Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Kundgebungen in Deutschland
Warum prorussische Demos sich kaum verbieten lassen

Russlandflaggen und Autos: In mehreren deutschen Städten demonstrierten am Wochenende russischstämmige Menschen für Russland. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Wenn es nach Andri Melnik geht, dem bissigen Botschafter der Ukraine in Berlin, ist der Fall sonnenklar: Deutschland müsse alle Demonstrationen, an denen Menschen mit russischen Flaggen aufträten, verbieten. Es gehe da nicht um Meinungsfreiheit, sondern um «Verherrlichung einer barbarischen Aggression». «Wenn man mit einer russischen Fahne demonstriert, unterstützt man automatisch einen Staat, der einen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine führt.» Dass Deutschland dies zulasse, so Melnik, sei eine «Schande».

Vor einer Woche demonstrierten in Berlin erstmals Menschen mit russischen Flaggen in 400 Autos, dieses Wochenende kam es zu weiteren Korsos: 350 Autos waren es in Hannover, 190 in Stuttgart, 120 in Lörrach nahe der Schweizer Grenze, 60 in Lübeck. In Frankfurt am Main protestierten 800 Menschen zu Fuss, nachdem ein Autokorso verboten worden war. In Hannover und Stuttgart kam es zu Gegendemonstrationen mit insgesamt mehr als 5000 Menschen.

Pauschale Verbote wären nicht rechtens

Offiziell protestierten die prorussischen Umzüge, an denen fast ausschliesslich russischsprachige Menschen teilnahmen, gegen die «Diskriminierung» von Russen, die in Deutschland leben. Sie selbst und ihre Kinder seien seit Beginn des Kriegs in der Ukraine Anfeindungen ausgesetzt.

Das Versammlungsrecht lasse es nicht zu, solche Demonstrationen pauschal zu verbieten, antworteten Behörden und Polizei Melnik und anderen Kritikern. Auch das Zeigen der russischen Fahne sei von der Meinungsfreiheit gedeckt. Strafbar seien hingegen Aufrufe zu Hass und Gewalt, etwa gegen die Ukraine, ebenso die öffentliche Unterstützung des völkerrechtswidrigen russischen Angriffs.

Was sind «Symbole der Kriegspropaganda»? 

Die Polizei ging am Wochenende denn auch konsequent gegen alle Symbole vor, die zur prorussischen Kriegspropaganda zählen: das notorische «Z» wurde ebenso aus dem Verkehr gezogen wie russische Flaggen aus der Sowjetzeit, die im Kontext des aktuellen Kriegs gegen die Ukraine imperiale Ansprüche signalisieren. Auch das Zeigen des schwarz-orangen Georgsbandes wurde geahndet, in einem Fall auch dasjenige eines Davidsterns, mit dem sich ein Mann als Genozidopfer gerierte.

Medien gegenüber äusserten manche Demoteilnehmer offen ihre Unterstützung für Wladimir Putin und dessen Krieg. Dies ist von der Meinungsfreiheit gedeckt. Als in Frankfurt aber Menschen «Donbass gehört zu Russland» skandierten, begann die Polizei die Rufer zu filmen und wegen möglicher Rechtsverstösse zu ermitteln.

Unterstützung für die Ukraine: Am Brandenburger Tor in Berlin fordern Aktivisten in Masken der deutschen Regierung ein Ölembargo gegen Russland.

Ähnlich heikel wie bei den prorussischen Demonstrationen war für Polizei und Behörden in der Vergangenheit die Kontrolle von propalästinensischen Kundgebungen. Manche Aufrufe gegen Israel galten als antisemitisch und potenziell strafbar, andere nicht, manche Flaggen durften gezeigt werden, andere nicht. Das Verbrennen einer israelischen Flagge ist in Deutschland erst seit 2020 verboten.

In Deutschland sind seit den 1980er-Jahren mehr als zwei Millionen Russlanddeutsche aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion in ihre ehemalige Heimat zurückgekehrt. Besonders beliebt waren sie in Deutschland nie, seit der Annexion der Krim 2014 und der Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten ein Jahr darauf sind die Beziehungen aber sichtlich angespannt. Die Polizei hat seit Beginn des Kriegs in der Ukraine mehr als 300 Straftaten gegen russischstämmige Menschen in Deutschland gezählt: Viele wurden beleidigt, manche tätlich angegriffen, Läden und Lokale verschmiert.

Russlanddeutsche informieren sich oft ausschliesslich über russische Medien und teilen deren Weltsicht. Russische Websites und Moskaus Geheimdienstler in Deutschland wiegeln die Bevölkerungsgruppe gezielt gegen deutsche Interessen auf. Berlin hat auch deswegen kürzlich 40 russische Botschaftsmitarbeiter ausgewiesen, der Propagandakanal RT DE darf seit einigen Wochen nicht mehr senden.