Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Wahl der Woche (78)
Weniger oder mehr?

Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die Wurzel aller Ungerechtigkeit

Es ist ein logisches Nullsummenspiel, dass ein Mehr für den einen immer auch ein Weniger für die anderen bedeutet. Zwei Ausnahmen gibt es. Liebe und Dummheit. Wer mehr Liebe gibt, macht den Rest der Menschheit nicht hässiger, im Gegenteil. Und wenn einer mehr und mehr Dummheit in sich vereint, macht das die anderen nicht klüger.

Im Übrigen gilt: Mehr vom Kuchen für mich bedeutet weniger vom Kuchen für dich, jedes Plus auf der einen ist ein Mangel auf der anderen Seite. Weil aber die meisten Menschen den Sinn des Lebens darin erkannt haben, möglichst viel zu haben, gibt es nur Verlierer. Jene, die schon mehr bekommen, sind nie zufrieden, weil sie noch mehr wollen. Jene, die es nicht schaffen, mehr zu bekommen, sind nicht zufrieden. Und auch jene, die nicht mehr wollen, sind nicht zufrieden, weil die anderen ihnen auch das Wenige wegnehmen.

Für Aristoteles folgte daraus, dass der Wunsch, mehr haben zu wollen, er nennt es pleonexia, die Wurzel aller Ungerechtigkeit und der Inbegriff alles Schlechten ist. Man sollte mehr Aristoteles lesen.

Sven Behrisch

Mehr für alle!

Die meisten Übel beginnen damit, dass man die Welt als Nullsummenspiel wahrnimmt. Denn schon schielt man über Nachbars Zaun und zählt dessen Blümchen, bloss um sicherzugehen, dass es ja nicht mehr sind als die eigenen. Und dann pflanzt man im eigenen Garten präventiv noch ein paar Blümchen zusätzlich, damit man auch in Zukunft mit Sicherheit nicht weniger haben wird als er. Immer getrieben von der Furcht vor dem Weniger – im Garten und in einem selbst – strebt man nach dem endlosen Mehr der Nullsumme, ewig und einsam.

Ich bin deswegen dafür, diese Idee aufzugeben und an ihre Stelle ein grosses Mehr zu setzen, und zwar eines, das auf der Einsicht beruht, dass «mehr» für alle gelten kann: Mehr Rücksicht bedeutet mehr Verbundenheit, mehr Freundlichkeit bedeutet mehr Freude, mehr Mitfreuen bedeutet mehr Teilen. Dafür muss man nichts lesen, sondern nur die Augen vom Gartenzaun abwenden.

Simona Pfister

Newsletter
Das Magazin
Erhalten Sie die besten Hintergründe und Recherchen des Kult-Magazins.

Weitere Newsletter