Tour de Suisse der FrauenWarum dürfen sich Hobbyfahrerinnen mit der Weltklasse messen?
Nach 20 Jahren gibt es wieder ein Frauenrennen an der Landesrundfahrt. Die Bandbreite der Starterinnen ist dabei deutlich grösser als bei den Männern.
Plötzlich war sie da, die grosse Chance für die Fahrerinnen des kleinen Velo67-Racing-Teams. Sie erhielten die Zusage, beim Comeback der Tour de Suisse der Frauen antreten zu dürfen. Sie sind zwar alle ambitionierte Rennvelofahrerinnen, betreiben ihren Sport jedoch als Hobby, neben Arbeitspensen zwischen 70 und 100 Prozent. «Die Chance zu haben, sich mit den Fahrerinnen zu messen, die du sonst in den grossen Rennen am Fernsehen siehst, das ist schon sehr aufregend», sagt Judith Gerber, eine der Fahrerinnen.
Ist denn die «Tour de Suisse Women», wie sie sich offiziell nennt, nicht so ein «grosses Rennen»? Ja und nein. Ja, weil durch die Verknüpfung mit dem Männerrennen sehr wohl Radgeschichte mitschwingt. Zugleich hat das Frauenrennen auch eine eigene: 2001 fand letztmals die Tour de Suisse féminin statt, wie das Rennen damals hiess. Die Neuauflage ist aber kein grosses Rennen im Vergleich mit jenem der Männer. Und das liegt nicht nur daran, dass bei der ersten Ausgabe in Frauenfeld nur zwei Etappen ausgetragen werden. Bei den Männern sind es acht, vor allem aber sind da nur die Profiteams der obersten beiden Stufen zugelassen (sowie dank Spezialgenehmigung das Schweizer Nationalteam).
Bei Frauenrennen der Kategorie 2.1 dürfen sich hingegen auch nationale Teams bewerben – was das Velo67-Racing-Team Ende April machte. Anfänglich stiess es damit nicht nur auf Zustimmung, beim Verband Swiss Cycling hätte man es lieber gesehen, wenn die einheimische Beteiligung an den Frauenrennen sich auf die Schweizer Profifahrerinnen in ihren Markenteams sowie zwei Formationen von Nationalteam-Fahrerinnen beschränkt hätte.
Was will das Zürcher Team erreichen?
Doch die Velo67-Crew kam allen formellen Anforderungen nach, weshalb am Samstag sechs Fahrerinnen in Trikots des Zürcher Veloladens in Frauenfeld antreten. Was wollen sie erreichen? «Es muss unser Ziel sein, dass wir uns im Rennen zeigen», sagt Marcel Eichmann, Teamchef und als Eigentümer von Velo67 auch Hauptsponsor. Eineinhalb Stunden überträgt das Schweizer Fernsehen pro Etappe, da einmal prominent im Bild zu sein, wäre ein Ziel. Eichmann lancierte das Team auf die Saison 2020 hin, weil Ende 2019 ein bekanntes Schweizer Frauenteam eingestellt wurde – und seine Lebenspartnerin Judith Gerber selber nach einer Equipe Ausschau hielt.
Als sie anfänglich vom Tour-de-Suisse-Start träumten, war ihnen nicht bewusst, wie umfangreich das Projekt werden würde. Zahlreiche Dokumente und Bescheinigungen waren nötig, dazu kommt der Material- und Personalaufwand: Es brauchte ein Teamauto inklusive Velodachträger, Reservematerial sowie acht Helfer, die sich um die sechs Fahrerinnen kümmern.
Das Velo67-Sextett ist ein sehr gemischtes. Einerseits stellt es die drei ältesten Starterinnen, andererseits drei junge Fahrerinnen mit noch kaum Rennerfahrung. Teamroutinière Jutta Stienen, 2013 WM-Starterin für die Schweiz, mag mit 48 die mit Abstand älteste Teilnehmerin sein. Das heisst aber nicht, dass sie sich nicht einiges zutrauen würde. «2019 fuhr ich letztmals internationale Rennen und schaffte es dabei auch in die Top 10. Ich hoffe, dass dies in Frauenfeld ebenfalls möglich sein wird», sagt die Späteinsteigerin, die erst Ende 30 zum Radsport fand. Solche sind auch Gerber (42) und Daniela Schwarz (35): Gerber fährt seit ein paar Jahren Rennen. Für die einstige Profifussballerin Schwarz, die seit 2016 im Duathlon und Triathlon Erfolge feiert, werden es gar die ersten richtigen Radrennen überhaupt sein. Komplettiert wird das Team durch Aglaia Forrer (25), Michelle Stark (23) und Michelle Schätti (22) – Letztere figurierte als Juniorin in den Swiss-Cycling-Kadern.
Andere Frauen zu Rennstarts inspirieren
Was kann so eine gemischte Gruppe erreichen, im Kampf mit einigen der weltbesten Fahrerinnen? Resultatziele wollen sie keine formulieren, aber mit dem Peloton ins Ziel kommen, das sähen sie alle als Achtungserfolg. Den Velo67-Fahrerinnen geht es aber um mehr als nur persönliche Ziele, wie Stienen sagt: «Unsere Teilnahme soll junge Fahrerinnen motivieren, die sich bisher nicht getraut haben, an Velorennen teilzunehmen. Vielleicht sind wir so bei nationalen Frauenrennen dann irgendwann wieder ein Feld von 50 Starterinnen.»
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.