadja Pieren (SVP) will, dass der Bund die Krippen in der Krise unterstützt.

Kantonaler Flickenteppich

Die Lage sei verzwickt, sagt Prisca Mattanza vom Verband Kinderbetreuung Schweiz (Kibesuisse). Sie verweist darauf, dass der Bund die Kitas für systemrelevant erklärte und den Kantonen untersagt hat, diese ersatzlos zu schliessen. Gleichzeitig hätten Behörden und Fachpersonen an die Eltern appelliert, ihre Kinder wenn immer möglich zu Hause zu betreuen. Die Folge: Viele Betreuungsplätze blieben leer.

Nun stellt sich also die Frage, wer für die Ausfälle bezahlen soll: Die Eltern? Die Gemeinden, die Kantone oder der Bund?

Heute präsentiert sich die Situation je nach Kanton unterschiedlich. In Bern übernehmen der Kanton und die Gemeinden bis am 16. Mai sämtliche Kosten für nicht genutzte Plätze. Im Aargau hingegen waren die Betreuungseinrichtungen stets für alle Kinder geöffnet. Der Kanton sieht deshalb bislang weder für Eltern noch für Krippen Entschädigungen vor. In solchen Fällen fliessen künftig wohl auch keine Bundesgelder.

«Dieser Flickenteppich wäre vermeidbar gewesen», sagt Prisca Mattanza. Fakt sei, dass ein Grossteil der Schweizer Betreuungsinstitutionen die Corona-Krise ohne Finanzhilfen oder Elternbeiträge nicht überlebe.

Jahrelange Aufbauarbeit gefährdet?

Auch die Kantone hoffen dringend auf Hilfe vom Bund. Dieser dürfe «jetzt nicht kneifen», sagt Martin Klöti, St. Galler Regierungsrat und Präsident der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren. Sonst setze er «Strukturen aufs Spiel, deren Aufbau er über Jahre mit viel Geld unterstützt hat». Klöti spielt damit auf ein Impulsprogramm des Bundes an, das in den letzten 17 Jahren mehrfach verlängert wurde. Mit fast 400 Millionen Franken unterstützte der Bund in dieser Zeit die Schaffung von rund 63’000 neuen Betreuungsplätzen.

Geht es nach dem obersten Sozialdirektor des Landes, soll der Bund seine Zahlungen unabhängig davon ausrichten, ob ein Kanton seine Krippen finanziell unterstützt. «Sonst stehen wir schon vor der nächsten Knacknuss: Denn vielerorts sind es die Gemeinden, welche die Entschädigung von Betreuungseinrichtungen übernommen haben.»

«Frech» findet SVP-Nationalrat Pirmin Schwander die vielfältigen Forderungen an die Adresse des Bundes. Die Zuständigkeiten seien klar geregelt. «Wenn jetzt der Bund hier auch noch Geld einschiessen muss, ist das eine Dynamik, die finanzrechtlich mehr als fraglich ist», so der Schwyzer.

Im Parlament teilten allerdings nur die wenigsten seine Meinung. Dass es in der Corona-Krise Bundesgelder für die Krippen geben wird, steht nach zwei Tagen Sondersession fest. Total 65 Millionen Franken wollen National- und Ständerat dafür aufwenden.

Vorstoss für Gratis-Krippen

Im links-grünen Lager keimen derweil bereits Ideen, wonach die Kinderbetreung nach der Krise auf ganz neue Beine gestellt werden soll. So reichte die grüne Nationalrätin und VPOD-Präsidentin Katharina Prelicz-Huber in der Sondersession eine parlamentarische Initiative ein, die verlangt, dass die familienergänzende Betreuung als Teil des Service public in der Verfassung verankert wird. Bis zum Ende der Volksschulzeit sollen Krippen, Horte und ähnliche Einrichtungen demnach allen Kindern gratis zur Verfügung stehen.

Geradezu fassungslos reagiert SVP-Mann Schwander auf den Vorstoss. «Wer jetzt mit solchen Begehrlichkeiten kommt, verkennt nicht nur die Realität, sondern nutzt auch die aktuelle Notsituation schamlos aus», findet er.