Startsieg der SchweizerinnenVon der Grösse der WM-Bühne nur kurz überwältigt
Beim 2:0 gegen die Philippinen überraschen die Schweizerinnen mit ihrer Aufstellung. Dann steigern sie sich von nervös zu dominant – und haben nun bereits ihren ersten Matchball.
Der Grösse des Ereignisses angepasst
Kurz bevor das Spiel losgeht, steht Coumba Sow im Spielerinnentunnel und ist bereit, mit ihren Teamkolleginnen das Feld zu betreten. «Krass, wie die uns heute pushen», sagt sie zu Ramona Bachmann. Sow meint damit die Ersatzspielerinnen, die ihre Mitspielerinnen offenbar besonders laut anfeuern. Fast zweieinhalb Stunden später steht Lia Wälti in den Katakomben des Dunedin Stadium und lächelt. «Schön, dass das von aussen auffällt», sagt sie, als sie auf die besonders starke Unterstützung angesprochen wird. Als Captain ist es ihr wichtig, dass wahrgenommen wird, dass nicht nur die elf auf dem Platz wichtig sind. «Es braucht alle, wirklich alle», pflegt sie zu sagen.
Zum WM-Auftakt gegen die Philippinen ist das wirklich auffällig, fast demonstrativ umarmen sich Staff und Ersatzspielerinnen gegenseitig, bevor sie sich hinsetzen, von aussen sind immer wieder Anfeuerungen zu hören. Die Unterstützung ist der Grösse des Ereignisses angemessen. Das gilt auch auf philippinischer Seite, dort sind es eher die Fans, die sich lautstark bemerkbar machen, jedes Mal, wenn die Asiatinnen die Mittellinie überqueren – was mit zunehmender Spieldauer immer weniger passiert. Erstmals zeigt sich dieser Support schon anderthalb Stunden vor Anpfiff, als der Teambus der Philippinerinnen vor dem Stadion von Familie, Freunden und Anhängerinnen mit grossem Jubel empfangen wird.
Die Euphorie scheint die Aussenseiterinnen zu Beginn zu beflügeln, die Schweiz hingegen wirkt eher gehemmt. «Unruhig» sei ihr Team gewesen, findet Inka Grings, das sei aber absehbar gewesen. Zwanzig Minuten brauchen die Schweizerinnen, um im Spiel anzukommen, bis dahin müssen sie den Schreck eines annullierten Gegentors verdauen. Erst danach beginnt die Schweizer Dominanz, die dann dafür über die restlichen 70 Minuten anhält.
Das wertlose Papier namens Aufstellungszettel
Seit Grings das Schweizer Nationalteam trainiert, startete das Team oft mit einer Mittelfeldraute, einem sogenannten 4-1-2-1-2-System. So sollte auch gegen die Philippinen gespielt werden, zumindest stand das so auf dem Aufstellungszettel der beiden Teams. Die Realität sieht dann aber ganz anders aus, Ramona Bachmann links und Seraina Piubel rechts stehen hoch und breit, es ist ein klares 4-3-3. «Momentan ist das für uns das beste System», sagt Bachmann danach. Besonders die Ausnahmekönnerin blüht auf, hat bereits vor ihrem Penaltytreffer zum 1:0 einige gute Szenen. Nicht zum ersten Mal wird sie zum «Player of the Match» erkoren.
Und auch Piubel, die andere breit stehende Flügelstürmerin, wird mit zunehmender Spieldauer zum immer grösseren Problem für die Philippinen, die auf dem Papier ein 4-4-2 hätten spielen sollen, auf dem Platz aber mit Fünferkette verteidigen. Ihr Treffer in der 64. Minute ist ein verdienter Lohn für den Auftritt der FCZ-Spielerin.
Hinzu kommt, dass die Schweizer Mittelfeldspielerinnen Coumba Sow und Géraldine Reuteler mit ständigen Läufen in die Tiefe für Gefahr sorgen. «Wir waren sehr variabel», findet Wälti. Ein Schlüssel zu diesem 2:0-Sieg, der auch um ein paar Tore höher hätte ausfallen können.
Und nun bereits der erste Matchball
Sie sei schon etwas überrascht gewesen, gibt Wälti zu, als sie zum 1:0-Sieg Neuseelands im Eröffnungsspiel gegen Norwegen befragt wird. Für die Schweiz hat das Resultat nun den positiven Nebeneffekt, dass sie im zweiten Gruppenspiel mit einem Sieg gegen Norwegen den Achtelfinal-Einzug bereits klarmachen kann – sofern Neuseeland zuvor gegen die Philippinen nicht verliert. «Für mich gehören die Norwegerinnen aber weiterhin zu den Topfavoritinnen», sagt Grings, und auch Wälti glaubt, dass die Nordländerinnen eine Leistungssteigerung zeigen werden: «Mit ihrer individuellen Qualität können sie sicher noch zulegen.»
Grings hingegen hofft, dass Norwegen «nicht gegen uns explodiert». Die Schweizer Nationaltrainerin ist einzig von der Intensität beider Teams überrascht gewesen: «Irgendwie beeindruckend.» Nun sei die Ausgangslage anders als erwartet, vor dem Turnier galt als wahrscheinlich, dass im letzten Gruppenspiel die Schweiz und Neuseeland den zweiten Platz untereinander ausmachen.
Zuerst aber nimmt Grings dieses gute Gefühl eines WM-Startsieges mit und freut sich auf eine entspannte Nacht: «Heute werden wir sicher ruhig schlafen.»
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