Betrug bei VolksbegehrenBundesrat und Parlament lehnten Unterschriftenkauf-Verbot mehrfach ab
Die Regierung, der National- und der Ständerat wollten das bezahlte Sammeln bei Initiativen und Referenden nie regulieren. Dabei gab es immer wieder Probleme.
Das Parlament hat in letzten Jahren mehrfach über ein Verbot des kommerziellen Unterschriftensammelns debattiert, es aber jedes Mal abgelehnt. Die entsprechenden Forderungen kamen stets aus linken Parteien; die Bürgerlichen stimmten jeweils grossmehrheitlich gegen ein Verbot.
Den Mitgliedern von National- und Ständerat war dabei nicht bekannt, welche Dimensionen die Problematik hatte, über die sie entschieden. Zwar gab es seit Jahren immer wieder Medienenthüllungen über Unregelmässigkeiten im Sammelgeschäft, doch erst jetzt macht diese Redaktion publik, dass mutmasslich systematisch betrogen worden ist: Die Bundesanwaltschaft ermittelt in mehreren Fällen wegen Wahlfälschung. Betroffen sind rund ein Dutzend Initiativen.
Den bislang letzten Anlauf für ein Verbot des bezahlten Sammelns unternahm die grüne Waadtländer Nationalrätin Léonore Porchet, doch der Nationalrat lehnte 2023 auch ihre parlamentarische Initiative ab. In all den Vorstössen zum Thema waren gefälschte Unterschriften jedoch nie zentral. So begründete Porchet ihre Verbotsforderung mit irreführenden Argumenten, mit denen bezahlte Sammler auf Unterschriftenfang gegangen waren.
Bundesrat sieht Initianten in der Verantwortung
Im Kanton Genf ist das kommerzielle Sammeln schon heute verboten – aber nur für kantonale Vorlagen. 2021 erliess auch der Kanton Neuenburg ein Sammelverbot – für sämtliche Volksbegehren. Doch dieses Gesetz wurde im August 2023 vom Bundesrat teilweise kassiert: Er genehmigte das Neuenburger Verbot bloss bei kantonalen Vorlagen, aber nicht für eidgenössische. Der Bundesrat begründete dies damit, dass die Bundesgesetzgebung das bezahlte Sammeln «gewollt nicht verbietet».
Bei anderer Gelegenheit hatte der Bundesrat im Parlament argumentiert, aus «Einzelfällen» könne «nicht darauf geschlossen werden, dass beim bezahlten Unterschriftensammeln generell unlautere Methoden angewendet werden». Zudem könnte ein Verbot des bezahlten Sammelns just finanzschwächere Komitees benachteiligen, weil bezahlte Sammler günstiger seien als eine Postwurfsendung in alle Briefkästen. Es liege «in der Verantwortung der Komitees, sicherzustellen, dass für ihr Volksbegehren mit lauteren Methoden gesammelt wird», so der Bundesrat.
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