Panoramazug von Montreux nach InterlakenDie Bilderbuch-Schweiz vor dem Zugfenster
Passagiere des Goldenpass-Express fahren direkt von Montreux am Genfersee nach Interlaken am Brienzersee und umgekehrt.
Sobald der Zug der MOB (Montreux-Berner Oberland-Bahn) den Jaman-Tunnel hinter sich gelassen hat und die Talfahrt in Richtung Montreux beginnt, hüpft das Herz von Bettina Syrbe: «Ich geniesse diesen grossartigen Blick auf die Dents du Midi und den Genfersee», schwärmt die Zugbegleiterin.
Auf der entgegengesetzten Fahrt freut sie sich jeweils besonders, wenn sich bei Châteaux-d’Oex, Les Granges das Tal in Richtung Saanenland öffnet. «Ich habe den schönsten Arbeitsplatz, den man sich vorstellen kann», sagt die gebürtige Deutsche, die seit 1991 am Genfersee wohnt, aber erst seit einem Jahr als Zugbegleiterin unterwegs ist.
«Vorher arbeitete ich im Büro der MOB und in der statistischen Erfassung der Passagiere. Jetzt bin ich dafür verantwortlich, dass der Zug und die Gäste sicher von der Riviera nach Zweisimmen gelangen.» Der Dienstplan sieht für die 57-Jährige pro Tag eine Hin- und Retourfahrt Montreux-Zweisimmen vor, dazu mindestens eine weitere halbe Strecke.
Die MOB ist ein touristisches Highlight des Landes. «Nicht nur unser GoldenPass Express, der viermal täglich in jede Richtung verkehrt, ist ein Touristenmagnet», weiss Syrbe. «Auch auf den anderen Verbindungen sind viele in- und ausländische Gäste unterwegs. Die ganze Welt kommt zu uns.»
Die Passagiere seien meistens gut gelaunt und würden sich an der wunderbaren Aussicht zwischen Riviera und Berner Oberland erfreuen, an der Fahrt vom mediterranen Ambiente an den Gestaden des Genfersees durch die einmalige Landschaft des Waadtländer Pays d’Enhaut und die Freiburger Alpen übers liebliche Saanenland bis ins Simmental und weiter zum Thuner- und Brienzersee.
Metamorphose in Zweisimmen
Während für Bettina Syrbe in Zweisimmen Endstation ist und nach einer Pause die Rückfahrt nach Montreux ansteht, durchläuft der Zug auf dem Bahnhof eine Metamorphose: Seit Dezember 2022 verkehrt der GoldenPass Express durchgehend zwischen Montreux und Interlaken-Ost. Auf der Umspuranlage in Zweisimmen wechselt der Zug von der Schmalspur der MOB auf die Normalspur der BLS (Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn).
Derweil die Komposition aus Montreux mit 15 Stundenkilometern auf die Umspuranlage fährt, richten sich Klappen auf und stützen die Wagen. Darunter verbreitern sich die variablen Drehgestelle mit den Rädern von einem Meter auf 1,435 Meter Spurweite.
Gleichzeitig passen sich die Wagenkästen in der Höhe an – von 35 Zentimetern eines Schmalspurperrons zu 55 Zentimetern eines Normalspurbahnsteigs. Der Umspurprozess wurde von der MOB und Alstom entwickelt und gilt in der Szene der Panoramazüge als revolutionär. Da MOB und BLS unter unterschiedlichen elektrischen Spannungen verkehren, muss auch die Lokomotive gewechselt werden.
Die technisch eindrückliche Verwandlung dauert 8 Minuten, die gesamte Fahrtzeit von Montreux nach Interlaken-Ost 3 Stunden und 15 Minuten.
Die Idee einer durchgehenden Linie vom Genfer- zum Brienzersee bestand seit Jahrzehnten. Lange sprach man von einem dritten Gleis zwischen Zweisimmen und Interlaken. Aber weil die Untertunnelung des Bahnhofs Spiez jeden finanziellen Rahmen gesprengt hätte, wurde der Plan beerdigt. Ab 2008 nahm die Idee, auf variable Drehgestelle zu setzen, Form an.
Gefragt bei Touristen aus Übersee
«Für uns ist nun eine neue Epoche angebrochen», sagt Frédéric Delachaux. «Die durchgehende Verbindung zwischen touristischen Hotspots wie Montreux, Gstaad und Interlaken eröffnet der MOB neue Märkte.» Delachaux leitet bei der MOB das Marketing und den Verkauf und konstatiert, wie gut der Panoramazug in Fernmärkten wie Indien, Südostasien oder USA/Kanada ankommt.
Obwohl es Startschwierigkeiten gab, die aber längst behoben sind, hat die Passagierzahl zugenommen: «Offenbar können wir die Erwartungen der GoldenPass-Gäste erfüllen. Dass sie in Zweisimmen und auch in Spiez nicht mehr umsteigen müssen, ist ein Riesenvorteil.»
Und an welchem Streckenabschnitt liegt die Lieblingslocation des MOB-Marketingchefs? «Ich bin nicht gerade objektiv», schmunzelt Frédéric Delachaux. «Ich wohne in Rossinière, vier Kilometer von Châteaux-d’Oex entfernt in Richtung Montreux. Das ist die Schweiz aus dem Bilderbuch mit Wiesen, Wäldern, Bergen, Kühen und Chalets.»
Eine Zusammenarbeit der SonntagsZeitung mit Schweiz Tourismus und der MOB
Fehler gefunden?Jetzt melden.