Ukraine-Blog: Fotos, Fakes und FragenSchneesturm beeinträchtigt Kämpfe an der Front
Der Sturm Bettina bringt derzeit eisige Kälte und Zerstörung über die Ukraine. Für die Soldaten ist es der Auftakt für einen harten Winter.
Ein Wintersturm fegt derzeit über die Ukraine – und richtet massive Zerstörungen an. Zehn Tote hat es bisher im Land gegeben, wie der ukrainische Innenminister Ihor Klimenko am Dienstag auf Telegram verkündete. Insgesamt waren mehr als 2000 Städte und Dörfer ohne Strom, und mehr als 1500 Fahrzeuge mussten bisher geborgen werden.
Auf Social Media sieht man in Beiträgen von Betroffenen, mit welcher Gewalt der Sturm namens Bettina wütet: Busse rutschten von gefrorenen Strassen, Dächer stürzten zusammen, Flüsse traten über die Ufer, und Ambulanzen versuchten sich durch dichtes Schneegestöber zu kämpfen.
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Die Südukraine ist am stärksten betroffen, insbesondere die Schwarzmeerregion Odessa. Das Unwetter beeinflusst auch die Kampfhandlungen. «Der Sturm beeinträchtigt das Tempo der Militäroperationen entlang der Frontlinie, hat aber die militärischen Aktivitäten nicht völlig zum Erliegen gebracht», schreibt etwa das in Washington ansässige Institut für Kriegsstudien (ISW).
Erhöhte Minengefahr im Meer
Vor allem stationierte Truppen am Schwarzen Meer sind betroffen und mussten sich umorganisieren: So meldete die ukrainische Marine, dass Russland aufgrund des «gefährlichen Wetters» gezwungen war, alle seine Marineschiffe und Raketenträger zu ihren Ausgangspunkten zurückzubringen.
Laut dem ISW berichtete ein prominenter russischer Militärblogger, dass der Sturm Anti-U-Boot-Netze am Schwarzen Meer zerstört und Minenfelder zerstreut habe. In den kommenden Tagen sei deswegen die Gefahr von Minenexplosionen im Meer für militärische wie auch zivile Schiffe erhöht, weil im gesamten nordwestlichen Schwarzen Meer Minen verstreut seien.
Anton Geraschtschenko, ein Berater des ukrainischen Innenministeriums, sagte, der Sturm habe «Gräben auf der besetzten Krim weggespült, die die russische Armee an den Stränden ausgehoben hat». Das russische Militär hat sich zu dieser Aussage nicht geäussert.
Mehrere russische Quellen berichteten auch, dass der Sturm Eisenbahnlinien in den Küstengebieten beschädigt habe. Das könnte logistische Auswirkungen auf die russischen Streitkräfte auf der besetzten Krim und in der Südukraine haben.
Grosse gesundheitliche Risiken
Mit dem Sturm Bettina ist der harte Winter nun definitiv über die Ukraine hereingebrochen. Die durchschnittlichen Tagestemperaturen im Osten des Landes betragen meist um die 0 Grad, oft liegen sie auch im Minusbereich. Hinzu kommt viel Schnee, Regen und ein eisiger Wind.
Das Leben an der Front gestaltet sich dadurch noch schwieriger: Laut dem ISW laufen Bodenoffensiven aufgrund des Schnees und der daraus resultierenden Sichtverhältnisse langsamer ab. Starker Schneefall und Wind beeinträchtigen auch Operationen in der Luft. Und die Gräben verwandeln sich leicht in grosse, eiskalte Schlammmulden.
Zudem bestehen für die Soldaten grosse gesundheitliche Risiken: Wenn Kleidung nicht mehr trocknet, treten Hautkrankheiten wie Läusebefall häufig auf. Eine Gefahr besteht auch im sogenannten Schützengrabenfuss: Bei undichten Schuhen und nassen Socken können an den Füssen Kälte-Nässe-Schäden auftreten. Pilze und Erreger dringen dann über kleine Wunden leicht in den Körper ein.
Der ukrainische Soldat Roman Trochimez zeigte vergangenen Februar auf Instagram, wie anstrengend das Leben an der Front im Winter ist. In einem Video hebt er einen Graben aus. «Der Boden ist gefroren und eishart», sagt Trochimez. Der kurze Clip lässt erahnen, wie mühselig die Arbeit in den Gräben bei Minustemperaturen sein muss.
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In diesem Winter müssen sich laut dem ISW beide Seiten auf den verstärkten Gebrauch von «infanteriegeführten Bodenangriffen» einstellen. «Die eisigen Witterungsbedingungen werden wahrscheinlich die Wiederaufnahme aktiverer Kampfhandlungen zur Folge haben», schreibt das ISW.
«Russland bereitet sich vor»
Wolodimir Selenski äusserte sich in einem Statement von Anfang November besorgt: «Russland bereitet sich auf den Winter vor», schrieb der ukrainische Präsident. Man müsse sich auf die Möglichkeit einstellen, dass Russland «die Zahl der Drohnen- oder Raketenangriffe auf unsere Infrastruktur» erhöhe. Diese hatten im vergangenen Jahr regelmässig zu Stromausfällen im ganzen Land geführt und auch die Zivilbevölkerung massiv beeinträchtigt.
«In der Ukraine sollte sich unsere ganze Aufmerksamkeit auf die Verteidigung konzentrieren», sagte Selenski. Man müsse alles tun, «um der Bevölkerung das Überstehen dieses Winters zu erleichtern und die Fähigkeiten der Truppen zu verbessern». Soldaten wie auch Zivilbevölkerung stehen harte Monate bevor.
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