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Meinung

Kommentar zum Neustart mit der EU
Einen dritten Anlauf wird es nicht geben

European Commission President Ursula von der Leyen (R) listens to Switzerland's President Viola Amherd (L) addressing the audience during their joint press conference at the EU headquarters in Brussels on March 18, 2024. (Photo by Kenzo TRIBOUILLARD / AFP)
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Es ist noch nicht zu spät, aber höchste Zeit: Regierung, Wirtschaft und Forschungsplatz müssen erklären, weshalb es einen Deal mit Brüssel als stabile Grundlage für die Beziehung zwischen der Schweiz und der EU so dringend braucht. Bundespräsidentin Viola Amherd und EU-Kommissions-Chefin Ursula von der Leyen haben am Montag den Startschuss gegeben für die neuen Verhandlungen. In der Schweiz haben die Gegner aber nicht zugewartet und schon lange auf Angriff geschaltet.

Es geht um die Zukunftsfrage für die Schweiz. Sehen wir uns als immerwährende Insel oder endlich als Teil unserer europäischen Nachbarschaft, von der unsere Prosperität zu einem guten Teil abhängt? Die Gegner links und rechts der Mitte haben derzeit klar die Deutungshoheit. Geschenkt, dass sie das Narrativ mit Kampfbegriffen wie dem Kolonialvertrag oder dem neoliberalen Ausverkauf bestimmen. Es ist das Bild einer ängstlichen, verzagten Inselschweiz, das da gezeichnet wird.

Die Befürworter machen es ihnen dabei sehr einfach. Sie müssten mit Herzblut für eine Annäherung werben, ähnlich wie es die Gegner tun. Es wäre eine Gegenerzählung, die sich um Chancen für Forschende bis hin zu mehr Rechtssicherheit für Firmen dreht und weniger um Ängste. Es wäre fatal, damit erst zu beginnen, wenn die Verhandlungen zwischen Brüssel und Bern abgeschlossen sind. Der Deal wäre dann wie beim ersten Anlauf mit dem Rahmenabkommen schon vor der Ziellinie kaputt geschossen.

Gefährlicher Schweizer Perfektionismus

Kommunikation ist die halbe Miete, doch die Verhandlungen könnten auch am Schweizer Perfektionismus scheitern. Es war wohl naiv, zu hoffen, dass es nach endlosen Sondierungsrunden schnell gehen würde. Qualität sei wichtiger als Tempo, sagt Bundespräsidentin Viola Amherd. Das klingt bedrohlich nach einem Déjà-vu. Schon beim ersten Anlauf versuchte die Schweiz alles bis ins letzte Detail zu regeln.

Vor allem über die Zuwanderung soll jetzt «hart» verhandelt werden. Dabei hat der Wettbewerb um Fachkräfte weltweit längst begonnen. Wissen wir, wie die Welt in fünf oder zehn Jahren ausschaut? Gut möglich, dass wir in Zukunft noch mehr als heute um jeden froh sein werden, der in unseren Spitälern arbeiten oder in unsere Sozialversicherungen einzahlen will.

Während der Corona-Pandemie mussten wir schmerzhaft erfahren, dass wir keine Insel sind. Es war nicht sehr souverän, wie Schweizer Diplomaten darum bitten mussten, bei Krisensitzungen in Brüssel zugelassen zu werden. Ein Gesundheitsabkommen könnte hier Abhilfe schaffen und ein Plus an Souveränität mit sich bringen. Ähnlich ist es mit dem geplanten Stromabkommen, dank dem die Schweiz ihre Vorteile als Batterie Europas nutzen und die Stabilität des Netzes sichern könnte.

Klar, einen Deal ohne Nachteile wird es nicht geben. Verhandlungen sind immer ein Geben und Nehmen, Risiken können nicht für alle Zeiten ausgeschlossen werden. Für eine Einigung mit Brüssel sind Mut und Zuversicht gefragt. Die Befürworter müssten das grosse Ganze im Auge behalten und dürften sich nicht im Klein-Klein verlieren. Es geht unter dem Strich darum, den Wohlstand der Schweiz zu sichern. Und auch dies dürfte klar sein: Scheitert dieser Anlauf, wird die EU nicht so rasch für einen dritten Versuch bereit sein.

Bundespraesidentin Viola Amherd, rechts, diskutiert mit  Staatssekretaer Alexandre Fasel, nach ihren Treffen in der EU-Kommission, am Montag, 18. Maerz 2024 in Bruessel, Belgien. Der Besuch der Bundespraesidentin markiert den offiziellen Beginn der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)