Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Debatte um Trikolore
Warum Emmanuel Macron die Nationalflagge verändert hat

Das Blau ist neu dunkler: Der französische Präsident Emmanuel Macron vor einer französischen und einer EU-Flagge. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kann im Alleingang Entscheidungen treffen, die jede Bürgerin, jeden Bürger direkt betreffen. Als zu Beginn der Pandemie in der Schweiz das öffentliche Leben mit eher sanfter Hand heruntergefahren wurde, ordnete Macron einen der härtesten Lockdowns Europas an. Und während man sich hierzulande nun über den Umgang mit dem impfskeptischen Teil der Bevölkerung streitet, gilt in Frankreich seit September unter anderem eine Impfpflicht für das Pflegepersonal.

Trotz dieses Regierens in einer viralen Ausnahmesituation findet Macron die Zeit, Entscheidungen zu treffen, die zunächst niemandem auffallen. Vergangenen Sommer ordnete der Präsident an, das Blau der französischen Fahne zu ändern. Im Élysée hängen nun marineblaue statt kobaltblaue Nationalflaggen. Bemerkt wurde dies allerdings erst vor kurzem, nachdem verschiedene Medien über das neue Blau berichtet hatten.

Das Erbe der Revolution

Wobei man im Élysée darauf Wert legt, dass es sich «nicht um eine Änderung der Farbe handelt, sondern um ein Festhalten am historischen Blau unserer Fahne». Der nun abgedunkelte Farbton entspreche demjenigen der Französischen Revolution und wurde 1794 vom Nationalkonvent ausgewählt. Damals wurden die Farben von Paris (Blau und Rot) gemeinsam mit royalem Weiss zur Trikolore der Republik erkoren. Durch die Rückbesinnung aufs Marineblau erinnere man zudem an die «Poilus», die Soldaten des Ersten Weltkriegs, und an die «Kameraden der Libération» im Zweiten Weltkrieg. Dieses Erbe wolle der Präsident würdigen.

Zur Symbolik des nun abgelösten Blau, das beinahe 50 Jahre galt, äussert sich das Élysée nicht. 1974 hatte der damalige Präsident Valéry Giscard d’Estaing angeordnet, das nationale Blau aufzuhellen. Statt nach Revolution sollte die Fahne nun nach Europa aussehen, das Blau wurde dem der EU-Fahne angeglichen. Dieses optische Nicken Richtung Europa wird nun also genau von dem Präsidenten aufgelöst, der als EU-Enthusiast ins Amt gewählt wurde. Wenn Frankreich unter Macron kommenden Januar die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, werden nun zwei klar unterscheidbare Blautöne nebeneinander hängen: Marine (Frankreich) und Kobalt (EU).

Auch die Hymne ist politisch

Bevor Macron sich zum Reformpräsidenten erklärte, hatte in den 1970er-Jahren bereits Giscard d’Estaing die Rolle des grossen Erneuerers für sich entdeckt. Er änderte damals nicht nur die Fahne, er liess auch die Nationalhymne neu arrangieren. Sie wurde von 1974 an langsamer gespielt, um feierlicher zu klingen. Wobei es Videoaufnahmen des Marseillaise singenden Giscard gibt, die zeigen, dass der Präsident dann an Selbstbewusstsein gewinnt, wenn die Hymne Schwung aufnimmt. Bei «Zu den Waffen, Bürger», («Aux armes, citoyens») reckt der Präsident den Arm in die Höhe. Mitterrand kehrte in den 80er-Jahren dann zur schnelleren Hymne zurück.

Die Rathäuser und Schulen, vor denen in ganz Frankreich die Nationalfahne hängt, sind von dem präsidialen Farbwunsch nicht betroffen. Dort entscheiden ohnehin in erster Linie Sonne und Regen darüber, wie frisch oder verwaschen das Blau nun wirkt. Ordert ein Bürgermeister jedoch neue Fahnen, bekommt er künftig das dunklere Exemplar.