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Wagner-Chef meldet sich zurück
Warum Prigoschin jetzt offenbar in Afrika auftaucht

Lebenszeichen vom Wagner-Chef: Jewgeni Prigoschin in seinem angeblich in Mali aufgenommenen Video. 
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Und dann war Jewgeni Prigoschin plötzlich wieder da – in Tarnkleidung, mit Sturmgewehr und Schlapphut. «Wir arbeiten! Die Temperatur liegt bei über 50 Grad, wie wir es lieben», liess er seine Follower in einem auf Telegram veröffentlichten Video wissen. «Die Wagner-Gruppe macht Russland noch grösser auf jedem Kontinent – und Afrika noch freier.»

Seit dem gescheiterten Aufstand am 24. Juni hatte sich der Wagner-Chef nur mit Sprachnachrichten zu Wort gemeldet. Viele fragten sich: Welche Rolle spielt er nach dem abgebrochenen Marsch auf Moskau überhaupt noch im russischen Machtpoker? Das unverifizierte Video vom Montagabend deutet darauf hin, dass Prigoschin weitermachen will – und kann. Vorerst fernab der Front in der Ukraine. Wo genau er sich aufhält, bleibt unklar. Das Open-Source-Netzwerk «All Eyes On Wagner» meldete bereits am Samstag, dass ein mit Prigoschin in Verbindung gebrachtes Flugzeug in Bamako, der Hauptstadt Malis, gelandet sei. Ein Experte von France Info geht davon aus, dass das Video ebenfalls in Mali aufgezeichnet wurde.

Darin rief Prigoschin Freiwillige auf, sich ihm anzuschliessen. Laut Anzeigen auf Wagner-nahen Kanälen bietet die Gruppe Soldaten Halbjahresverträge und ein monatliches Gehalt zwischen 1400 und 2300 Franken. Ein Verbündeter von Prigoschin wirbt zudem um russische Geldgeber für Investments in der Zentralafrikanischen Republik.

Die paramilitärische Wagner-Gruppe ist seit Jahren in mehreren afrikanischen Staaten präsent. Am meisten Einfluss hat sie in der Zentralafrikanischen Republik. Doch auch in Mali sollen nach Schätzungen rund 1500 Wagner-Kämpfer stationiert sein. Wagner geht bei seinen Einsätzen meist gleich vor: Die für ihre Brutalität berüchtigten Söldner bieten taumelnden autokratischen Herrschern Schutz gegen deren Gegner und sichern sich im jeweiligen Land neben politischem auch wirtschaftlichen Einfluss. So erhielten russische Firmen – meist aus dem Wagner-Netzwerk ­– Lizenzen für den Abbau und oft illegalen Export von Gold, Diamanten, Holz und anderen Rohstoffen. 

Bald im Niger aktiv?

Seit dem Angriff auf die Ukraine hat Russland auf der Suche nach Verbündeten seine diplomatische Offensive auf dem afrikanischen Kontinent verstärkt. Sahel-Experte Cameron Hudson geht davon aus, dass Niger nach dem Putsch der ideale Kandidat für Wagner und Russland sei, um weiter Einfluss auf dem Kontinent zu gewinnen. «Niger erfüllt nun die wichtigen Voraussetzungen: Es ist mit einer Bedrohung der inneren Sicherheit konfrontiert und befindet sich in einer Phase politischer Ungewissheit», sagte Hudson dem «Spiegel».

Dazu passt, dass Prigoschin vor einem Monat in einer langen Sprachnachricht für seine Dienste in Niger warb. Er warf darin den früheren Kolonialherren vor, die afrikanischen Länder unter Kontrolle zu halten und bewusst Banditen und Terroristen einzuschleusen. Das Mittel dagegen: ein Einsatz der Wagner-Kämpfer. Laut dem US-amerikanischen Institute for the Study of War braucht Prigoschin den Deal mit Niger. Nach dem gescheiterten Aufstand in Russland habe seine Privatarmee personelle und finanzielle Probleme.

Bleibt die Afrika-Connection unverzichtbar?

Die Wagner-Gruppe hatte mit einem Aufstand am 24. Juni versucht, die russische Militärführung mit einem Marsch auf Moskau zu stürzen. Der Putschversuch endete mit einer Vereinbarung, nach der sich Prigoschin und seine Söldner straffrei nach Belarus absetzen können. Wagner-Söldner waren daraufhin an der Ausbildung belarussischer Soldaten beteiligt. Laut Journalisten des Hajun-Projekts sollen immer noch 4000 bis 5000 Wagner-Kämpfer im Land stationiert sein.

Der in Belarus vermutete Prigoschin tauchte allerdings schon bald wieder in Russland auf – am Rande des Afrika-Gipfels in St. Petersburg Ende Juli. Dort zeigte er sich mit einem Vertreter aus der Zentralafrikanischen Republik. Auch mit Offiziellen aus Mali und Niger sollen Treffen stattgefunden haben. Die Frage ist nun, ob Prigoschin dank seines Einflusses in Afrika für Wladimir Putin unverzichtbar bleibt.

Innenpolitisch ist der Kreml zwar auf Distanz zum Wagner-Boss gegangen, doch nach dem gescheiterten Aufstand machte der Kreml den verunsicherten afrikanischen Herrschern schnell klar, dass die Söldner nicht aus den jeweiligen Ländern abgezogen würden. Das Netzwerk «All Eyes On Wagner» schreibt nun: «Es sieht ganz danach aus, als ob Wagner auf dem Kontinent einen Neustart versucht.»

nlu