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Geburtentief in den USA
Mehr Babies für die USA, aber wie? Musk will künstliche Befruchtungen, Vance lehnt solche ab

Senator JD Vance und Elon Musk bei einer Wahlkampagne in Butler, Pennsylvania, 5. Oktober 2024.
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In Kürze:
  • Die USA kämpfen mit einer historisch tiefen Geburtenrate von 1,6 Kindern pro Frau.
  • Pronatalisten fordern staatliche Anreize zur Förderung von Familiengründungen ohne Zuwanderung.
  • Künstliche Befruchtung spaltet die Bewegung zwischen religiös-konservativen Gegnern und Befürwortern.
  • Elon Musks unkonventionelles Familienmodell stösst bei traditionellen Pronatalisten auf Ablehnung.

Beim Problem sind sich Elon Musk und J. D. Vance einig: Die Geburtenrate in den USA ist mit nur 1,6 Kindern pro Amerikanerin zu tief – um die Bevölkerungszahl stabil zu halten, wären 2,1 Kinder nötig. Davon sind die USA aber so weit entfernt wie alle modernen Länder ausser Israel (2,3). Auch in der Schweiz befand sich die Geburtenrate mit 1,28 letztes Jahr auf einem Rekordtief. 

Der Chefberater und der Vizepräsident sind deshalb überzeugt, dass der Staat mit allerhand Anreizen dafür sorgen soll, dass Paare wieder häufiger Familien gründen und mehr Kinder bekommen. Musk und Vance sind sogenannte Pronatalisten und gehören zu jenen konservativen Kreisen, die seit Jahren für mehr Unterstützung für (kinderreiche) Familien lobbyieren. 

Dass die Migration das Problem lösen könnte, lehnen beide ab, weil das die Identität einer Nation verändern würde. Wenn es aber darum geht, Lösungen für die laut Musk «grösste Bedrohung der Menschheit» zu finden, liegen er und Vance weit auseinander. 

Musk und Vance entzweien die Pronatalisten

Das musksche Lager versteht die tiefe Geburtenrate vorab als technisches Problem, das mit möglichst effizienten Methoden gelöst werden soll. Ein «demografischer Kollaps», wie Musk das nennt, würde die Wirtschaft, den Fortschritt und die Zukunft des Planeten bedrohen. Ergo braucht es Nachwuchs. 

Dem konservativen Flügel um J. D. Vance hingegen geht es um Werte. Er bezeichnet die Familie als «Fundament unserer gesamten Zivilisation». Wenn es sie nicht mehr gebe, «haben wir kein echtes Land mehr», sagt er. Kinderlosen («childless cat ladies») unterstellte er, sie könnten sich nicht so engagiert für das Land einsetzen wie Eltern, da «sie kein direktes Interesse an der Zukunft des Landes» hätten. 

Musk und Vance stehen damit stellvertretend für zwei Richtungen innerhalb der pronatalistischen Bewegung. Wie sehr die Ansichten auseinandergehen, zeigt sich besonders deutlich am Beispiel der künstlichen Befruchtung. Schon im Wahlkampf versprach Donald Trump, die Behandlung für ungewollt kinderlose Paare kostenlos zu machen. Im Februar unterzeichnete der Präsident ein Dekret, das die In-vitro-Fertilisation immerhin erschwinglicher machen soll. 

Konservative lehnen künstliche Befruchtung ab

Trump kümmert sich damit zwar um eine der Herzensangelegenheiten der Religiös-Konservativen – die Stärkung der «nuclear family» –, dennoch lehnen sie die Methode ab. Denn bei der künstlichen Befruchtung fallen überzählige Embryonen an, die nach erfolgreicher Schwangerschaft vernichtet werden. Schätzungen zufolge betrifft das in den USA jährlich rund 1,7 Millionen Embryonen. Die Religiös-Konservativen können künstliche Befruchtung nicht gutheissen, solange sie Abtreibungen generell verurteilen (von denen es 2023 geschätzt rund eine Million gab).

Nicht nur christliche Gruppierungen stehen der künstlichen Befruchtung ablehnend gegenüber, sondern auch jene, die befürchten, auf diese Weise würden Kinder gleichsam nach Wunsch gezüchtet. Tatsächlich ist es amerikanischen Fortpflanzungskliniken heute schon erlaubt, Embryonen nicht nur auf Krankheiten, sondern auch auf optische Merkmale und das Geschlecht zu testen. Wer will, kann ein Mädchen mit blauen Augen «bestellen». Das empfinden selbst viele Nichtreligiöse und Demokraten als unethisch. 

Musk nutzte Leihmütter und künstliche Befruchtung

Ganz anders das Lager von Elon Musk. Diesem sind solche Überlegungen und Vorbehalte fremd, es begrüsst die neuen technischen Möglichkeiten sogar ausdrücklich. Der Milliardär selbst will als gutes Beispiel vorangehen und höchstpersönlich etwas gegen die tiefe Geburtenrate tun. Frank und frei gibt der 14-fache Vater zu, dass mehrere seiner Kinder von einer Leihmutter ausgetragen wurden oder durch künstliche Befruchtung entstanden sind.

Musk geht es weder um Religion noch um den Schutz der traditionellen Kernfamilie, die für Vance und viele Republikaner so wichtig ist. Mit 14 Kindern von drei verschiedenen Frauen entspricht er ohnehin nicht dem Idealbild des Familienvaters, das den Konservativen vorschwebt, wenn diese von Grossfamilien sprechen. 

Der Vizepräsident eines konservativen Thinktanks brachte das Dilemma der Pronatalisten letzte Woche in der «New York Times» auf den Punkt:  «Wir wollen keine Kinder um jeden Preis, denn sie sind keine Ware», sagte er. Elon Musk tauge nicht als familiäres Rollenmodell.