Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Analyse: Was gegen die Sucht hilft
Warnkleber bei Alkohol nützen nur den Politikern

Irland, das Land der Pubs und des dunklen Guinness, will seine Alkoholkranken besser vor sich selber schützen – mit Warnhinweisen.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

In Irland, dem Land des dunklen Guinness und der trunkenen Gesänge, dem Land auch mit dem fünfthöchsten Alkoholkonsum der Welt, sollen Menschen, die zu viel trinken, vor sich selber geschützt werden.

Als erstes Land der Welt plant die irische Regierung, alkoholische Getränke mit Warnhinweisen zu versehen. Der Entscheid ist insofern weitreichend, als auch die EU diese Massnahme erwägt. Damit würden Flaschen ähnlich etikettiert wie Zigaretten – mit dem Hinweis auf die Gefährlichkeit der Substanzen zuhanden der Konsumenten und Konsumentinnen.

Schon bei den Rauchverboten reagierte Irland strenger als alle anderen Länder: Es erhob die höchsten Steuern auf Tabakwaren, erliess die strengsten Einschränkungen beim Verkauf und schrieb besonders drastische Warnungen auf den Zigarettenpackungen vor.

Das Wut-Marketing der Alkohol-Lobby

Das Problem bei solchen Konsumwarnungen ist ihre Wirkungslosigkeit. Solche Hinweise werden überhaupt nichts bringen, ausser dass sie das Gewissen der Politiker beruhigen, die geradezu abonniert sind auf Präventionsmassnahmen, die das Geschäft nicht stören. Gerade in der Schweiz, die sich schon mit dem Schutz vor den gesundheitlichen Folgen des Rauchens ausserordentlich schwertut, ist wenig Wirksames zu erwarten.

Die europäische Alkohol-Lobby schäumt über den irischen Entscheid, aber diese Reaktion ist mehr Wut-Marketing als glaubhafte Empörung. Denn wie jeder Suchtkranke und seine Therapeutin und andere Fachleute wissen, beginnt der Rückfall nicht erst, wenn der Süchtige zur Flasche greift, sondern lange vorher. Wenn der Trinker am Morgen im Laden steht oder nachts in der Tankstelle, ist es längst um ihn geschehen, denn er hat schon entschieden. Und davon wird ihn keine Warnung abhalten.

Jede neue Studie bestätigt die alte Erkenntnis, dass eine Sucht sich umso stärker entwickelt, je früher sie einen Menschen ergreift.

Was würde ihm wirklich helfen, seine Krankheit zu überwinden? Wie wäre für sie eher möglich, trocken zu bleiben? Wie lässt sich verhindern, dass Mädchen und Buben über gesüsste Partydrinks in die Abhängigkeit gleiten? Warum breitete sich diese Art der Sucht immer weiter aus und ist dabei, den asiatischen Markt zu verseuchen von Thailand bis Japan, Indonesien bis China? In einem Satz: Was hilft am meisten dagegen?

Am hilfreichsten sind jene Einschränkungen, welche die Alkohol-Lobby und ihre Dealerfreunde in den Parlamenten am härtesten bekämpfen. Erstens sind das konsequent betriebene Verkaufsverbote am Abend und in der Nacht. Zweitens hilft ein ernsthaft betriebener Jugendschutz, weil jede neue Studie die alte Erkenntnis bestätigt, dass eine Sucht sich umso stärker entwickelt, je früher sie einen Menschen ergreift.

Drittens geht es um eine weit bessere Betreuung der Angehörigen. Weil es letztlich die Frau oder der Mann oder die Kinder und Geschwister sind, die einen Süchtigen zur Erkenntnis bringen, dass er nicht nur sein eigenes Leben zerstört, sondern auch das Leben jener, die ihm helfen wollen.

Ohne den Süchtigen geht gar nichts

Viertens braucht es natürlich die Bereitschaft des Kranken selber, seine Krankheit anzuerkennen und sich helfen zu lassen. Bis zu 300’000 Menschen in der Schweiz sind alkoholabhängig, das sind mehr als bei allen illegalen Substanzen zusammen. Alkoholkrankheit ist ein global expandierendes Problem. Und doch sind nur 10 Prozent der Kranken bereit, sich helfen zu lassen. Die anderen trinken weiter, vernachlässigen ihre Familie und ihren Beruf, manche schlagen ihre Frauen, andere fahren Menschen tot.

Wer sich nicht helfen lässt, handelt egoistisch. Wer den Süchtigen nicht helfen will, verhält sich skrupellos.