AboInterview mit Neuropsychologe«Viele Leute hängen wie Junkies an ihren Smartphones»
Wir müssen unsere Selbstdisziplin trainieren und wieder lernen, uns nicht ständig ablenken zu lassen. Das fordert der Neuropsychologe Lutz Jäncke von der Universität Zürich.
Herr Jäncke, während der Corona-Pandemie haben Sie ein Sachbuch über den Wandel des Homo sapiens zum Homo digitalis geschrieben. Eine gefährliche Entwicklung?
Obwohl ich ein Technikfreak bin und nicht erst seit der Corona-Krise multimediale Vorlesungen halte, um die Inhalte abwechslungsreich zu vermitteln, sehe ich in der aktuellen Entwicklung auch Gefahren. Denn noch nie in der gesamten Menschheitsgeschichte hat es innerhalb von nur 10 bis 15 Jahren eine derart grosse technische und kulturelle Revolution gegeben. Inzwischen nutzt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung, also rund 4,5 Milliarden Menschen, das Internet. Unser Gehirn wird plötzlich mit einer Flut von Informationen und Reizen konfrontiert, auf die es biologisch gar nicht vorbereitet ist. Viele Leute hängen an ihren Smartphones wie Junkies, die von ihren Drogen nicht wegkommen.