US-Comedians zur Trump-Wahl«Wir starren in den Abgrund»: Bitterer Humor von Stephen Colbert bis Jon Stewart
Die amerikanischen Late-Night-Hosts, die das Politgeschehen satirisch begleiten, beschönigen nichts – und muntern trotzdem auf. Ein Videodurchgang.
- Satirische Politkommentatoren trösteten Millionen nach Trumps Wahl mit humorvoller Kritik.
- Stephen Colbert konterte Annahmen, dass Comedians sich über mehr Trump-Material freuen.
- Seth Meyers kommentierte Trumps Wahlkampf mit bissigen, neuen Glaubenssätzen der Nation.
- Jimmy Kimmel liess eine Tirade über die schreckliche Wahlnacht los.
Sie zählen zu den Therapeuten der Nation. Während Donald Trumps Amtszeit von 2016 bis 2020 trösteten sie mit ihrer witzigen bis scharfzüngigen Begleitung der Ereignisse ein Millionenpublikum: Stephen Colbert von der «Late Show with Stephen Colbert» (CBS), Seth Meyers von der «Late Night with Seth Meyers» (NBC), Jimmy Kimmel von «Jimmy Kimmel Live!» (Abc) und weitere satirische Politkommentatoren wie Desi Lydic in «The Daily Show» (Comedy Central) samt ihren populären Kollegen; damals noch mit Host Trevor Noah. Seit 2024 tritt auch Jon Stewart wieder in «The Daily Show» auf – mit dem erklärten Ziel, das Wahlkampfdrama aufs Korn zu nehmen.
Sie alle haben dem orangenen Präsidentschaftskandidaten im letzten Jahr nichts geschenkt. Sie haben zahllose Jokes auf seine Kosten gemacht und brachten den dünnhäutigen Ex-Präsidenten regelmässig so auf die Palme, dass er einige namentlich genannt, beschimpft und zur Zielscheibe seiner Anhänger gemacht hat. Trotzdem hatten die Comedians eben auch das ernsthafte Anliegen, dabei mitzuhelfen, eine zweite Präsidentschaft von Donald Trump zu verhindern.
Jimmy Kimmel den Tränen nah
Was konnten sie ihren Zuschauern am Tag nach der Wahl geben, um die Herzen ein wenig leichter zu machen? Um die Wahrheit zu sagen: gar nicht mal so viel. Und genau daraus baute die «Daily Show» einen eigenen grossen Gag. Angesichts der Tatsache, dass Amerika lieber «einen Kriminellen wählt als eine Frau und vor der ersten Frau definitiv einen ersten Amish-Präsidenten wählen wird oder einen ersten Hund-Präsidenten, einen Rüden, versteht sich», klapperte die verzweifelte Desi Lydic ihre Kollegen nach Worten der Hoffnung und Inspiration ab. Und bekam nichts als (hochkomische) Ausflüchte.
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Wie traumatisch die Wahlnacht war, packte auch Jimmy Kimmel in einen langen Rant und kämpfte dabei mit den Tränen. Es wirkte nicht gespielt. Donald Trump sei wie ein Herrscher von «Star Wars»: alt, böse und er kehre immer wieder zurück, ohne irgendeine vernünftige Erklärung. Die Nacht sei schrecklich gewesen für Frauen, Kinder, hart arbeitende Immigranten, fürs Gesundheitssystem, die Gerechtigkeit, die Redefreiheit, arme Menschen, die Mittelschicht … sogar für die Leute, die ihn gewählt hätten. «Es ist euch nur noch nicht bewusst.» Aber vielleicht brauche das Land diesen Weckruf.
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Schliesslich, so zeigte eine Analyse der Google-Suche-Trends vor der Wahl, wussten viele Amerikanerinnen und Amerikaner nicht einmal, dass Joe Biden nicht mehr zur Wahl stand: ein Umstand, für den mehrere Comedians bissige Pointen fanden. Insgesamt gingen weniger Leute zur Wahl als 2020, wenn auch mehr als in den anderen Präsidentschaftswahlen – für Kimmel Anlass zu einer seiner entlarvenden Strassenumfragen, die das No-Show-Phänomen durch den Kakao zog.
Stephen Colbert greift zum WC-Vergleich
Der Annahme allerdings, dass sich die Comedians heimlich freuen über diese Wahl, weil sie so wieder unendlich Material erhalten, warf Stephen Colbert ein klares «No» entgegen. Niemand sage zum Toilettenreiniger: «Du musst es lieben, wenn jemand explosiven Durchfall hat: So viel Material für dich zum Arbeiten!» Es sei schwer, hier irgendetwas Positives auszumachen. Ein Hoffnungsschimmer liege darin, dass Donald Trump laut «Wall Street Journal» in seiner letzten Amtszeit eine zu geringe Aufmerksamkeitsspanne an den Tag gelegt habe, um seine schlimmsten autoritären Pläne zu verwirklichen. «Er mag zwar versprochen haben, Immigranten in Lager zu bringen, aber er hat nicht die Konzentration.»
Die Leute hätten sich eine Veränderung gewünscht. Aber Veränderung könne ja vieles bedeuten: die Küche zu erneuern oder das Haus niederzubrennen. Die unerträglichsten Einspieler freilich, etwa von Harris’ Concession Speech, ersetzte Colbert einfach mit – sehen Sie selbst.
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Seth Meyers will Trumps Medikamente
Seth Meyers wiederum verwandelte die Verrücktheiten aus Trumps Wahlkampf, etwa seine Auslassungen über Hannibal Lecter oder Arnold Palmer, in die neuen Glaubenssätze der Nation und ging Trumps Siegesrede durch, um zu keineswegs beruhigenden Schlussfolgerungen über die nächste Regierung zu kommen. «Wir starren in den Abgrund, keiner kann wissen, was als Nächstes geschieht, am wenigstens Donald Trump.» Es fühle sich an wie 2016, nur habe er, Meyers, nun nicht mehr die Energie für eine Trump-Amtszeit. «Um da noch mal durchzukommen, müssen sie mir die Medikamente geben, die sie Trump geben.»
In etlichen Clips von 2021 sah man, wie die republikanischen Kaderpolitiker Trump damals verdammten: Sie alle wüssten, so Meyers, was für ein Mensch er sei. Jetzt gelte es, füreinander da zu sein und die harte Arbeit zu starten, jene Welt wahr zu machen, in der wir leben wollen. Und trotz allem zu versuchen, Spass dabei zu haben.
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Überhaupt: Wenn man etwas lernen kann von der amerikanischen Kultur, dann den Pep-Talk. Dieses emotionale Evozieren der höheren Ziele, die man nie, nie aufgeben darf. Diese Tränen-und-Wallungen-Worte, die uns Mut ins zage Herz flüstern (sollen). Die meisten Comedians hatten das drauf, bei allem Galgenhumor – und ich war ihnen dafür dankbar.
Jon Stewart als Motivator
Am unpoliertesten kam die Motivationsrede, der Lass-dich-nicht-hängen-Appell vielleicht bei Jon Stewart rüber. Wie fast alle seiner Kolleginnen und Kollegen bereitete auch er dem F-Wort eine grosse Bühne: BEEEEEEP.
Aber er hatte ein Zukunftsversprechen in petto – das er allerdings fieserweise bewusst nach dem Abspielen phänomenal falscher Vorhersagen seit 2008 bis hin zu Lawrence O’Donnells Prophezeiung nach Bidens Wahlsieg, dass Trump nie mehr einen Fuss ins Capitol setzen werde, loswurde. «Ich verspreche euch, das ist nicht das Ende. Wir müssen uns neu sortieren – und weitermachen. Tag für Tag daran arbeiten, eine bessere Gesellschaft zu schaffen für unsere Kinder, für diese Welt. Wir wissen: Es ist möglich.» – Doch, doch: Sie sind exakt die Therapeuten, die es jetzt braucht.
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