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Bundesrats-Pressekonferenz am Mittwoch
20-Milliarden-Topf für Corona-Notkredite reicht nicht

Die Zusammenfassung der Pressekonferenz der Medienkonferenz vom 1. April mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter und Bundesrat Guy Parmelin.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Zahl der in der Schweiz nachgewiesenen Covid-19-Infektionen ist auf 17'139 angestiegen.
  • Der Bundesrat will das Geld für Notkredite von derzeit 20 Milliarden Franken weiter erhöhen.
  • Im Asylwesen kommt es wegen der Corona-Krise zu Änderungen.

Zusammenfassung

Laut Wirtschaftsminister Guy Parmelin gibt es in der Schweiz momentan keine Versorgungsprobleme im Lebensmittelbereich. Die am Mittwoch getroffenen Massnahmen zur Stabilisierung der Agrarmärkte seien Vorsichtsmassnahmen.

Das sagte Parmelin am Mittwoch vor den Bundeshausmedien in Bern. Die getroffenen Massnahmen würden in den normalen Rechtsbereich fallen und ordentlichen Verordnungen entsprechen.

Der Bundesrat hat am Mittwoch Massnahmen zur Abfederung der Folgen der Corona-Krise auf den Agrarmärkten beschlossen. So sollen unter anderem Lebensmittel-Importe flexibilisiert werden, um auf Engpässe reagieren zu können.

Um die der Nachfrage nach Eiern und Butter nachzukommen, hat der Bundesrat deshalb die Zollkontingente erhöht. Dadurch sollen diese Produkte vermehrt aus dem Ausland importiert werden können. Ebenfalls wurden die Bestimmungen für die Kontrolle von importierten Lebensmitteln vorübergehend gelockert.

Um den Fleischmarkt zu stabilisieren, investiert der Bundesrat zudem drei Millionen Franken für die Einlagerung des Fleisches. Eingelagert werden soll Gourmet-Fleisch wie Kalbfleisch, Gitzifleisch und Edelstücke beim Rindfleisch. Dieses wird normalerweise vor allem in Restaurants konsumiert und ist deshalb zurzeit wenig nachgefragt.

Keller-Sutter: «Aussetzung der Asylverfahren ist keine Option»

Justizministerin Karin Keller-Sutter hat die neuen Coronamassnahmen im Asylbereich verteidigt. Ein Stillstand komme für den Bundesrat nicht infrage. «Die Asylverfahren einfach auszusetzen, ist keine Option.»

Es sei zentral, dass die Schweiz auch in der laufenden Krisensituation rechtsstaatlich korrekt handle, sagte Keller-Sutter. Dazu gehöre auch ein faires Asylverfahren. Der Bundesrat wolle nicht in Verfahrensrecht eingreifen.

Eine Sistierung von Asylverfahren würde laut dem Bundesrat innert kürzlicher Frist zu Engpässen in der Unterbringung und im Vollzug führen. Derzeit sei die Lage unter Kontrolle, obwohl nur die Hälfte der rund 4300 Plätze in Bundesasylzentren belegt werden könne, sagte die Justizministerin.

Ziel sei es, bis im Sommer rund 5000 Plätze zu haben. «Die Kantone brauchen mehr Raum.» Der Bund habe deshalb die Zuweisungen an die Kantone gegen unten angepasst. Das sei möglich, weil die Zahl der Asylgesuche derzeit tief sei. «Von einer Migrationskrise ist die Schweiz weit entfernt.» Trotz restriktiver Grenzkontrollen gebe es aber weiterhin Eintritte in Bundesasylzentren.

Justizministerin Keller-Sutter untermauerte, dass Personen kein Anrecht auf die Durchführung eines Asylverfahrens hätten, wenn sie aus einem sicheren Drittstaat einreisten. Das sei bei allen Nachbarländern der Fall.

Krisenstab im Einsatz

Die neuen getroffenen Massnahmen waren offenbar nicht unumstritten. «Ich verhehle nicht, dass es nicht ganz einfach war, einen Konsens zu finden», sagte Keller-Sutter. Sie bedankte sich bei den Kantonen und Rechtsschutzorganisationen für die Zusammenarbeit.

«Wir stehen alle vor beträchtlichen Herausforderungen», sagte Mario Gattiker, Staatssekretär für Migration. Ein Krisenstab mit Vertretern von Bund und Kantonen sorge derzeit dafür, dass die Massnahmen koordiniert würden.

Gattiker präzisierte die Regeln unter dem neuen Asylregime. Demnach können Rechtsvertreter weiterhin an Befragungen teilnehmen, sind aber dazu nicht mehr verpflichtet. Sie könnten dann «per Skype zugeschaltet» werden. Es gehe um Fälle, in denen Rechtsbeistände nicht mehr in der Lage seien zu erscheinen, sagte Keller-Sutter. Das sei etwa im Tessin der Fall.

Bereits jetzt sorgten Plexiglasscheiben in Befragungsräumen dafür, dass die Hygieneregeln des Bundes eingehalten würden, sagte Gattiker weiter. Zudem werde die Verschiebung von Personen so weit es geht unterbunden.

Nichts ändern soll sich laut Gattiker an den Abgeltungspauschalen für Rechtsschutzorganissationen. Er machte schliesslich klar, dass der Bezug von Militärunterkünften wenn immer möglich einvernehmlich erfolgen soll. Weitere Gespräche dazu seien im Gang.

Die vollständige Pressekonferenz im Video:

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Prüfung einer Anpassung der Test-Kriterien

In der Schweiz gibt es gemäss Daniel Koch vom BAG keine Engpässe bei Coronavirus-Tests. Allein seit Dienstag seien 16'000 solcher Tests durchgeführt worden.

Anfang März lag die Kapazität noch bei 1000 Tests pro Tag. Ob das BAG die Kriterien ausweiten werde, um noch mehr Tests durchzuführen, werde zur Zeit abgeklärt, sagte Koch am Mittwoch vor den Bundeshausmedien. Das werde aber sicher nur gemacht, wenn es sich als sinnvoll erweisen sollte.

Verschiedene Medien hatten in den vergangenen Tagen kantonale Gesundheitsverantwortliche zitiert, die über einen Mangel an Testmaterial geklagt hatten.

Schweizer fliehen in Zweitwohnungen

In den vergangenen Wochen berichteten Medien davon, dass Zweitwohnungsbesitzer derzeit vorübergehend in ihre Ferienwohnungen ziehen. Die Gemeinden beschweren sich darüber. Rechtlich gesehen können die Gemeinden jedoch nicht gegen die ungebetenen Gäste vorgehen, erklärt Karin Keller-Sutter. Die Bewegungsfreiheit gelte in der Schweiz noch immer. «Besitzer können mit ihrem Eigentum verfahren, wie sie möchten.» Die Bundesrätin bittet die Bevölkerung jedoch, Zuhause zu bleiben. «Es ist eine Frage der Solidarität, dass man nicht alles in Anspruch nehmen kann.»

Lockerung der Massnahmen nicht in Sicht

Mehrere Journalisten sprechen die anwesenden Bundesräte sowie die Experten auf allfällige Lockerungen der Massnahmen des Bundes an. «In der Schweiz gibt es derzeit über 17'000 Coronafälle», sagt Daniel Koch vom BAG. Da die Fälle immer noch zunehmen würden, sei eine Lockerung der Massnahmen nicht in Sicht.

Sonderregelung für Senioren im Tessin

Im Tessin dürfen Senioren über 65 Jahren nach wie vor nicht selber einkaufen gehen. Bei Zuwiderhandeln droht den Betroffenen eine Busse. Wieso wird diese Sonderregelung vom Bundesrat toleriert? Gemäss Daniel Koch, Leiter übertragbare Krankheiten des BAG, ist dem Bund diese Problematik bekannt. Der Fall werde noch geklärt, sagt Koch. Er bittet darum, sich mit dem Thema für weitere Ausführungen an Bundesrat Alain Berset zu wenden.

Aufnahme von Flüchtlingen erschwert

Die Justizministerin wird auf die neuste Flüchtlingskrise in Griechenland angesprochen. Bei einer früheren Medienkonferenz habe Keller-Sutter gesagt, dass die Schweiz die Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen prüfe. Wegen der Transportlage sei es derzeit für die Schweiz jedoch schwierig, hilfsbedürftige Flüchtlinge zu übernehmen, sagt Keller-Sutter. Das Staatssekretariat für Migration SEM arbeite derzeit daran, diese Probleme zu lösen. «Es handelt sich um rund zehn Anträge seitens Griechenland zur Übernahme von Jugendlichen», so Keller-Sutter.

In der Zwischenzeit werde weiter humanitäre Hilfe vor Ort geleistet, fügt die Bundesrätin an. Unter anderem würden Spezialisten dort arbeiten und die Zusammenarbeit mit den Ländern gehe weiter.

Disziplin vs. noch schwerwiegendere Massnahmen

Eine Journalistin spricht die anwesenden Bundesräte auf das bevorstehende Wochenende sowie die kommenden Ostern an. Die Wetterprognosen versprechen warme Temperaturen und sonniges Wetter. Wird der Bundesrat handeln, wenn die Menschen in der Schweiz trotz Verhaltensregeln in Massen nach draussen strömen?

«Wir sind in der Mitte eines Marathons», mahnt Bundesrat Guy Parmelin. Er appelliert an die Bevölkerung, jetzt nicht mit der Disziplin nachzulassen. Der Wirtschaftsminister warnt davor, dass bei einer Verschlechterung der Lage durch eine weitere Ausbreitung noch schwerwiegendere Massnahmen denkbar wären.

Wie geht es nach der Corona-Krise weiter?

Wirtschaftminister Guy Parmelin sagte bereits bei seinen Ausführungen, dass es ein «Leben nach der Krise geben» werde. Klar sei jedoch, dass man nicht «per Knopfdruck zur Normalität zurückkehren» werde, erläutert Parmelin. Das Seco prüfe derzeit verschiedene Szenarien nach der Corona-Krise. Auf ihnen basierend werde dann entschieden, welche Massnahmen getroffen werden.

Härtefälle an der Grenze

Die Justizministerin spricht über die mehr als 3000 Härtefälle, die seit dem 17. März trotz Beschränkungen an den Grenzen in die Schweiz einreisen konnten. «Es braucht einen dringenden Grund, warum man in die Schweiz muss», sagt Karin Keller-Sutter. Beispiele seien erkrankte Angehörige oder Gerichtsvorladungen. Einkaufstourismus und Langeweile seien kein Grund für eine Bewilligung.

Genügend Platz im Asylwesen

Die aktuelle Problematik im Asylwesen betreffe aktuell den Platz in den Asylzentren, antwortet Bundesrätin Keller-Sutter auf eine Frage. «Um die Verhaltensregeln des Bundesrats einzuhalten, können wir nicht alle Plätze an einem Standort belegen», so Keller-Sutter. «50 Prozent der Plätze sind belegt, 50 Prozent bleiben frei.» Deshalb werde die Kapazität bei Bedarf erhöht. Grundsätzlich habe es im Asylwesen genügend Plätze.

Versorgung weiterhin gesichert

Die Bundesräte sowie die anwesenden Experten haben ihre Ausführungen beendet. Nun folgt die Fragerunde zu den neuen Entscheiden des Bundesrates. Viele Entscheide betreffen die Landwirtschaft. Ist die schweizweite Lebensmittel-Versorgung gefährdet? «Nein, Sie müssen sich keine Sorgen um die Versorgung mit Lebensmitteln machen», sagt Wirtschaftminister Guy Parmelin. Diese sei weiterhin gesichert. Die Entscheide hätten das primäre Ziel, den Markt zu unterstützen.

Keller-Sutter: Das Asylwesen muss weiter funktionieren

Bundesrätin Karin Keller-Sutter äussert sich zum Asylwesen. Dieses müsse auch in der Krise funktionieren. Die Asylverfahren werden nicht sistiert, weil dies zu Kapazitätsproblemen bei der Unterbringung führen würde. Dann könnten die Richtlinien des BAG nicht mehr eingehalten werden.

Es gebe derzeit nur wenige Personen, die in die Schweiz einreisen wollten, sagt Keller-Sutter. Die verhängten Einreisebeschränkungen gelten auch für Asylsuchende.

Es wurden stillgelegte Zentren wieder aktiviert, um mehr Platz zu schaffen und die Abstandsregeln des BAG einhalten zu können. Derzeit sind es über 4000 Betten, fast doppelt so viele, wie normal. Gefährdete werden separat untergebracht und Infizierte werden isoliert (alle Entscheide des Bundesrats zum Asylwesen finden Sie detailliert weiter unten im Ticker).

«Die Gesundheit aller Beteiligten soll geschützt werden, ohne das Asylwesen auszusetzen», sagt Keller-Sutter. Nehme der Bund seine rechtsstaatliche Pflicht im Asylsystem nicht wahr, würde das Problem lediglich an die Kantone abgewälzt.

Bundesrat spricht erweiterte Hilfe

Bundesrat Guy Parmelin stellt eine Liste von Massnahmen zur Vermeidung von Härtefällen vor. Er zeigt sich zudem zufrieden mit den bisher umgesetzten Massnahmen. Milliarden an Krediten seien unbürokratisch ausgesprochen worden.

Künftig sollen die Hilfen des Bundes ausgeweitet werden, zum Beispiel auf betroffene Branchen wie Taxifahrer und die Reisebranche.

«Es wird ein Leben nach der Krise geben», betont Parmelin. Diese sei aber ohne wirtschaftlichen Schaden nicht zu überwinden. Der Bundesrat will diesen so klein wie möglich halten. Ziel sei es, dass die gesundheitliche Situation eine schnellstmögliche Rückkehr zur Normalität ermöglicht.

Die heutige Medienkonferenz

Zur heutigen Bundesratssitzung zum Thema Coronavirus findet eine Medienkonferenz statt. Justizministerin Karin Keller-Sutter sowie Wirtschaftsminister Guy Parmelin informieren über den aktuellen Stand und verschiedene Entscheide (alle Entscheide des Bundesrats finden Sie weiter unten im Ticker).

Parmelin wird sich zu Massnahmen in der Landwirtschaft äussern und Keller-Sutter zum Asylwesen während dem Corona-Lockdown. Als Gast wird sich dazu auch Baschi Dürr, Sicherheitsdirektor des Kantons Basel-Stadt, äussern.

20-Milliarden-Topf für Notkredite: Es braucht mehr Geld

Der Bundesrat erwägt die Unterstützung für die Wirtschaft auszubauen. Profitieren sollen insbesondere Selbständige, die wegen der Coronavirus-Pandemie ihr Einkommen verloren haben.

Nicht rückzahlbare Betriebs-Subventionen lehnt der Bundesrat ab

  • Der Bundesrat erachte eine flächendeckende Abdeckung aller geforderten Entschädigungen mittels A-fonds-perdu-Beiträgen als nicht erfüllbar.
  • Als Gründe nennt die Regierung die beschränkten Kapazitäten der Vollzugsstellen, die Schwierigkeiten beim Nachweis eines Schadens, aber auch die Risiken für die Staatskassen.
  • Die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen wäre gefährdet, warnt der Bundesrat.
  • Er will bei seiner Strategie bleiben, die wirtschaftlichen Folgen bei den unmittelbar betroffenen Wirtschaftsbereichen, Arbeitnehmenden und Selbständigen gezielt abzufedern.
  • Eine generelle Kompensation von Umsatz- oder Gewinneinbussen habe er bisher explizit nicht angestrebt.
  • Dank dieser Strategie sei er in der Lage, eine mehrmonatige Krise zu überbrücken, so der Bundesrat.

Der Bund unterstützt heute Unternehmen mit der Verbürgung von Notkrediten. Diese müssen grundsätzlich zurückgezahlt werden. Inzwischen ist die Forderung laut geworden, die Wirtschaft mit nicht rückzahlbaren Beiträgen zu unterstützen.

Mehr Geld für Notkredite

  • Die Nachfrage nach Überbrückungskrediten ist gross, zu Wochenbeginn waren bereits sieben Milliarden Franken vergeben.
  • Es zeichnet sich ab, dass die dafür vorgesehenen 20 Milliarden Franken nicht ausreichen.
  • Bis am Freitag soll das Finanzdepartement dem Bundesrat daher einen Zusatzkredit zur Erhöhung des Bürgschaftsvolumens unterbreiten.
  • Damit soll der grossen Nachfrage der Unternehmen nach Überbrückungskrediten Rechnung getragen werden.
  • Gleichzeitig soll ein Vorgehen entwickelt werden, um Missbräuche zu verhindern. Kredite bis zu 500'000 Franken werden heute ohne Prüfung der Angaben des Kreditnehmers vergeben.

Hilfe für Selbständige

Durch die Maschen staatlicher Unterstützung fallen derzeit viele Selbständige. Der Bundesrat prüft daher auch, wie diesen geholfen werden könnte. Vorschläge zur Abfederung von Härtefällen für Selbständige sollen bis Mitte nächster Woche vorliegen.

Nach Angaben des Bundesrats geht es um Selbständige, die sich durch den weitgehenden Stillstand der Wirtschaft mit Erwerbseinbussen konfrontiert sehen, obwohl ihre Erwerbstätigkeit nicht verboten ist. Diese haben jetzt keinen Anspruch auf Corona-Erwerbsersatz.

In Prüfung sind zudem Massnahmen für Start-ups, Reisebüros, den Kultur- und den Sportbereich. Auch eine Analyse der mittel- und langfristigen volkswirtschaftlichen Auswirkungen und eine Strategie für die Zeit nach der Lockerung der gesundheitspolitischen Massnahmen sind in Arbeit. Insgesamt stehen bisher gut 40 Milliarden Franken zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zur Verfügung.

Probleme im Asyslwesen wegen Coronavirus

Anhörungen per Video- oder Telefonkonferenz, längere Rekursfristen, Militärgebäude als Flüchtlingszentren: Damit das Asylsystem auch in Zeiten der Coronakrise aufrechterhalten werden kann, hat der Bundesrat verschiedene Massnahmen getroffen. Diese sind befristet.

  • Ab nächstem Montag soll bei der Befragung von Asylsuchenden die Zahl der im gleichen Raum anwesenden Personen reduziert werden.
  • Weitere Personen werden mittels technischer Hilfsmittel zugeschaltet, also beispielsweise per Telefon- oder Videokonferenz.
  • Die Befragung von Asylsuchenden kann ausnahmsweise auch dann durchgeführt werden, wenn die Rechtsvertretung in bestimmten Regionen pandemiebedingt nicht teilnehmen kann.
  • Als flankierende Massnahme wird die Frist für das Einreichen einer Beschwerde gegen den Asylentscheid im beschleunigten Verfahren von sieben Arbeitstagen auf dreissig Tage verlängert. Damit bleibe der Rechtsschutz in jedem Fall gewährt.
  • Auch die unentgeltliche Rechtsvertretung sei nach wie vor gewährleistet.

Rasche Kapazitätserweiterung möglich

  • Um Platzprobleme zu beseitigen, sollen militärische und zivile Anlagen ab Donnerstag schneller und unkomplizierter für den Asylbereich umgenutzt werden können. Auf diese Weise können notfalls zusätzliche Unterbringungsplätze bereitgestellt werden.
  • Derzeit ist die Situation laut dem Bund unter Kontrolle, weil seit einigen Wochen deutlich weniger Personen ein Asylgesuch eingereicht haben.

Längere Ausreisefristen

  • Auch beim Wegweisungsvollzug gelten laut der Asylnotverordnung neue Regeln. Wegen der aktuell geltenden Einreiserestriktionen vieler Länder und des stark eingeschränkten Flugverkehrs können die heute geltenden Fristen für freiwillige Ausreisen weggewiesener Asylsuchender neu auf dreissig Tage verlängert werden.
  • Bei einer ausserordentlichen Lage gäbe es die Möglichkeit, die bereits verlängerten Ausreisefristen falls nötig zusätzlich zu verlängern.
  • Die neuen Regeln sind auf vorerst drei Monate befristet. Die Unterbringungsregeln gelten während vier Monaten.

Befragungen sistiert

  • Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat in den vergangenen Wochen bereits zahlreiche Massnahmen getroffen, um die Empfehlungen des Bundes umzusetzen:
  • Unter anderem seien die Unterbringungskapazitäten verdoppelt und die Befragungen bis am 6. April 2020 sistiert worden.
  • Damit habe man Zeit gewonnen für die Ausarbeitung der nun präsentierten weiteren Anpassungen.
  • Diese verstärken laut dem Bundesrat den Schutz aller Personen im Asylwesen weiter und stellen gleichzeitig sicher, dass die Asylverfahren weiterhin rechtsstaatlich und fair durchgeführt werden können.

System nicht stoppen

  • Die Regeln für Asylverfahren würden vorübergehend angepasst, um den Schutz der Gesundheit aller am Asylverfahren beteiligten Akteure sicherzustellen.
  • «Der Schutz vor Ansteckungen mit dem Coronavirus hat höchste Priorität.»
  • Gleichzeitig soll das Asylsystem weiterlaufen.
  • Schutzbedürftige Menschen sollen auch in Krisenzeiten Asyl erhalten. Personen, die keinen Anspruch auf Asyl haben, sollen die Schweiz nach einem ablehnenden Entscheid wenn möglich weiterhin verlassen.
  • Der Bund weist den Kantonen auch weiterhin Asylsuchende zu.

Kantone unter Druck

Geschähe dies nicht, käme es laut dem Bundesrat zu Kapazitätsproblemen in den Bundesasylzentren. Damit könnten die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfohlenen Hygiene- und Verhaltensmassnahmen nicht mehr eingehalten werden.

Der Bund sei sich bewusst, dass die Kantone in nächster Zeit gefordert sind, weil sie zusätzliche Personen unterbringen müssten, schreibt die Regierung. Vorübergehend dürften zusätzliche Unterkünfte in Betrieb gehen. In einigen Kantonen ist dies bereits passiert.

Bundesrat will Lebensmittel-Importe vereinfachen

Der Bundesrat hat Massnahmen zur Abfederung der Folgen der Corona-Krise auf den Agrarmärkten beschlossen. So sollen unter anderem Lebensmittel-Importe flexibilisiert werden, um auf Engpässe reagieren zu können.

Die Corona-Krise und die damit verbundene Schliessung der Restaurants hat starke Auswirkungen auf das Konsumverhalten und damit auf die Agrarmärkte, wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte. Der Absatz über den Detailhandel sei für gewisse Produkte überproportional gestiegen, während die Nachfrage nach Produkten für den Gastrokanal eingebrochen sei. Eine kurzfristige Anpassung der landwirtschaftlichen Produktion sei nicht möglich.

  • So ist derzeit etwa die Nachfrage nach Eiern und Butter gross. Der Bundesrat hat deshalb die Teilzollkontingente erhöht, damit diese Produkte vermehrt aus dem Ausland importiert werden können.
  • Ebenfalls wurden die Bestimmungen für die Kontrolle von importierten Lebensmitteln vorübergehend gelockert. Die Kontrollen könnten in dieser Krisenphase weder in der Schweiz noch im Ausland vollumfänglich sichergestellt werden, so der Bundesrat. Sie könnten deshalb später nachgeholt werden.
  • Im Gegensatz zu Eier und Butter ist die Nachfrage nach Gourmet-Fleisch wie Kalbfleisch, Gitzifleisch und Edelstücke beim Rindfleisch gesunken. Dieses Fleisch wird normalerweise vor allem in Restaurants konsumiert. Um den Fleischmarkt zu stabilisieren, investiert der Bundesrat drei Millionen Franken für die Einlagerung des Fleisches. Das Geld wird als Nachtragskredit im Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) kompensiert.
  • Zudem verlängert der Bundesrat die Zahlungsfristen und lockert vorübergehend die Bestimmungen für gewisse Kontrolltätigkeiten.

Ausgangslage – das war der Stand gestern Dienstag

Die Zahl der in der Schweiz nachgewiesenen Covid-19-Infektionen ist am Dienstag auf 16'176 gestiegen. Gemäss Innenminister Alain Berset hat die Schweiz die Lage im Moment zwar «nicht so schlecht» im Griff. Doch die nächsten Tage und Wochen machen ihm Sorgen.

Er sehe, dass man bei dem frühlingshaften Wetter Lust habe, sich draussen zu versammeln, sagte Berset am Dienstag bei einem Besuch in einem Drive-in-Testcenter in Luzern. Das gelte es aber unbedingt zu unterlassen. «Wir müssen Ausdauer zeigen», sagte der Bundesrat.

Gemäss einer Zählung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, die auf Meldungen der Kantone beruht, kamen bisher 427 Menschen wegen Covid-19 ums Leben. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) berichtete von 373 Todesfällen im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung in der Schweiz.

Insgesamt wurden demnach bisher rund 123'150 Tests auf das Virus durchgeführt. Der Anteil der positiv Getesteten belief sich auf 13 Prozent. Gemessen an der Anzahl Einwohner haben die Kantone Tessin und Waadt die meisten Fälle.

Berset besucht Drive-in-Testcenter

Damit die Schweiz in der Corona-Krise den Weg zurück zur Normalität finden kann, plädiert der Epidemiologe Marcel Salathé gemeinsam mit anderen Wissenschaftern für Covid-19-Tests schon bei leichten Symptomen. So könnte jeder einzelne neue Fall schnell identifiziert und schnell isoliert werden.

Ein Weg dahin könnten die Drive-in-Testcenter sein, wie der Kanton Luzern zur Zeit eines testet. Berset zeigte sich bei einem Besuch auf der Luzerner Allmend beeindruckt: So könne Material gespart und das Spital entlastet werden. In dem Zentrum können sich pro Tag 15 bis 20 mutmassliche Coronainfizierte auf das Virus testen lassen, ohne das Auto verlassen zu müssen.

Die Vielfalt der Lösungen, die in den Kantonen bei der Bewältigung der Coronakrise gefunden werde, sei eine grosse Eigenschaft der Schweiz, sagte Berset. Er betonte, dass der Bund auf eine gute Zusammenarbeit mit den Kantonen angewiesen sei. Und der Föderalismus und die Solidarität in der Schweiz funktioniere.

UZH testet alle Patienten

Entsprechend hat sich auch das Universitätsspital Zürich für einen eigenes Vorgehen entschieden: Ab Mittwoch sollen alle neuen stationären Patientinnen und Patienten auf Covid-19 getestet werden, selbst wenn diese keine Symptome zeigen und etwa wegen eines Unfalls eingeliefert werden. Ziel ist es, die Sicherheit für Mitarbeitende und andere Patienten zu erhöhen.

Noch weiter gehen will die SVP: Sie schlägt vor, dass sich besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen bis zur Eindämmung des Virus so weit wie möglich isolieren sollten. Daneben fordert die SVP die Einführung einer allgemeinen Tragepflicht von Schutzmasken, wo ein Kontakt zwischen Menschen stattfindet. Die nicht gefährdete Bevölkerung soll so wieder arbeiten dürfen.

Ausserdem sei der verstärkte Grenzschutz aufrechtzuerhalten. Einwanderer und Einreisende aus Risikogebieten seien ebenso abzuweisen wie Personen, die nicht zweifelsfrei nachweisen könnten, dass sie frei vom Coronavirus seien. Ankommende Schweizer müssten für eine gewisse Zeit in die Quarantäne.

30'500 Personen an Einreise gehindert

Doch auch so hat die Eidg. Zollverwaltung (EZV) bereits alle Hände voll zu tun. Sie habe in den vergangenen rund zwei Wochen über 30'000 Personen die Einreise in die Schweiz verweigert, sagte EZV-Direktor Christian Bock vor den Medien am Grenzübergang Boncourt JU.

Einige versuchten, über die grüne Grenze in die Schweiz zu gelangen, Absperrungen zu entfernen oder zu zerstören. Deshalb habe die EZV seit Anfang letzter Woche über 400 Bussen aussprechen müssen.

Aber auch auf den Warenverkehr habe die Krise Auswirkungen, sagte Bock weiter: So habe es in den vergangenen zwei Wochen 11 Prozent weniger Importe, 20 Prozent weniger Exporte und 13 Prozent weniger Transittransporte durch die Schweiz gegeben.

Unterstützung der Armee nötig

Im Unterschied zu einer Migrationskrise gebe es wegen der Corona-Pandemie nun Schengen-Grenzkontrollen entlang der gesamten Schweizer Grenze. Deswegen benötigten sie die Unterstützung der Armee, personell aber auch in der Luft. «Mehr Kontrollen gleich mehr Sicherheit», sagte Bock.

Eingesetzt würden zum einen Angehörige der Berufsmilitärpolizei an den geöffneten Grenzübergängen, erklärte der stellvertretende Armeechef, Korpskommandant Aldo Schellenberg. Sie unterstützten die zivilen Zollbeamten bei den Grenzkontrollen. An der grünen Grenze hingegen kämen Milizsoldaten zum Einsatz. Der Einsatz dauere typischerweise sechs Wochen, also doppelt so lange wie ein normaler Wiederholungskurs.

Gleichzeitig gab Schellenberg bekannt, dass die Schweizer Armee sämtliche Wiederholungskurse bis Ende Juni absagen werde. Ausgeschlossen seien jene WK, welche «unmittelbar der Bewältigung» der Coronakrise dienten.

Keller-Sutter ist gegen totale Abschottung der Schweiz

Während hier und dort Stimmen für eine totale Abschottung der Schweiz zu hören sind, ist Justizministerin Karin Keller-Sutter entschieden dagegen. Sie weist darauf hin, dass der Bundesrat bereits sehr restriktive Massnahmen ergriffen habe.

«Wir gehen schon sehr weit. Bei einer totalen Abschottung wären die sozialen, psychologischen, wirtschaftlichen und finanziellen Folgen sehr einschneidend», sagte die FDP-Bundesrätin in einem am Mittwoch in der Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» veröffentlichten Interview. Eine vollständige Isolation würde ein Risiko für die Lebensmittelversorgung darstellen, sagte sie.

Es berühre sie, dass der Bundesrat derart harte Massnahmen habe ergreifen müssen, um das Coronavirus zu bekämpfen. Sie sei sich bewusst, dass dies die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger stark einschränke. Aber das sei zum Schutz der Bevölkerung notwendig.

Auf den Antrag mehrerer NGOs angesprochen, die Asylanträge auszusetzen, betonte Keller-Sutter, sie habe bereits gesagt, dass der Rechtsstaat weiterhin funktionieren müsse. Und dies gelte auch für das Asylrecht. Sie sei im Gespräch mit den Kantonen.