Militärhilfe für die UkraineParis ist pikiert – und verspricht drei Milliarden Euro für das laufende Jahr
Ist die Unterstützung der Franzosen für die Ukraine gross genug? Nach dem Treffen mit Selenski korrigiert Macron die Zahlen des französischen Beistands.
Niemand soll an Paris zweifeln, auf keinen Fall. Im Élysée ist man zunehmend verärgert darüber, dass Frankreich für seine angeblich spärliche und opak gehaltene militärische Unterstützung der Ukraine kritisiert wird. Pikiert – das trifft es wohl am besten.
Zieht man die Zahlen des Kiel-Instituts für Weltwirtschaft heran, das die zugesagte Unterstützung der Länder summiert, steht Frankreich mit etwas mehr als einer halben Milliarde Euro ziemlich weit unten in der Rangliste der Geber. Lange kam die Kritik fast ausschliesslich aus dem Ausland, im Besonderen aus Deutschland, das ein Vielfaches davon leistet.
In Frankreich selbst wurde die Angelegenheit ausgeblendet, was auch daran lag, dass da die Schätzung einer parlamentarischen Kommission herumgereicht wurde: Die kam im vergangenen November auf 3,4 Milliarden Euro. Das war immer noch viel weniger als die mehr als 17 Milliarden von Deutschland. Doch es hörte sich nach etwas mehr an. (Lesen Sie auch den Artikel «Macron verspricht der Ukraine viel und gibt wenig».)
Macron vertagt seine Ukraine-Reise
Nun aber, im Vorfeld des Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski an diesem Freitagabend in Paris, wo er wie davor in Berlin einen bilateralen Sicherheitspakt unterzeichnen hat, mussten sich die politischen Berater des französischen Präsidenten schon sehr anstrengen, um die Diskrepanz auch den Franzosen einigermassen plausibel zu erklären.
Das war umso komplizierter, als Emmanuel Macron eigentlich in der ersten Februarhälfte in die Ukraine hätte reisen wollen, die Visite aber ohne Begründung und ohne neuen Termin vertagt hatte. Es sei nicht nötig, daraus einen Casus zu machen, heisst es dazu aus dem Palais, damit sitze man nur der Propaganda aus Moskau auf.
Macron stehe Selenski schon lange sehr nahe, lange vor dem Krieg. Diese Nähe sei nur noch stärker geworden. Macron gehöre ja auch nicht zufällig zu den grössten Fürsprechern der Ukraine, wenn es um deren Kandidatur für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union gehe.
Streit um Quantität und Qualität der Hilfe
Aber was ist mit den Zahlen zur militärischen Hilfe? Macron sagte nach dem Treffen mit Selenski, die Entschlossenheit Frankreich sei so stark wie am ersten Tag und werde sich nicht abschwächen. Für das laufende Jahr werde Frankreich zusätzliche militärische Hilfe für 3 Milliarden Euro leisten. Im Jahr 2022 habe sie 1,7 Milliarden betragen, 2023 dann 2,1 Milliarden. Wie sich diese Zahlen zusammensetzen, war zunächst nicht klar.
Man sei aber nicht interessiert an einer «guerre des chiffres», hatte Macrons Entourage gesagt, an einem Zahlenkrieg also. Zahlen seien «schwierig zu lesen».
Es müsse auch die «Qualität» der Hilfe angeschaut werden, dann werde es schnell «komplexer». Insinuiert wurde damit einmal mehr, dass die Deutschen qualitativ nicht die allerbeste, sofort einsetzbare Ware an die Ukraine lieferten. Jedes Land helfe mit den Bordmitteln, die es habe. Frankreich zum Beispiel sei «in führender Rolle bei der Artillerie und in der Luftabwehr», während andere Staaten auf anderen Gebieten stark seien – die Briten etwa mit ihren Drohnen.
Vorerst keine Kampfjets für die Ukraine
Frankreich will auch daran gemessen werden, dass es seit Beginn des Krieges schon 10’000 ukrainische Soldaten ausgebildet habe. Und bald sollen auch Piloten trainiert werden. Kampfjets des Typs Mirage 2000 werde man aber vorderhand keine liefern, heisst es, weil die Ukrainer sich auf den Einsatz von F-16 konzentrierten. Es sei unsinnig, diese «Kohärenz» aufzubrechen, man habe das schon oft genug gesagt. Der Tonfall passt zur Pikiertheit.
Macron stellte neulich in Aussicht, dass die nationale Rüstungsproduktion hochgefahren werde, wie das in einer «Kriegswirtschaft» der Fall sei – und die Fabrikation werde direkt auf die Bedürfnisse der Ukraine ausgerichtet.
Im Zentrum der Anstrengung soll der Konzern Nexter stehen, der die sogenannte Superkanone Caesar herstellt. Nexter liess ausrichten, er könne schnell 78 Caesars an die Ukraine liefern, doch er habe erst 18 verbindliche Bestellungen erhalten. An fehlender Werbung kann es nicht liegen: Paris hatte vor einem Monat einen Aufruf ans Ausland gerichtet, es möge Kanonen für die Ukraine in Frankreich kaufen.
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