Heute vor 75 JahrenVon steigenden Fallzahlen und lahmen Eltern
Vor 75 Jahren wurden die Schulen gleich an beiden Seeufern zum Thema. In Stäfa durch steigende Tuberkulosefälle und in Thalwil durch einen Streit.

Die Fallzahlen: Sie begleiten uns seit mehr als einem Jahr auf Schritt und Tritt, bestimmen unseren Alltag und sorgen – je nach Lage – für erleichtertes Aufatmen oder besorgte Mienen. Doch berühmt berüchtigt waren sie auch schon vor 75 Jahren. Damals sorgte der Bericht des in Stäfa tätigen Schularztes Schulthess für Schlagzeilen. Bei einer Reihenuntersuchung sei bei 38 Prozent der 144 in Frage kommenden Kinder Tuberkulose diagnostiziert worden. Im Vorjahr seien es noch 24 Prozent gewesen. Obwohl sich vier Schülerinnen und Schüler einer Erholungskur unterziehen mussten, sei die Schule von Epidemien verschont geblieben, hiess es trocken. Natürlich muss erwähnt werden, dass es zu dieser Zeit schon relativ gute Behandlungsmethoden, nämlich Antibiotika, gegen die Tuberkulose gab. Die Impfung jedoch, die die Schweiz in der jetzigen Pandemie relativ schnell erreichte, liess in Bezug auf Tuberkulose lange auf sich warten. Nachdem sie 1921 in Frankreich zum ersten Mal angewendet worden war, fand sie in der Schweiz erst 30 Jahre später Verbreitung.

Auch auf der anderen Seeseite stand die Schule im Fokus: Der «Anzeiger des Bezirkes Horgen» berichtete 1946 über einen zwischen Lehrerschaft und Eltern entbrannten Streit in Thalwil. Ausgebrochen war der Konflikt durch das Ausfallen der normalerweise auch an die Eltern adressierten Einladung zur Schulreise. Die Eltern würden die Lehrer zu sehr für sich in Anspruch nehmen und sie so in ihren Aufgaben behindern, begründeten die betroffenen Lehrer ihre Entscheidung. Auch verlangsamten die Väter und Mütter durch ihre «mangelnde Marschfähigkeit» die Reisegeschwindigkeit und strapazierten die Gruppe durch Extrawünsche. Die Lehrerschaft wünschte sich daher eine elternfreie Schulreise, was seitens der Sprösslinge wohl auch gut aufgenommen wurde, ganz zum Ärger der Eltern.
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