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Neuer Wirbel um Mesut Özil
Und plötzlich sympathisiert der Weltmeister mit Rechtsextremen

Das Bild, das für Aufsehen sorgt: Mesut Özil mit seinem Fitnesscoach.
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Um Mesut Özil war es zuletzt doch eher ruhig. Zuletzt hatte er noch bei Basaksehir Istanbul gespielt, einem Verein, dem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nahesteht. Im März dann beendete Özil seine Karriere, mitten in der Saison. Rückenprobleme, Trainingsrückstand, sonstige Beschwerden – er kam bei Basaksehir nie an, sieben Teileinsätze bestritt er letzte Saison.

Özil erlebte ein schleichendes Ende einer zuweilen fantastischen Karriere, die er 2014 in Brasilien mit dem Weltmeistertitel krönte. Und wie das so ist bei Fussballern, die in Vergessenheit geraten, sorgt nun auch er anderweitig für Aufsehen. Ungewollt kann das in diesem Fall fast nicht sein.

Kürzlich tauchte ein Foto von ihm auf Instagram auf, gemeinsam mit einem Fitnesstrainer. Beide präsentieren auf dem Bild ihre Bauchmuskeln, wie es Jugendliche früher in Nachtclubs taten, um sich am nächsten Tag auf der Facebook-Seite jener Etablissements zu bestaunen.

Und beim Blick auf Özils durchaus beeindruckenden Waschbrettbauch sticht einem eben auch dieses Tattoo ins Auge. Auf die linke Brust ist ein heulender Wolf gestochen, darüber etwas Nachthimmel mit drei Halbmonden. Özil lacht freundlich in die Kamera.

Dieses Tattoo allerdings hat nur in zweiter Linie etwas mit Körperkunst zu tun. Vielmehr verrät Özil damit einiges über seine politische Gesinnung, weil er sich der Symbolik der «Grauen Wölfe» bedient. Die drei Halbmonde sind auf dem Logo der Partei MHP zu sehen, womit wir wieder bei Erdogan wären. Die MHP ist Teil von dessen Regierungskoalition, und sie ist rechtsextrem, «Graue Wölfe» nennen sich ihre Mitglieder. (Lesen Sie hier: Warnung vor dem Einfluss der «Grauen Wölfe»)

Besonders in den 70er- und 80er-Jahren übten die «Grauen Wölfe» Gewalttaten gegenüber Minderheiten aus. In der Schweiz gab es bereits zwei Interpellationen zu Verboten der Bewegung. «Diese rechtsextreme Gruppierung ist auch in unserem Land präsent und ist bereits durch Angriffe auf kurdische Demonstrantinnen und Demonstranten und durch Drohungen im Kontext von Bestrebungen für die Anerkennung des Völkermords am armenischen Volk in Erscheinung getreten», schrieb der grüne Nationalrat Denis de la Reussille bei seinem Versuch. Zum Verbot kam es nicht.

Einer der Besten auf seiner Position

Dass Özil eine Nähe zu Erdogan pflegt, ist nichts Neues, zuletzt warb er bei der Stichwahl im Mai für ihn. Vor der WM 2018 postete er ein Bild mit dem türkischen Präsidenten, der auch sein Trauzeuge war. Das brachte ihm in Deutschland viel Kritik ein und kann rückblickend auch als Beginn einer Entfremdung betrachtet werden. Deutschland scheiterte als Weltmeister krachend in der Vorrunde, Özil wurde zum Sündenbock, der Unruhe ins Team gebracht haben soll. Kurz darauf trat er aus dem Nationalteam zurück.

Ein Bild, das in Deutschland für Aufsehen sorgte: Mesut Özil mit Recep Tayyip Erdogan.

Özil ist in Gelsenkirchen aufgewachsen, sein Vater war Gastarbeiter. Er galt während seiner Karriere als schüchtern und zurückhaltend, kein Mann der grossen Worte, aber der grossen Spiele. Er schaffte es zu Schalke und wechselte von dort zu Werder Bremen. 2010 kam er auf der ganz grossen Bühne des Weltfussballs an, als José Mourinho ihn zu Real Madrid holte.

Phasenweise war Özil auf der Position des Spielmachers einer der Besten der Welt. Was er mit dem Ball anstellte, war erstaunlich. 81 Tore bereitete er für seine Mitspieler bei Real Madrid vor, weitere 79 kamen bei Arsenal hinzu, in London spielte er zwischen 2013 und 2021. Er verkörperte den Zehner, den Spieler, der jederzeit dazu in der Lage war, das Publikum zu verzaubern. Fünfmal war er deutscher Nationalspieler des Jahres.

Während seiner Karriere war er Vorbild vieler Menschen mit Migrationshintergrund. Den «reichweitenstärksten Integrationsbeauftragten» nennt ihn die «Süddeutsche Zeitung» in ihrem Kommentar, obwohl Özil das nie habe sein wollen. 2010 gewann er den deutschen Fernsehpreis Bambi in der Kategorie Integration.

Und nun dieses Foto. «Womöglich ist dieser Schnappschuss nur der erwartbare Schlusspunkt eines Entfremdungsprozesses, der schon eine ganze Weile voranschreitet», schreibt die SZ auch. Denn während das Bild mit Erdogan noch mit Unbedarftheit habe entschuldigt werden können, gehe das jetzt nicht mehr.