Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Bauen ausserhalb von Bauzonen
Vom Stall zum Wohnhaus –
Umbauen soll einfacher werden

Bauen, wo Kühe weiden: In der Schweiz schwindet das Kulturland seit Jahren.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Im Baugebiet entstehen Häuser, ausserhalb des Baugebiets wächst das Grün – so einfach wäre es im Grundsatz. Die Realität sieht anders aus: Die Siedlungsfläche ausserhalb der Bauzonen nimmt in der Schweiz seit Jahren zu. Bei der letzten Erhebung des Bundesamts für Raumentwicklung (2019) lagen bereits 37 Prozent des überbauten Gebiets ausserhalb der Bauzonen. Haupttreiber der Entwicklung ist die Landwirtschaft. Es werden aber auch, teils illegal, immer wieder Ferienwohnungen gebaut.

Geht es so weiter, wird die Schweiz bald zu einem einzigen hässlichen Siedlungsbrei – so fürchten es jedenfalls die Urheber der sogenannten Landschaftsinitiative. Das Volksanliegen verlangt, dass «im Nichtbaugebiet die Zahl der Gebäude und die von ihnen beanspruchte Fläche nicht zunehmen».

Dem Ständerat, der sich in den letzten Tagen mit der Initiative befasste, ist ein solcher Plafond zu radikal. Die grosse Mehrheit der Kammer empfiehlt die Initiative zur Ablehnung, will das Bauen ausserhalb der Bauzonen aber ebenfalls neu regeln; am Donnerstag wurde die entsprechende Gesetzesrevision verabschiedet. Herausgekommen ist ein Text von schwer einschätzbarer Tragweite: Er würde das Bauen ausserhalb der Bauzonen teils erschweren, teils aber auch erleichtern. 

Die wichtigste Verschärfung ist das sogenannte Stabilisierungsziel. Die Überbauung des Nichtbaugebiets soll nicht knallhart gestoppt, immerhin aber «stabilisiert» werden. In ihren Richtplänen müssen die Kantone demnach künftig darlegen, wie sie dieses Ziel erreichen wollen. Und Hauseigentümer, die ihre Bauten ausserhalb des Baugebiets abreissen lassen, erhalten neu eine Abbruchprämie. 

Diese Beschlüsse sind als Gegenvorschlag und Friedensangebot an die Landschaftsschützer gedacht. Im Ständerat hoffen viele, dass die Landschaftsinitiative nun zurückgezogen wird.

«Verkitschung» befürchtet

Allerdings enthält die Gesetzesrevision auch ein Element, das exakt in die umgekehrte Richtung zielt. Neu soll es einfacher werden, alte Ställe in Wohnhäuser umzubauen. Genauer gesagt: Die Kantone können «besondere Gebiete bestimmen, in welchen sie die Umnutzung nicht mehr benötigter landwirtschaftlicher Bauten zur Wohnnutzung (…) vorsehen». 

Eingebracht wurde der Vorschlag vom Mitte-Vertreter Daniel Fässler aus Appenzell Innerrhoden. «Die Alternative ist, all diese kleinen landwirtschaftlichen Bauten im Berggebiet verfallen zu lassen», erklärte Fässler während der Debatte. «Die Landschaft würde dadurch nicht aufgewertet, aber Kulturlandschaften würden ihre charakteristische Ausprägung verlieren.» Das Ratsplenum schloss sich mit 22 zu 19 Stimmen Fässlers Antrag an.

Rusticos im Tessin: Wird der Umbau zum Wohnhaus in Zukunft weniger kompliziert?

«Eine Katastrophe ist das», findet Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz. Er fürchtet eine «Verkitschung» der Landschaft: Wo heute alte, verfallende Scheunen stünden, könne sich künftig jeder Reiche seine Villa hinbauen. Rodewald weist noch auf weitere Folgen hin: Die neuen Wohnhäuser würden mit Strassen und Leitungen erschlossen, und oft wachse auch die Gebäudefläche.

Bern, Wallis und Tessin besonders betroffen

Schweizweit finden sich gemäss Bundesangaben insgesamt knapp 600’000 Gebäude ausserhalb der Bauzonen, wovon etwa 400’000 unbewohnt sind. Bei letzteren handelt es sich zum überwiegenden Teil um Landwirtschaftsbauten – die nun also theoretisch eines Tages zu Wohnhäusern werden könnten. Der Entscheid des Ständerats dürfte sich je nach Kanton freilich sehr unterschiedlich auswirken. In drei Kantonen wären wohl besonders weitreichende Folgen zu erwarten:

  • Im Kanton Bern stehen mit Abstand am meisten Ställe ausserhalb der Bauzonen. Hier ist also besonders viel Gebäudefläche vorhanden, die sich in die von Rodewald befürchtete «Reichen-Bauzone» verwandeln könnte.

  • Das Wallis forderte während der Vernehmlassung als einziger Kanton explizit die von Fässler eingebrachte Lockerung. Sollte diese durchkommen, würde sie von den Wallisern mutmasslich intensiv genutzt. Auch im Wallis gibt es sehr viele Ökonomiegebäude ausserhalb der Bauzone – schweizweit am drittmeisten (nach Bern und Graubünden).

  • Der Kanton Tessin ist in einer speziellen Situation wegen seiner einmaligen Rustico-Landschaft. Heute ist der Umbau von Rusticos in Ferienhäuschen sehr restriktiv geregelt. Der Druck, die Regeln aufzuweichen, dürfte merklich steigen, falls der Ständeratsentscheid in Kraft tritt. 

Ein Rückzug der Landschaftsinitiative ist gemäss den Aussagen von Mitinitiant Rodewald damit nicht sehr wahrscheinlich. Nach dem Ständerat wird sich nun der Nationalrat mit der Gesetzesrevision befassen.