An Grenze zu MexikoSchon wieder ein deutscher Tourist in US-Abschiebehaft. Seine Freundin sagt: «Es ist schrecklich»
Lucas Sielaff wollte mit einer Esta-Einreisebewilligung über Mexiko in die USA einreisen – nun befindet er sich in Abschiebehaft. Es ist der zweite Fall innert kurzer Zeit. Seine Verlobte warnt vor Reisen in die USA.

- Der Deutsche Lucas Sielaff sitzt seit zwei Wochen in amerikanischer Abschiebehaft.
- Seine Einreisebewilligung wurde an der Landgrenze zu Mexiko widerrufen.
- Die US-Einwanderungsbehörde prüft derzeit seinen Fall, das deutsche Konsulat ist informiert.
- Er ist bereits der zweite deutsche Tourist, der seit Anfang des Jahres beim Überqueren der Grenze zwischen San Ysidro und San Diego festgenommen wurde.
Lucas Sielaff, ein 25-jähriger Deutscher, sitzt im kalifornischen Otay Mesa Detention Center in Abschiebehaft. Es ist die gleiche Anstalt, in der auch die deutsche Tattookünstlerin Jessica Brösche sitzt. Beiden wurde an der gleichen mexikanischen Landgrenze ihre Einreisebewilligung für die USA (Esta) entzogen.
Jessica Brösche befindet sich seit fast sechs Wochen in der Haftanstalt. Lucas Sielaff seit zwei. Während Brösches Fall in Deutschland und den USA für Aufsehen sorgt, gibt es bislang keine Medienberichte zu Lucas Sielaff. Diese Redaktion hat mit seiner Verlobten gesprochen.
Nach «Missverständnis» wurde Lucas verhaftet
Lennon Tyler spricht schnell, aber bestimmt in ihr Telefon. «Lucas wurde am 18. Februar an der Grenze in San Ysidro festgenommen», sagt sie. Tyler lebt in Las Vegas, ihr Partner im deutschen Bad Bibra, nahe Erfurt. Er war bei seiner Verlobten zu Besuch, fuhr mit ihr und ihrem Hund für einen Tierarztbesuch nach Mexiko.
Auf dem Rückweg fragten die Grenzbeamten ihn laut seiner Verlobten, wo er wohne. Eigentlich eine Standardfrage. Aber: «Es gab ein Missverständnis. Er antwortete, er lebe in Las Vegas. Ich habe ihn sofort korrigiert. Sein Englisch ist nicht sehr gut, deshalb dachte er, es ginge darum, wo er hinwolle. Er wohnt nicht in den Staaten.»
Ein Beamter der U.S. Customs and Border Protection habe ihn daraufhin in einen Raum geführt. «Sie liessen mich nicht zu ihm oder ihm bei der Sprache helfen. Sie erlaubten ihm auch keinen anderen Übersetzer», sagt Lennon Tyler.
Grenzbeamte dürfen Esta bei Verdacht zurückziehen
In den USA gilt, dass letztlich die Grenzbehörden über die Einreise entscheiden. Auch wenn zuvor eine Esta-Genehmigung erteilt wurde. Heisst: Selbst mit einem gültigen Esta kann die Einreise verweigert werden, wenn Verdachtsmomente wie Sicherheitsbedenken oder Unregelmässigkeiten auftreten.
Laut Lennon Tyler endeten Versuche, ihrem Verlobten zu helfen, für sie in Handschellen. Sie sei kurzzeitig festgehalten worden, durfte dann jedoch gehen. Nicht so Lucas Sielaff. «Die Beamten hielten ihn zwei Tage an der Grenze fest, dann wurde er von ICE festgenommen und in das Otay Mesa Detention Center gebracht.»
ICE ist die US-Einwanderungs- und Zollbehörde. Donald Trump wies deren Mitarbeiter seit seiner zweiten Amtszeit dazu an, hart durchzugreifen. Er veranlasste unter anderem Razzien in Grossstädten, bei denen illegale Einwanderer ausfindig gemacht werden sollen, und lässt zahlreiche Immigranten abschieben.
Deutsche Botschaft in Kontakt mit Behörden
Derzeit wartet Lucas Sielaff auf eine Entscheidung von ICE-Beamten. «Wir können gerade nur darauf warten, dass sie Lucas nach Deutschland zurückschicken», sagt seine Verlobte. Aus dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Los Angeles heisst es, man sei über den Fall informiert: «Wir stehen diesbezüglich in engem Kontakt mit den zuständigen US-Behörden und mit der Familie des Betroffenen.» Weitere Angaben könne man nicht machen.

«Er ist niedergeschlagen, frustriert und hat Heimweh»
Laut seiner Verlobten hat Lucas Sielaff angeboten, selbst und sofort einen Flug nach Deutschland zu organisieren und diesen zu zahlen. Eine Reaktion darauf sei jedoch ausgeblieben. Es gebe in der Einrichtung in Otay Mesa nur wenige ICE-Beamte, die die einzelnen Fälle bearbeiten.
Sie wisse das, weil sie täglich mit Lucas telefoniere. Über seinen Zustand sagt sie: «Er ist niedergeschlagen, hat Heimweh und ist frustriert. Sein Englisch ist nicht besonders gut, und er versucht, sich allein im US-Rechtssystem zurechtzufinden. Es ist schrecklich.»
Weitere Deutsche seit sechs Wochen in Abschiebehaft
Mit Jessica Brösche, der Deutschen, die ebenfalls im Otay Mesa Detention Center sitzt, konnte er sich bislang nicht austauschen. «Sie haben nicht miteinander gesprochen. Aber die beiden Fälle zeigen, dass es für Touristen nicht sicher ist, in die USA zu reisen.» Lennon Tyler geht gar so weit, Touristen vor einer Reise in die USA zu warnen: «Kommen Sie nicht hierher. Erst recht nicht mit einem Esta – und besonders nicht über die mexikanische Landesgrenze.»
Doch gibt es wirklich Grund zur Sorge für Touristen? Zum Fall von Jessica Brösche, die sich seit Ende Januar in der Abschiebeeinrichtung befindet, erklärt die US-Einwanderungsbehörde ICE gegenüber US-Medien, dass sie sich in Haft befinde, «weil sie gegen die Bedingungen ihrer Einreise verstossen hat».
Fall sei «besorgniserregend»
Jeff Joseph, Präsident der American Immigration Lawyers Association, bezeichnete Brösches Fall gegenüber CNN dennoch als «ziemlich ungewöhnlich». Normalerweise würden Reisende, die mit einem Esta in die USA einreisen und abgewiesen werden, ihren Antrag zurückziehen und direkt in ihr Heimatland zurückkehren. Dies, statt abgeschoben zu werden oder länger in Haft zu bleiben. Brösches längerer Aufenthalt in Otay Mesa sei «äusserst besorgniserregend».
Auf eine Anfrage zu Lucas Sielaffs Fall reagierte die US-Einwanderungsbehörde ICE bislang nicht. Core Civic, das private Gefängnisunternehmen, das Otay Mesa betreibt, sagt auf Nachfrage lediglich: «Core Civic kennt auch nicht die Umstände der Personen, die in unseren Einrichtungen untergebracht sind. Unsere Aufgabe ist es, jede Person respektvoll und menschlich zu betreuen, während sie das ihr zustehende rechtliche Verfahren erhält.»
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