Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Wahl der Woche (76)
Wasserflasche oder keine Wasserflasche?

Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Liebe Leserinnen und Leser, in der Kolumne «Wahl der Woche» streiten sich unsere Redaktorin Simona Pfister und unser Redaktor Sven Behrisch über die kleinen und grossen Dinge des Alltags.

Letztes Mal gings ums Putzen, heute um Flaschen.

Simona Pfister: Tradierter Zorn gegen die Wasserflasche

Die Jugend liebt den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte», so soll es einst Sokrates gesagt haben, gut 400 Jahre vor Christus, und so ähnlich sagen es die Menschen auch heute, gut 2000 Jahre nach Christus, mit dem einzigen Unterschied, dass die ältere Generation von heute einen Gegenstand hat, der ihren ganzen Zorn kristallisiert, den sie stellvertretend für die ganzen «Jungen» verachtet und belächelt und verflucht.

Nein, es sind keine Smartphones, an denen hängen nämlich auch die Alten, es ist die Wasserflasche. Sie «triggert» die Älteren, könnte man sagen. Man weiss nicht genau, warum. Wasser zu trinken ist gesund und nicht besonders laut, es stinkt nicht und raucht nicht und nimmt nicht viel Platz weg. Nur die Träger:innen der Wasserflaschen leiden vielleicht ein wenig unter dem Gewicht, aber das wars auch schon. Es muss also an einer Art von tradiertem Zorn liegen, wenn sich Menschen darüber aufregen, und ich finde, nach gut 2400 Jahren könnte man mit dieser Tradition aufhören.

Sven Behrisch: Und dann gibt es auch noch Spott

Ausnahmsweise muss ich dir, Simona, völlig recht geben. So eine Wasserflasche stört wirklich niemanden. Ausser vielleicht, wie du ja auch sagst, jene, die sie immer mit sich herumschleppen müssen. Weil sie so durstig sind! Schlimm stelle ich mir das vor: immer durstig und dazu auch immer beladen mit den schweren Trinkflaschen.

Und dann gibt es auch noch Spott. Das ist wirklich das Gemeinste, denn die Durstigen kann der Durst immer und überall treffen. Gierig sieht man sie in Bibliotheken, am Arbeitsplatz, an der Tramhaltestelle an der rettenden Flasche saugen, immer den Füllstand im Blick, immer den nächsten Wasserhahn vor Augen. Was sind das für Menschen, die sich über diese Bedürftigen unter uns lustig machen?, frage ich mich.

Neulich sah ich wieder einen, verloren stand er da, mit leerem Gefäss und leerem Gesicht. Ich schluckte trocken. Da kam ein Leidensgenosse und sah ihn und liess ihn trinken, und meine Augen wurden ganz wässrig.