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Vater der pakistanischen Bombe ist tot
Er galt als «gefährlichster Mann der Welt»

Der Begründer des pakistanischen Atomprogramms Abdul Qadeer Khan ist am Sonntag verstorben. 
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Das Leben des Abdul Qadeer Khan hat viel Spaltpotenzial hervorgebracht. Als Nuklearwissenschaftler und Ingenieur diente er viele Jahre lang seinem Land Pakistan und polarisierte dabei die Welt. Das gilt für die weitere Verbreitung atomarer Waffen ebenso wie für die unterschiedlichen Wahrnehmungen, die sich mit der Karriere von Khan verbinden. Den einen gilt er als Volksheld, den anderen als Schurke, der dafür sorgte, dass brandgefährliche Atomtechnologie in die falschen Hände gelangte.

In seiner Heimat wird Khan, der am Wochenende im Alter von 85 Jahren starb, in Ehren gehalten als Chefentwickler des nationalen Atomprogramms, man kennt ihn als «Vater der pakistanischen Bombe». Das passt zur Logik des mächtigen Militärs, wonach Nuklearwaffen zur Verteidigung des pakistanischen Volkes unersetzlich sind. Atomwaffen gelten als ultimatives Mittel, um sich dem grossen verfeindeten Bruder Indien entgegenzustemmen.

«Er wurde von unserer Nation geliebt.»

Imran Khan, Premierminister von Pakistan

«Tief betrübt über den Tod von Dr. A. Q. Khan» äusserte sich denn auch Premier Imran Khan via Twitter. «Er wurde von unserer Nation geliebt», schrieb der Regierungschef über den Verstorbenen, «weil er entscheidend dazu beitrug, aus uns einen Nuklearwaffenstaat zu machen.»

Weltweit war Khan hingegen umstritten. Der Vorwurf war, dass er eben nicht nur Pakistan in einen «Nuclear State» verwandelte, sondern sich mit seinem Wissen und geheimen Kontakten auch anderen Ländern zuwandte: Libyen, Iran, Nordkorea. In den Worten von Ex-CIA-Chef George Tenet war Khan «mindestens so gefährlich wie Osama Bin Laden». Westliche Geheimdienste werteten Informationen aus, wonach Khan immer wieder in den Schmuggel von Atomtechnologie verwickelt war.

Staatlich verhängter Hausarrest

2004 räumte Khan im Fernsehen sogar ein, er habe andere Länder mit Atomtechnologie versorgt; sein Auftritt glich einem reuigen Geständnis, in dem er die eigene Nation um Verzeihung bat. Einige Jahre später nahm er das aber wieder zurück und behauptete, er habe alles nur auf Druck des damaligen Militärherrschers Pervez Musharraf verkündet. Und ein Gericht in Islamabad entliess ihn 2009 schliesslich aus dem staatlich verhängten Hausarrest.

Auch wenn vieles nebulös bleibt, so haben Experten doch zahlreiche Hinweise zusammengetragen, die zeigen, dass Khans geheimes Netzwerk Nukleartechnologie nach Iran und Nordkorea lieferte. Auch als Libyen über das Ende seines Atomprogramms verhandelte, stiessen die Amerikaner auf Spuren, die zu Khan führten.

Technische Vorlagen entwendet

Khan wurde 1936 in Bhopal geboren. Dort erlebte er als Kind die blutige Teilung Britisch-Indiens. Mit seiner Familie zog er nach Westen, wo sich der neue Staat Pakistan formierte. Er studierte in Karachi und Berlin, bevor er seine Studien in Belgien und den Niederlanden abschloss. Als Pakistan 1971 im Krieg gegen Indien unterlag und den östlichen Teil seines Gebietes verlor – das heutige Bangladesh –, strebten die gedemütigten Generäle nach neuer Stärke. Und einer, den man dafür brauchte, war Khan, der inzwischen in Europa an der Entwicklung von Zentrifugen arbeitete.

Das Militär holte Khan nach Hause, dabei soll er technische Vorlagen bei seinem damaligen Arbeitgeber mitgenommen haben. Er baute ein geheimes Netzwerk auf, das im Wettlauf mit Indien die Grundlagen für das pakistanische Atomwaffenarsenal schuf.

Staatsbegräbnis geplant

Was trieb Khan an? Offenbar mehr als Geld. Khan zählte zu jenen, die das Nuklearmonopol einiger weniger Staaten als ungerecht betrachteten. Dass der Westen ihm nachstellte, liege daran, dass er dessen strategische Pläne durchkreuzt habe, sagte er einmal. Lange lebte er abgeschirmt und streng bewacht. Der Staat achtete darauf, dass er nicht mehr reiste. Gleichzeitig pflegte die Armee seinen Ruf als Nationalheld.

Der Premier ordnete ein Staatsbegräbnis an. Und ein Minister beschwor, was Khan im Kern für das Land geleistet habe. Die Nation, sagte er, sei durch ihn «unbesiegbar» geworden.