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Härtere Exportkontrollen  
USA verschärfen Gangart im Chip-Wettrennen mit China    

Die USA setzen alles daran, ihren technologischen Vorsprung gegenüber China in dieser Schlüsseltechnologie zu halten: Blick in die Chipproduktion von Intel.
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Der Kampf zwischen den USA und China um die Vorherrschaft in der Chipindustrie spitzt sich zu. Die USA wollen die Exportkontrollen dieser Schlüsselindustrie verstärken, um China technologisch auf Abstand zu halten. Denn weder die bisher verhängten Sanktionen gegen die chinesische Hightechindustrie noch Attacken auf einzelne Missetäter haben gewirkt.

Das US-Handelsministerium bewilligte aus Rücksicht auf die amerikanische Halbleiterbranche zu viele Ausnahmen. Das erlaubte es China weiterhin, wertvolle Technologie zu importieren und zu kopieren. Gemäss einem Bericht der «Washington Post» ist es China beispielsweise gelungen, das eigene Überschall-Lenkwaffensystem dank US-Technologie zu perfektionieren, die unter Umgehung von Exportverboten erworben wurde.

Nun sollen derart weitreichende Exportkontrollen eingeführt werden, dass sich die USA einen «möglichst grossen Vorsprung» vor China sichern könnten, sagt der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan. «Die Rivalen (gemeint ist China) sollen nicht mehr in der Lage sein, die Technologien Amerikas und seiner Verbündeten auszubeuten und die Sicherheit der USA und der Alliierten zu untergraben», erklärt er.

Branche soll unter staatliche Aufsicht

US-Präsident Joe Biden will die ganze Halbleiterindustrie unter staatliche Aufsicht stellen. Die Attacke gegen China setzt auf zwei Seiten an. Nicht nur US-Firmen, sondern auch Unternehmen in Asien und Europa, die mit amerikanischen Firmen arbeiten, sollen einer scharfen Exportkontrolle unterstellt werden. Hochmoderne Chips, wie sie für künstliche Intelligenz, Waffensysteme und Supercomputer benötigt werden, dürfen nur noch nach China exportiert werden, wenn die USA eine Lizenz dafür gewähren.

Parallel soll gegen Importeure von US-Software ermittelt werden, ob sie amerikanisches Know-how an strategische Feinde weiterreichen. Die USA wollen auf diese Weise chinesische Firmen in der globalen Chiplieferkette isolieren und de facto ihre Entwicklung einfrieren.

«Die USA spielen ihre zentrale Position in der globalen Halbleiter-Lieferkette gnadenlos aus.»

Gregory Allen, Ex-Mitarbeiter im US-Verteidigungsministerium

Analysten meinen, dass China dadurch in einen technologischen Rückstand von drei bis vier Jahren geraten könnte. Betroffen wären Dutzende von chinesischen Firmen, aber auch Hochschulen. Zudem werden sich Dutzende chinesisch-amerikanische Manager nun entscheiden müssen, ob sie die US-Staatsbürgerschaft behalten oder weiterhin für Firmen arbeiten wollen, die auf der «entity list» stehen. Firmen auf dieser Liste gelten als sensibel und unterliegen bereits jetzt Exportbeschränkungen. 

Der Angriff auf China überraschte nicht nur die US-Chiphersteller, sondern noch mehr die chinesischen Konkurrenten. Das chinesische Handelsministerium kritisierte das unilaterale Vorgehen der USA als «technologische Tyrannei», die gegen anerkannte Marktregeln und die internationale Wirtschaftsordnung verstosse.

Tatsächlich gehe es der US-Regierung darum, einen technologischen Schock auszulösen, sagt Gregory Allen, ehemaliger Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums und nun Analyst des Center for Strategic and International Studies. «Die USA spielen ihre zentrale Position in der globalen Halbleiterlieferkette gnadenlos aus», so Allen, «die technologische und politische Macht wird in einem unerhörten Ausmass eingesetzt.»

Bidens Vertrauensproblem

Die Restriktionen werden allerdings nicht nur die Chipbranche in China zurückwerfen. Auch Hersteller in Asien, Europa und den USA dürften einen hohen Preis zahlen. Die gesamte Branche ist bereits massiv geschwächt, an der Börse haben führende Chiphersteller in diesem Jahr über 60 Prozent an Wert verloren, weil die globale Lieferkette gestört und weil China als Absatzmarkt geschwächt wird.

Die holländische ASML etwa, ein führender Zulieferer der Chipindustrie, weigerte sich, der Forderung der USA Folge zu leisten und den Export von Lithografiemaschinen, die für die Chipproduktion zentral sind, an China zu stoppen. Ob sich andere Hersteller dem Diktat Washingtons beugen werden, ist offen, da die Details der Restriktionen noch ausgearbeitet werden müssen.

Die Regierung Biden hat allerdings ein Vertrauensproblem, da sie im vergangenen Frühling versprochen hatte, nicht isoliert gegen China vorzugehen. Sicherheitsberater Jake Sullivan versprach damals den amerikanischen Chipherstellern KLA, Applied Materials und Lam Research, dass die Sanktionen zusammen mit Verbündeten in Europa und Asien durchgesetzt würden.

Neue Phase im Kalten Krieg

Doch im Sommer wurde bekannt, dass der chinesische Konzern SMIC einen Super-Chip produziert hatte, der den besten Produkten Taiwans Konkurrenz machen könnte. Dieser unerwartete technologische Sprung und die Befürchtung, China könnte Taiwan angreifen, führten schliesslich dazu, dass die US-Regierung im Alleingang gegen China vorging und nicht auf die Alliierten wartete, die die russischen Sanktionen mitgetragen hatten.

Um den Technologievorsprung der USA auszubauen, hatte das Weisse Haus zudem im Sommer beschlossen, über 50 Milliarden Dollar in die heimische Halbleiterindustrie zu investieren. Für dieses Projekt erhielt die Regierung sogar die seltene Unterstützung beider Parteien.

Diese neue Phase des Kalten Kriegs bestätigt, was die Handelsexperten Henry Farrell und Abraham Newman vor drei Jahren schon beschrieben hatten. Konventionelle Handelskriege, mit denen Länder den Zugang zu ihren Märkten zu kontrollieren versuchten, seien nicht mehr wirksam, schrieben sie. Die wirtschaftliche Macht der Zukunft stütze sich vielmehr darauf, den Rivalen den Zugang zu kritischen Gütern und Rohstoffen – in diesem Fall zu Halbleitern – zu unterbinden. Genau das setzten die USA nun um.