Kampf gegen LärmVor ihr haben die Töfffahrer Angst
Gabriela Suter setzt sich gegen übermässig laute Motorräder ein. Damit zieht die SP-Nationalrätin grossen Zorn auf sich. Denn sie hat einen Nerv getroffen.
Die Menschen an den Passstrassen, die Leute auf den Balkonen und in ihren Schrebergärten, sie hoffen auf Gabriela Suter. Sie soll ihnen den Lärm nehmen.
Die Menschen auf ihren Kawasaki, auf ihren Harleys und Moto Guzzi, sie verwünschen diese Gabriela Suter. Sie bezichtigen sie einer Hexenjagd und werfen ihr, Obacht, «Motorradrassismus» vor.
Sind sie eine Rassistin, Frau Suter? «Nein. Wer sagt so was? Diesen Vorwurf finde ich jenseits», sagt die 48-Jährige. So jenseits, dass sie nicht näher darauf eingehen will. Lieber spricht sie über Lärmschutz.
Suter ist Aargauer SP-Nationalrätin und hat vergangenen Sommer nach einem lauten Frühling zwei Vorstösse lanciert. Der eine verlangt ein Fahrverbot für Motorräder mit einem Standgeräusch über 95 Dezibel. Der andere zielt auf die Schaffung gesetzlicher Grundlagen, damit die Polizei Lärmblitzer analog zu den Radarfallen nutzen kann. Suter kämpft gegen den Lärm. Motorradfahrer finden: Sie bekämpft den Töff.
Weil Suter schnell politische Verbündete fand, entscheidet am Dienstag der Nationalrat, ob der Bundesrat Massnahmen ergreifen soll, um übermässigen Motorenlärm wirksam zu reduzieren. Der Bundesrat unterstützt dieses Ziel.
Blocher hat sie zur SP gebracht
Suter ist 2003 als 31-Jährige der SP beigetreten, Christoph Blochers Wahl in den Bundesrat war der Auslöser. Sie begann als Einwohnerrätin, wurde dann Grossrätin und Präsidentin der Aargauer SP, nun sitzt sie seit 2019 im Nationalrat. Die klassische Ochsentour. Sie fordert eine grüne Wasserstoffstrategie und kämpft gegen Cybermobbing. Zu nationaler Berühmtheit kam sie aber durch ihr Engagement gegen den Töfflärm.
Mit ihren Vorstössen traf Suter einen Nerv. Die Lärmliga hat eine Petition gestartet, sie selber bekam Hunderte von Mails und Briefen. Die meisten waren Dankesworte von Lärmversehrten. Rund zehn Prozent der Reaktionen kamen kritisch daher, und jemand wünschte ihr, dass sie mit dem Velo verunfallt und darauf von einem Raser überfahren wird. Suter, das muss man wissen, setzt sich stark für Velowege ein und hat zu Hause weder Töff noch Auto in der Garage. Bloss Fahrräder im Veloschopf.
Spätestens als sich SVP-Nationalrat Walter Wobmann einschaltete und einen offenen Brief an die Töfffahrer schrieb, merkte sie, was sie ausgelöst hatte. Der Text trug den Titel: «Es geht um alles.»
Wobmann ist der höchste Töfffahrer der Schweiz, selbst ein passionierter Pilot, früher sportlich und auf Rennstrecken unterwegs, heute eher gemütlich auf seiner Kawasaki 750. Er beklagte im Brief die triste Situation der Töfffahrer. Kurz zusammengefasst: überall Gebote und Verbote. Er bat seine Kolleginnen und Kollegen aber auch, man solle doch in Wohngebieten mit niedrigen Drehzahlen und korrekten Tempi fahren.
Suter beschreibt das Verhältnis zu Wobmann als freundlich, aber distanziert. Die beiden kennen sich schon länger. Suter war einst an der Kantonsschule Aarau Lehrerin von Wobmanns Kindern und hat diese in Staatskunde unterrichtet. Thema damals: die Minarettinitiative. Bereits zu jener Zeit gab es zwischen den beiden kaum politische Schnittmengen.
Auf der Strasse ist das heute nicht anders. Bei Wobmann auf dem Sozius Platz nehmen? Lieber nicht.
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