Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

TV-Kritik von Jon Stewarts «Daily Show»
Gnadenlose Witze über Joe Bidens Alter

Witze über eine Realität, die selber schon absurd genug ist: Jon Stewart in der «Daily Show» vom Montag.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Nach etwa zwei Minuten wirkt es, als wäre er nie weg gewesen: Jon Stewart, Komiker, Late-Night-Gastgeber und lange Zeit so etwas wie die personifizierte Kommentarspur zum politischen Horror in den USA. Im Wahljahr 2024 kehrt er jeden Montag in seine «Daily Show» zurück, die er bis 2015 geprägt hat. Gestern war Premiere – und, oh boy, haben die Leute geklatscht.

Eine stehende Ovation ist dem 61-jährigen New Yorker natürlich gleich unangenehm, es geht ihm ja um die grossen Fragen. «Was zur Hölle tun wir hier?» zum Beispiel, womit er die beiden Präsidentschaftskandidaten meinte, ein anderes Thema gab es eigentlich nicht. Die Wirklichkeit ist während seiner Abwesenheit noch ein grosses Stück absurder geworden, also fragte Stewart: «Wo war ich?», streckte die Zunge aus dem Mundwinkel und malte wieder grosse Kreise auf sein Notizpapier.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Den Late-Night-Sendungen im amerikanischen Fernsehen geht es ja nicht gut, das Publikum schaltet ab, die Werbekunden springen ab, die Hosts machen lieber etwas anderes. Jon Stewart verkörpert da auch nicht gerade die Verjüngung. Er wirkt manchmal wie das linksliberale Gewissen der Nation, dann wieder wie ein empörter Warner, er hat ja seit längerem eine aufrichtig emotionale Seite.

Aber natürlich macht Entrüstung in einer Satireshow keinen Sinn ohne die Gags und die blöden Wortspiele. «Ich habe viele Verbrechen begangen, aber so, wie ich es verstehe, unterliegen Talkshow-Gastgeber der Immunität», so fing es an. Irgendwann zeigte Stewart seine grauen Haare und die paar Falten im Gesicht und meinte: «Und ich bin 20 Jahre jünger als die!» (Beschimpfung)

Stewart ist immer noch gut

Er meinte die zwei sehr alten Präsidentschaftsbewerber aus beiden politischen Lagern, von denen man in einer Satiresendung ja mittlerweile unkommentiert einen Clip abspielen kann. Aber Stewart war immer gut darin, zu parallelisieren und die Paradoxien herauszustreichen. Er ist immer noch gut.

Joe Biden wirkt wie der dusselige Opa, der sich nicht mehr erinnern kann, wo er die Dokumente «parkiert» hat. Er verwechselt Ägypten und Mexiko – «Geografie-Buffs haben das sofort gemerkt!» – und schiesst sich in einer Pressekonferenz, die eigentlich dazu da wäre, seine geistige Fitness zu betonen, selber ab, weil er wieder etwas durcheinanderbringt.

Aber da war auch ein Video von Donald Trump, der unter Eid aussagte, er könne sich nicht mehr an den Satz erinnern, er habe das beste Gedächtnis der Welt. Es ist eine Art Medienarchäologie der Dummheit, die Jon Stewarts «Daily Show» so gross macht. Noch schlimmer sind fast nur die Versuche, sich bei den Jüngeren anzubiedern: «Wie schafft es Joe Biden, auf Tiktok aufzutreten und dabei älter auszusehen?»

Der 61-jährige Jon Stewart moderierte von 1999 bis 2015 die «Daily Show».

Anders als der ehemalige Gastgeber Trevor Noah, der oft über seine Witze lachte, bevor er sie gemacht hatte, ist Jon Stewart einer, der von gewissen Scherzen mittlerweile so ermüdet ist, dass er sie nicht mal mehr als Witze ernst nehmen kann – was das Ganze natürlich umso komischer macht. Seine «Daily Show» ist immer auch Infotainment über die Technik des Humors: «Wir haben hier einen Buchstaben hinzugefügt, das macht es … geistreicher?»

Aber es ist auch Stewarts Seufzen über Witze, die gar keine mehr sind, weil sie nur noch die Tatsachen beschreiben. Seine Rückkehr mündet in einen Appell, was für ein Knochenjob die amerikanische Idee doch sei: Jeder Tag zähle, auch die Tage vor und nach dem Wahltag im November.

Auch da wieder: Applaus. Aber diesmal wegen des demokratischen Engagements eines nicht mehr ganz jungen Satirikers, der weiss, dass es genug Dinge gibt, die schlicht nicht lustig sind.