Nach Afghanistan-EvakuierungViele möchten den Transportflieger für die Schweizer Luftwaffe
Bei der Rettung aus Kabul war die Schweiz vom Ausland abhängig. Nun wollen Parlamentarier der Regierung ein Transportflugzeug aufzwingen.
Die Afghanistanaktion des Bundes ist abgeschlossen. Erfolgreich abgeschlossen. 385 Personen konnte die Schweiz retten. (Lesen Sie hier, wie die Evakuierung ablief.)
Wobei: Alleine hat die Schweiz keine einzige Frau, keinen Mann und auch kein Kind nach Europa gebracht. Dies war nur dank den USA und dank Deutschland möglich. Vor allem die deutsche Bundeswehr flog grosszügig und erst noch gratis auch Menschen mit Schweiz-Bezug aus Kabul aus. Denn im entscheidenden Moment durften nur Militärmaschinen in der afghanischen Hauptstadt landen. Aber die Schweizer Armee verfügt über kein Transportflugzeug.
Das könnte sich bald ändern. Die Evakuierung, die ohne fremde Hilfe unmöglich gewesen wäre, gibt einer Forderung nach einem schweizerischen Riesenvogel Auftrieb. Bereits in der Herbstsession dürfte der Nationalrat den Kauf eines Transportflugzeugs behandeln. Eingereicht hat die entsprechende Motion der Jurassier Pierre-Alain Fridez. Der Vorstoss ist breit abgestützt: 45 Nationalrätinnen und Nationalräte haben unterschrieben. Sie kommen aus allen Fraktionen. Besonders stark ist die Unterstützung aus Fridez’ Partei, der SP.
Der Wind hat gedreht bei der SP
Die Sozialdemokratie ist aber auch mitverantwortlich dafür, dass der Bund noch keine Transportflugzeuge besitzt. Mitte Nullerjahre war die Beschaffung zweier Casa C-295M vorgespurt. Doch eine unheilige Allianz der Linken mit der SVP brachte das Rüstungsprogramm zu Fall. Seither sind weitere Anläufe im Parlament gescheitert.
Doch jetzt könnte der Wind im Parlament gedreht haben. Bei der damaligen Gegnerschaft gibt es einige Befürworter. Aus der SP gab es immer wieder Exponentinnen und Exponenten, die sich für Transportflieger starkmachten. Nun sind aber besonders viele für die Grossanschaffung, die mit wenigen Hundert Millionen zu Buche schlagen dürfte. Zumindest vereinzelt Support gibt es sogar aus der SVP. Ihr Sicherheitspolitiker Thomas Hurter fand gemäss «Blick» zu Beginn der Afghanistan-Evakuierung, die Schweiz brauche «vernünftiges Equipment», darunter Transportflugzeuge. Allerdings stellte der Schaffhauser Nationalrat auch klar, man dürfe «andere Armee-Projekte nicht kannibalisieren».
Dies sehen die zahlreichen SPler und Grünen naturgemäss anders. Die Linke wehrt sich bekanntlich vehement gegen neue Kampfjets, für welche Verteidigungsministerin Viola Amherd weibelt. Bei den Transportflugzeugen herrscht ein bisschen verkehrte Welt, denn der Bundesrat lehnt eine Beschaffung ab. Die Motion Fridez empfiehlt er zur Ablehnung.
Die Landesregierung ortet zwar auch «Lufttransportbedarf» gleich in mehreren Bereichen: bei der militärischen Friedensförderung, der humanitären Hilfe, bei Katastrophen und Rückführungen von Schweizer Staatsangehörigen. Doch sie will Flugzeuge bei Bedarf lieber mieten. Oder im Notfall weiterhin auf hilfsbereite Partnerstaaten mit ihren «Überkapazitäten» und auf die «Möglichkeiten der internationalen Kooperation» vertrauen.
Kooperation mit Nato oder EU
Unbestritten scheint, dass Mieten «die kostengünstige und flexible Lösung» ist, wie der Bundesrat schreibt. Doch in Krisen ist dies nicht immer möglich. Besonders deutlich hatte sich das zu Beginn der Corona-Pandemie gezeigt. Weil viele Staaten plötzlich gleichzeitig Transportmaschinen brauchten, ging die Schweiz leer aus. Sie musste damals Medizinalgüter auf Sitzen von Passagiermaschinen gestapelt einfliegen lassen.
Auch die Motion, die in der Session, die in eineinhalb Wochen beginnt, behandelt werden soll, propagiert die internationale Kooperation. Um Kosten zu sparen, heisst es, wäre es «folgerichtig», «dieses Transportflugzeug in einen internationalen Lufttransportpool einzubringen», beispielsweise einen der Nato oder der EU.
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