EU-Strafzölle auf US-ProdukteEin unerfreuliches Willkommensgeschenk für Joe Biden
Die EU verhängt ungeachtet des Machtwechsels im Weissen Haus neue Strafzölle auf US-Produkte. Es ist das jüngste Kapitel im Streit um Subventionen für Boeing und Airbus.
Nach den schon fast euphorischen Gratulationen aus Europa hat es das Willkommensgeschenk für den nächsten US-Präsidenten Joe Biden in sich: Die EU hat am Montag Strafzölle auf amerikanische Produkte beschlossen, die bereits am Dienstag in Kraft treten. Es ist das jüngste Kapitel im transatlantischen Handelsstreit um Subventionen für die Flugzeughersteller Boeing und Airbus. (Lesen Sie dazu: Jetzt kommt der Handelskrieg nach Europa)
«Bedauerlicherweise muss ich bestätigen, dass die Europäische Union ihr Recht ausübt, Gegenmassnahmen zu verhängen», sagte Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der EU-Kommission. Der Lette bemühte sich, nach der Videokonferenz der EU-Handelsminister die ungünstige Optik zurechtzurücken. Es gehe nicht darum, den Konflikt eskalieren zu lassen. Die EU nehme nur ihre Rechte war. Die US-Zölle auf europäische Produkte seien zudem schon seit einem Jahr in Kraft. Die EU habe sich seither erfolglos in Washington um eine Verhandlungslösung bemüht.
Traktoren und gefrorener Fisch werden teurer
Vor der Wahl wäre der schon länger erwartete Entscheid für Gegenmassnahmen noch ungünstiger gewesen und hätte wie eine Einmischung wirken können. Grundlage ist ein Entscheid der Welthandelsorganisation (WTO) vom Oktober, wonach die EU wegen rechtswidriger amerikanischer Subventionen für den Flugzeugbauer Boeing Strafzölle auf US-Importe im Umfang von knapp 4 Milliarden Dollar verhängen darf.
Umgekehrt verteuern die USA mit Strafzöllen in der Höhe von 7,5 Milliarden Euro europäische Produkte. Dies, weil die EU nach dem Urteil der WTO Airbus unerlaubte Subventionen gewährt hat. Die USA erheben eine Sonderabgabe von 15 Prozent auf Flugzeugimporte sowie Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Wein aus Frankreich, Parmesan aus Italien oder Olivenöl aus Spanien.
Beliebte Produkte aus Europa sind entsprechend teurer geworden für Konsumenten in den USA. Nun folgt die Retourkutsche. Die Sonderabgaben der EU werden nun ab Mittwoch Produkte wie Ketchup, Wein, Reisekoffer oder Spielkonsolen für europäische Konsumenten teurer machen. Die Strafzölle der EU sollen auch amerikanische Traktoren, Helikopter, Velorahmen sowie Nüsse, Schokolade und gefrorenen Fisch treffen.
Die EU wollte nicht abwarten, ob der künftige US-Präsident einen Kurswechsel in der amerikanischen Handelspolitik einleitet. Die Gegenmassnahmen sind ein klares Signal an den künftigen US-Präsidenten Joe Biden, der wirtschaftlich wie der derzeitige Amtsinhaber Trump auf eine «America First»-Politik setzen dürfte.
«Wir hätten es sehr begrüsst, wenn es vor der Wahl eine einvernehmliche Regelung gegeben hätte», sagte Kommissionsvize Valdis Dombrovskis. Die EU-Staaten blieben bereit, zu jedem Zeitpunkt über eine Verhandlungslösung zu reden. Dombrovskis sprach von einer «Win-win-Situation», wenn beide Seiten ihre jeweiligen Strafzölle wieder aufheben würden.
Ein Signal an Biden
Die EU strebe mittel- und langfristig eine einvernehmliche Lösung an, sagte auch der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier, dessen Land derzeit die EU-Ratsgeschäfte führt. Vor Februar oder März werde nicht klar sein, wer in Washington «die Prokura» haben werde. «Wir wollen sobald wie möglich und schrittweise wieder zu einer aktiven Handelsagenda gelangen», sagte Altmaier.
Konkret nannte der Wirtschaftsminister in diesem Zusammenhang auch die von Trump eingeführten US-Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte, auf welche die EU ebenfalls mit Vergeltungszöllen auf US-Produkte reagiert hat. Trump hatte diese Abgaben eingeführt, weil er den Exportüberschuss der EU-Staaten gegenüber den USA für ungerecht und gefährlich für die Sicherheit seines Landes hält. Es wird eine spannende Frage sein, wie die Regierung Biden mit diesem geerbten Handelskonflikt umgehen wird.
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