Juristische Begriffe erklärtWie sich Verwahrung und stationäre Massnahme unterscheiden
Das Strafgesetzbuch sieht drei Möglichkeiten vor, die Öffentlichkeit vor psychisch schwer gestörten Straffälligen zu schützen. Die wichtigsten Unterschiede.
Der Entscheid hat Seltenheitswert: Geht es nach dem Bezirksgericht Zürich, darf Caroline H. in eine stationäre Massnahme wechseln – nachdem sie 23 Jahre verwahrt gewesen ist. Doch was heisst das konkret?
Das Schweizer Strafgesetzbuch sieht drei Möglichkeiten vor, die Öffentlichkeit vor psychisch schwer gestörten und gefährlichen Straftätern zu schützen.
Die ordentliche Verwahrung
Sie wird angeordnet, wenn entweder aufgrund der Persönlichkeitsmerkmale oder wegen einer schweren psychischen Störung der verurteilten Person weitere Taten zu erwarten sind und eine stationäre Therapie keinen Erfolg verspricht.
Technisch gesehen beginnt die ordentliche Verwahrung nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe. Mindestens alle zwei Jahre muss überprüft werden, ob die Verwahrung noch nötig ist. Aktuell sind knapp 150 Personen in der Schweiz ordentlich verwahrt.
Die lebenslängliche Verwahrung
Wird ein Täter oder eine Täterin als dauerhaft untherapierbar eingestuft und ist die Rückfallgefahr sehr hoch, kann er oder sie lebenslänglich verwahrt werden.
Auch die lebenslängliche Verwahrung erfolgt nach Vollzug der Strafe. Eine Entlassung ist nur möglich, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse eine Therapierbarkeit erwarten lassen.
Faktisch ist die 2008 eingeführte Regel toter Buchstabe. Nur ein einziger Täter wurde je lebenslänglich verwahrt. Alle weiteren entsprechenden Verurteilungen hat das Bundesgericht aufgehoben, weil sich so gut wie nie sicher sagen lässt, dass eine Person auf Jahre hinaus nicht behandelbar ist.
Die stationäre Massnahme
Ist ein Täter schwer psychisch gestört und lässt sich die Rückfallgefahr mit einer Therapie senken, ordnet das Gericht eine stationäre Behandlung im Gefängnis oder in einer geschlossenen Einrichtung an.
Die stationäre Massnahme dauert vorerst fünf Jahre, kann aber immer wieder verlängert werden. Sie wurde deshalb früher auch «kleine Verwahrung» genannt. Anders als die Verwahrung wird sie anstelle der Strafe verhängt. Ist sie erfolgreich, entfällt die Strafe.
Die Zahl der Menschen in einer stationären Massnahme stieg jahrelang stark an, aktuell sind über 700 Personen in einer solchen Behandlung.
An sich ist das System zwischen ordentlicher Verwahrung und stationärer Massnahme in beide Richtungen durchlässig. Zeigen sich bei einer verwahrten Person Fortschritte, kann eine stationäre Massnahme angeordnet werden. Ist eine Massnahme nicht erfolgreich, ist auch eine Umwandlung in eine ordentliche Verwahrung möglich.
Allerdings müssen Umwandlungen immer von einem Gericht angeordnet werden. Wie oft sie tatsächlich vorkommen, konnte das Bundesamt für Statistik auf Anfrage nicht sagen. Fälle wie jener von Caroline H. kommen aber nur vereinzelt vor.
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